Nichts für schwache Nerven Abenteuer Wohnungssuche in Düsseldorf

Düsseldorf · Die Wohnungssuche in Düsseldorf ist nichts für Menschen mit schwachen Nerven. Das musste unser Autor erst kürzlich nach seinem Umzug in die Landeshauptstadt erfahren. Das ist seine Geschichte.

 Stefan Osorio-König hat nach einigen skurrilen Erfahrungen bei Wohnungsbesichtigungen ein Dach über dem Kopf gefunden.

Stefan Osorio-König hat nach einigen skurrilen Erfahrungen bei Wohnungsbesichtigungen ein Dach über dem Kopf gefunden.

Foto: Hans-Juergen Bauer (hjba)

Dabei war es noch nicht einmal so schwer, eine Wohnung zur Besichtigung zu bekommen. Vielmehr sorgte das Gebaren so mancher Vermieter, Makler und Hauseigentümer bei mir für erstaunt hochgezogene Augenbrauen.

Für Verwunderung sorgten bei mir auch die Mietpreise in Düsseldorf. Da ich in den vergangenen rund 15 Jahren in Luxemburg und München gelebt habe, kamen mir die Preise hier wie ein Schnäppchen vor. In München, wo ich zur Untermiete wohnte, verlangte der Vermieter für ein Zimmer in einer WG 1100 Euro. In Luxemburg kostet eine Ein-Zimmer-Wohnung um die 1300 Euro, eine Drei-Zimmer-Wohnung 2300 Euro.

Und dennoch, der Wohnungsmarkt ist auch in Düsseldorf angespannt. Das zeigen die Mietpreise, die in den vergangenen Jahren rasant gestiegen sind. Diese sind nach Angaben der Wirtschaftsauskunftei Creditreform auch mit eine der Hauptursachen für die Überschuldung vieler Haushalte und das steigende Armutsrisiko in der Gesellschaft. Und ja, die Menschen brauchen eine (politische) Antwort auf die schwierige Situation auf dem Wohnungsmarkt. Und auf gar keinen Fall darf die Antwort ein fragwürdiges Verhalten von Vermietern sein.

Am ersten Tag meiner Wohnungssuche hatte ich einen Besichtigungstermin in der Nähe der Oststraße: ein nettes kleines Apartment mit Balkon, zwar zum Hinterhof, dafür aber ruhig und – da ich dem Verzehr von Kuchen nicht gerade kritisch gegenüberstehe – interessant für mich, denn im Erdgeschoss gibt es eine Konditorei.

Der Makler machte, was Makler eben machen und riet mir dringend, mich schnellstmöglich für die Wohnung zu entscheiden. Denn: „Wenn morgen früh ein anderer Interessent kommt und sie will, dann ist sie weg.“ Ich fühlte mich ein bisschen unter Druck gesetzt, aber das Apartment gefiel mir und ich sagte, dass ich es gerne mieten würde. Ja, das sei nicht so einfach, meinte der Mann. Ich müsste 200 Euro für die Reservierung in bar hinterlegen, dann würde er einen Termin mit der Hausverwaltung ausmachen, zu dem ich dann aber sofort die rund 1400 Euro Kaution mitbringen müsste, und zwar in bar. Auch seine Maklergebühr von gut 700 Euro müsste ich dann mitbringen, ebenfalls in bar. Und dann riet er mir noch, ich sollte am besten gleich zu meiner Bank, um mir die insgesamt rund 2100 Euro auszahlen zu lassen. Das kam mir schon sehr seltsam vor.

Auch beim Mieterverein sorgen solche Aussagen für Kopfschütteln. „Die rechtliche Lage ist ganz klar. Die erste Rate der Kaution muss frühestens zum Vertragsbeginn bezahlt werden und nicht irgendwann vorher“, erklärt Claus Nesemann vom Mieterverein Düsseldorf. „Außerdem ist laut Bürgerlichem Gesetzbuch die Kautionssumme in drei Teilraten in den ersten drei Monaten des Mietverhältnisses zu zahlen und nicht die gesamte Summe auf einmal. Eine anderslautende Vereinbarung zum Nachteil des Mieters ist unwirksam.“ Und natürlich könne der Mieter die Raten der Kaution überweisen und müsse sie nicht in bar zahlen.

Dass ich als Mieter zudem die Provision an den Makler zahlen soll, lässt den Ring Deutscher Makler (RDM) aufhorchen. „Das ist sehr ungewöhnlich, denn es gilt in Deutschland bei Vermietungen das Bestellerprinzip“, so ein Sprecher des RDM. „Das heißt, wenn der Vermieter einen Makler beauftragt, dann muss er die Maklergebühren bezahlen, nicht der Mieter. Allerdings gibt es die Ausnahme: Wenn der Mieter den Makler mit der Wohnungssuche beauftragt, dann hat der Mieter auch die Provision zu tragen. Das ist aber wirklich eher die Ausnahme.“ Da ich den Makler aber nicht beauftragt hatte, wuchs mein ohnehin schon ungutes Gefühl nur noch weiter. „Es ist oft sehr gut, seinem Bauchgefühl zu folgen“, so der RDM-Sprecher. „Und auch wenn man sich in die Wohnung verliebt hat, dann ist es doch besser, in solch einer Situation lieber die Finger davon zu lassen.“  Aus diesem Grund entschied ich mich gegen die Wohnung nahe der Oststraße.

In Pempelfort suchte eine junge Frau einen Nachmieter für ihr Ein-Zimmer-Apartment: eine hübsche Wohnung im sechsten Stock mit Einbauküche, Aufzug und allen Geschäften für den täglichen Bedarf direkt vor der Haustür. Die Möbel hätte ich für eine geringe Einmalzahlung übernehmen können. Die Wohnung gefiel mir und ich äußerte mein Interesse. „Ja, da gibt es nur einen kleinen Haken“, meinte die junge Dame, „der Hausherr besteht auf eine Mindestmietdauer von dreieinhalb Jahren.“

Wie bitte? Habe ich das richtig verstanden? Eine Mindestmietdauer von dreieinhalb Jahren! Wer macht denn so was?

Da ist doch irgendwas faul, dachte ich mir. Entweder ist die Miete von 700 Euro total überhöht oder mit der Bausubstanz stimmt was nicht oder der Nachbar spielt des Nachts schlafwandelnd die Tuba. Wenn das aber alles nicht der Fall ist, warum sollte der Vermieter dann einen Mieter dreieinhalb Jahre lang vertraglich anketten wollen? Der bekäme doch jederzeit einen neuen Mieter.

„Es ist vor allem für private Vermieter aufwendig, einen Mieter zu suchen“, erklärt Gerold Happ, Mitglied der Bundesgeschäftsführung beim Hauseigentümerverband Haus & Grund. „Man muss eine Annonce aufgeben und Besichtigungen durchführen. Und weil das alles sehr aufwendig ist, bevorzugen es halt viele Vermieter, nicht ständig neue Mieter suchen zu müssen.“ Das Argument kann ich nur teilweise nachvollziehen, denn wenn mir eine Wohnung gefällt, ziehe ich ja nicht nach ein paar Monaten schon wieder aus.

Also auf zum nächsten Besichtigungstermin: diesmal eine rund 35 Quadratmeter große möblierte Wohnung, ganz in der Nähe der Graf-Adolf-Straße, im sechsten Stockwerk gelegen, mit einem schönen Blick über die Dächer der Düsseldorfer Innenstadt. Auch den Mietpreis von 525 Euro warm fand ich akzeptabel. Die junge Studentin, die bislang in dem Apartment wohnte und mir die Räumlichkeiten zeigte, verwies mich an die Hausverwaltung, nachdem ich mein Interesse an der Wohnung bekundet hatte.

„Sie können die Wohnung gerne haben“, hieß es von dort. „Wir brauchen nur noch Ihre Schufa-Auskunft.“ Wie bitte? Eine Schufa-Auskunft für eine Ein-Zimmer-Wohnung für 525 Euro?

Ich dachte mir, was ist das für eine Welt, in der wir leben? Wo menschliche – und damit auch wirtschaftliche – Beziehungen nur noch auf Kontrolle aufgebaut sind. Wenn ich mein Auto in die Werkstatt fahre, vertraue ich ja auch darauf, dass der Mechaniker mein Auto wirklich repariert. Wenn ich essen gehe, gehe ich ja auch davon aus, dass das Restaurant die Hygienevorschriften einhält. Und in beiden Fällen geht es ja um meine Gesundheit, bei nicht reparierten Bremsen oder verdorbenem Essen möglicherweise sogar um mein Leben – und trotzdem verlange ich kein Kontroll-Zertifikat. Warum will dann ein Vermieter so etwas von seinem Mieter?

Eine Nachfrage bei der Wirtschaftsauskunftei Schufa macht die ganze Angelegenheit noch absurder. Denn die Menschen in Deutschland haben eine sehr gute Zahlungsmoral. „Die Verbraucher hierzulande sind sehr zuverlässige Kreditnehmer“, erklärte Michael Freytag, Vorstandsvorsitzender der Schufa, im Juli 2018 anlässlich der Vorstellung des Kredit-Kompasses 2018. „Sie haben ihre Finanzen fest im Griff.“ So seien im Jahr 2017 nach Schufa-Angaben 97,8 Prozent aller aufgenommenen Konsumentenkredite „reibungslos zurückgezahlt“ worden.

„Ich persönlich habe noch nie eine negative Schufa-Auskunft gesehen“, erklärt auch Gerold Happ, Mitglied der Bundesgeschäftsführung von Haus & Grund. Dass trotzdem Vermieter immer noch eine Schufa-Auskunft fordern, zeugt für mich von großem Argwohn. Mit solch einem Vermieter möchte ich kein Vertragsverhältnis eingehen. Ich verzichtete auf die Wohnung südlich der Graf-Adolf-Straße.

Schlussendlich bin ich dann doch fündig geworden und habe mich für eine Wohnung im Medienhafen entschieden. Das Apartment mit Wohnzimmer, einem kleinen Schlafzimmer, Küche und Bad kostet zwar 780 Euro, dafür ist es möbliert, in einer ruhigen Seitenstraße, und, weil im dritten Stock gelegen, schön lichtdurchflutet, mit einem Erker, von dem aus ich einen tollen Blick auf den Rheinturm habe. Und, was für mich als Kuchenliebhaber besonders bedeutsam ist, direkt unten im Haus ist eine Konditorei.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort