Karneval Ein Hoch auf die Toleranz

Düsseldorf · Dieser Rosenmontag wird ein besonderer: Ein Karnevalswagen für mehr Toleranz wird über Düsseldorfs Straßen rollen.

 Philipp Dunkerbeck, Dalinc Dereköy, Martin Fricke, Evangelischer Kirchenkreis, Jacques Tilly, Michael Szentei-Heise und Walter Schuhen (v.l.)

Philipp Dunkerbeck, Dalinc Dereköy, Martin Fricke, Evangelischer Kirchenkreis, Jacques Tilly, Michael Szentei-Heise und Walter Schuhen (v.l.)

Foto: Enrico Palazzo

Das ist schon ein wegweisendes Novum mit historischer Dimension: Zum ersten Mal wird beim Rosenmontagszug am 4. März ein gemeinsamer Wagen verschiedener Religionen über die Straße fahren. Am Mittwoch präsentierten die Macher dieser konzertanten Aktion den aktuellen Stand der Dinge. Juden, Protestanten, Katholiken und Muslime werden auf dem „Toleranz-Wagen!“ mitfahren.

Der Karnevalsorden der Jüdischen Gemeinde.

Der Karnevalsorden der Jüdischen Gemeinde.

Foto: Brigitte Pavetic

Karnevalswagenbauer und Satiriker Jacques Tilly präsentierte seinen Entwurf für diesen besonderen Wagen. Darauf lachen Vertreter der vier Religionsgemeinschaften, dazu gibt es die Düsseldorfer Synagoge, die evangelische Johanneskirche, die katholische Lambertuskirche und die Moschee in Reisholz, die noch gebaut wird. Das Motto über allem: „Gemeinsam jeck“. Tillys Rolle bei dem Vorhaben ist bemerkenswert. Er selber sieht sich als Religionskritiker, ihn reizt aber, „dass der Wagen eine Absage ist an Extremismus und Fundamentalismus“.

Das Kaiserswerther Burggrafenpaar Oskar und Iris

Das Kaiserswerther Burggrafenpaar Oskar und Iris

Foto: Brigitte Pavetic

Der Geschäftsführer der Jüdischen Gemeinde Düsseldorf, Michael Szentei-Heise, betonte die Einzigartigkeit dieser Aktion: „Es ist das erste Mal, dass die vier großen Religionsgemeinschaften gemeinsam in die Öffentlichkeit gehen, um für Toleranz zu werben.“

Auch der Name des Redaktionsleiters der Düsseldorfer RP-Ausgabe, Uwe-Jens Ruhnau, fiel mehrmals. „Er hatte die zündende Idee, im Rosenmontagszug einen Toleranz-Wagen einzusetzen“, sagte Szentei-Heise. Anwesend bei der Präsentation war auch der Synodalassessor des Kirchenkreises Düsseldorf, Martin Fricke. „Wir wollten und konnten nicht Nein sagen zu dem interreligiösen Projekt im Karneval“, sagte er.

„In Zeiten wie diesen, mit zunehmendem Antisemitismus, aber auch mit Islam- und Christenfeindlichkeit wollen wir ein Zeichen setzen, dass wir zusammen Karneval feiern und gemeinsam Spaß haben können“, betonte Dalinc Dereköy vom Verband der Düsseldorfer Muslime. Kurz zuvor – in einer Sitzung am Dienstagabend – hatte sich eine  große Mehrheit im Verband für die Teilnahme ausgesprochen.

Nur das mit dem Alkohol sei natürlich so eine Sache, meinte Dereköy spaßig. Die passende launige Antwort hatte der Geschäftsführer der Jüdischen Gemeinde parat: „Das Alkoholproblem haben wir schnell gelöst. Die Muslime bekommen einfach keinen. Umso mehr bleibt für die Angehörigen der anderen Religionen auf dem Toleranz-Wagen übrig.“

Durch ein Crowdfunding-Projekt soll nun genügend Geld zusammenkommen für den Karnevalswagen. Immerhin wird mit Kosten in Höhe von 65.000 Euro gerechnet. Das Kaiserswerther Burggrafenpaar Oskar und Iris spendete schon mal 250 Euro. 32 Narren finden auf dem Wagen Platz, und vier von diesen Karten werden über das Crowdfunding angeboten. Zwei davon zum Preis von 1911 Euro sind schon weg.

Das Thema Sicherheit war wie zu erwarten Thema bei der Vorstellung des Toleranz-Wagens. „Wenn die Jüdische Gemeinde solche Auftritte hat, dann erfordert das immer Sicherheitsauflagen, die wir von Fall zu Fall bewältigen“, sagte Szentei-Heise. Übrigens: Zwei Tonnen Wurfmaterial sollen ins närrische Volk geworfen werden – darunter Taschentücher und auch eine halbe Tonne koschere Kamellen, die die Jüdische Gemeinde für den Zug bereitstellt. Noch verstärkt zum Einsatz kommen wird in dieser Session auch der originelle Karnevalsorden der Jüdischen Gemeinde, auf dem Ex-Venetia Pia Oertel einen Rabbi, einen Imam und einen katholischen Geistlichen zeigt.

Fündig wurde die Kreative bei ihrer Suche nach einem geeigneten Ordensmotiv im Internet, wie am Mittwoch zu erfahren war. Denn da fand Oertel die Homepage eines jüdischen Tätowierers, der diese Idee auch schon kühn auf die eine oder andere Hautpartie gebracht hat. Fleißig verteilt wurden diese Orden am Mittwoch. Das war beim letzten Mal, als der Toleranz-Wagen schon mal Thema war, zu kurz gekommen.

Brigitte Pavetic

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