Düsseldorfer Stadtdechant Erzbistum Köln schweigt zum Fall Hennes

Düsseldorf · Das Hauptverfahren gegen den Düsseldorfer Stadtdechanten Ulrich Hennes wegen sexueller Belästigung wurde eingestellt. Er bleibt allerdings beurlaubt.

 Stadtdechant Monsignore Ulrich Hennes bei seinem Einführungsgottesdienst in Düsseldorf.

Stadtdechant Monsignore Ulrich Hennes bei seinem Einführungsgottesdienst in Düsseldorf.

Foto: Schaller,Bernd (bs)/Schaller, Bernd (bs)

Der vom Vorwurf einer sexuellen Belästigung eines erwachsenen, 20 Jahre alten Praktikanten im Jahr 2012 entlastete Düsseldorfer Stadtdechant Urlich Hennes bleibt vorerst beurlaubt. Das teilte das Erzbistum Köln am Freitag mit. „Mit Blick auf noch laufende Verfahren – sowohl staatsanwaltschaftliche Ermittlungsverfahren wie auch kirchenrechtliche Verfahren – können wir derzeit zum Fall keine weitere Stellungnahme abgeben“, teilte ein Sprecher zudem mit.

Mindestens ein weiteres Verfahren, das auf einer aktuellen Anzeige beruht, ist bei der Staatsanwaltschaft Düsseldorf noch anhängig. Die Ermittlungen laufen. Um welche Vorwürfe es in diesem Fall geht, sagte Staatsanwältin Britta Zur am Freitag nicht. „Mangels eines Tatnachweises“, so Zur, sei das Verfahren, das die Vorgänge 2012 betreffe, nun eingestellt worden. Grundlage für diese Entscheidung sei die aktuelle Vernehmung des Mannes, der 2012 in Hennes damaliger Gemeinde in Hilden tätig war.

Am 19. März hatte die Kölner Diözese Hennes wegen eines Hinweises auf eine mögliche sexuelle Belästigung im Jahr 2012 mit sofortiger Wirkung beurlaubt. Der Hinweis sei umgehend an die Staatsanwaltschaft weitergeleitet, ein innerkirchliches Verfahren eröffnet worden, hieß es damals. Hennes hatte gegenüber unserer Redaktion den Vorwurf umgehend bestritten. Er sei unschuldig, habe keinen Grund abzutauchen und werde in Düsseldorf wohnen bleiben, sagte er unserer Redaktion.

Hennes’ Anwalt Peter Schnatenberg wertet die Einstellung als „Freispruch erster Klasse“. Aus der jetzt erfolgten Vernehmung des damaligen Priesteramtskandidaten und Praktikanten ergebe sich klar, dass „es in keinerlei Weise irgendeine Form der Belästigung gegeben hat“.

Laut Schnatenberg beruht der im März vom Erzbistum weitergegebene Hinweis auf einer kürzlich wieder aufgetauchten Aktennotiz aus dem Jahr 2013. Darin werde ein Gespräch von zwei Personen dokumentiert, „die darüber sprechen, dass der Praktikant womöglich von Hennes belästigt worden sei“. Schnatenberg spricht von „dünner Faktenlage“, offensichtlich sei das vermeintliche Opfer damals nicht persönlich befragt worden. „Das geschah erst jetzt“, so Schnatenberg. Auch zu dieser Notiz wollte sich das Erzbistum am Freitag nicht äußern.

Für die weitere Aufrechterhaltung der Beurlaubung zeigt der Jurist Verständnis. Es komme nun nicht mehr auf ein paar Tage an. Er sei sicher, dass am Ende aller Verfahren die vollständige Entlastung des durch die Vorgänge stark belasteten Geistlichen stehe. Wichtig sei eine vollständige Rehabilitierung mit Symbolkraft, eine gemeinsame Messe mit Kardinal Rainer Maria Woelki – „vielleicht sogar in Düsseldorf“ – wäre wünschenswert.

Bei den Düsseldorfer Katholiken sorgt die neue Entwicklung für Diskussionen. Hennes kommissarischer Stellvertreter als Stadtdechant, Pfarrer Frank Heidkamp, sagt: „Viele Christen fragen, warum die Kirche in diesem Fall die Dinge so schnell öffentlich gemacht hat, andere finden es gerade gut, dass inzwischen jedem Hinweis konsequent nachgegangen wird. Zu viele Vorgänge seien früher unter den Teppich gekehrt und vertuscht worden“, so Heidkamp.

Der öffentliche Umgang mit Missbrauchsvorwürfen gegen Geistliche bleibt nach den Worten des Theologen und Psychiaters Manfred Lütz ein schwieriges Unterfangen. „Ich glaube, dass die Bistümer in Deutschland in einer fast aussichtslosen Situation sind. Einerseits ist ihnen auch zurecht Vertuschung vorgeworfen worden – darum wird jetzt alles und sofort öffentlich gemacht. Andererseits besteht natürlich die Gefahr, dass die Unschuldsvermutung zwar deklariert wird, aber de facto ein Mensch mit der Veröffentlichung des Verdachts und des Verfahrens so an den Pranger gestellt wird, dass sein öffentliches Image damit dauerhaft ruiniert ist, egal wie das dann ausgeht“, erklärte Lütz, der auch das Erzbistum Köln im Umgang von Missbrauchsfällen beraten hat. Nach seinen Worten gebe es momentan die Situation, dass ein Bistum, was immer es tut, dafür kritisiert wird. „Wünschenswert wäre, dass – wenn ein Verdacht besteht – man sofort die Staatsanwaltschaft einschaltet, man den Beschuldigten aus der Situation herausnimmt, aber dass man sich mit der Veröffentlichung des Verdachts erst einmal zurückhält.“ Das aber sei „möglicherweise nur ein frommer Wunsch, weil das die Menschen in der Pfarrei, vor allem aber die Medien kaum akzeptieren werden.“

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