Düsseldorf Die neue Bierbewegung

Düsseldorf · In Flingern hat der erste Düsseldorfer Craft-Beer-Laden eröffnet. Er bietet Bier von hippen Kleinbrauereien, das angepriesen wird wie sonst nur Wein. Der Trend kommt aus den USA - und kehrt nun zurück zu seinen Wurzeln.

 Bernhard Fritz in seinem Geschäft "Spritterei" an der Lindenstraße 219

Bernhard Fritz in seinem Geschäft "Spritterei" an der Lindenstraße 219

Foto: Andreas Endermann

Bei Bernhard Fritz gibt es keine Bierkästen, und Warsteiner oder Krombacher gibt es auch nicht. Seine "Spritterei" in Flingern ist schließlich kein Getränkemarkt, sie ist ein Fachgeschäft. Einzelne Flaschen stehen in den Regalen, Schilder informieren über Herkunft, Aroma und Alkoholgehalt der Biersorten. Die Flaschen tragen aufwendig gestaltete Etiketten - und klangvolle und exotische Namen: Omnipollo Leon, Sierra Nevada Torpedo, Raging Bitch oder Rochefort 10.

Die "Spritterei" hat vor wenigen Tagen eröffnet und ist nicht das erste Bierspezialitäten-Geschäft, wohl aber der erste ausdrückliche Craft-Beer-Laden in Düsseldorf. Bernhard Fritz will einen Trend in die Stadt bringen, der - natürlich - in den USA seinen Anfang genommen hat und sich in Deutschland - natürlich - zuerst in Berlin, Hamburg und München ausgebreitet hat.

Nachdem sich die Burger in den vergangenen Jahren vom Billigessen zur gastronomischen Edel-Disziplin entwickelt haben, ist jetzt das Bier an der Reihe. Eine Vielzahl von kleinen, hippen Brauereien hat sich gegründet und experimentiert mit neuen Sorten. Es gibt inzwischen sogar Bier-Sommeliers, die das passende Gebräu zum Essen empfehlen. In manchen Düsseldorfer Restaurants steht schon Craft Beer auf der Getränkekarte, Bernhard Fritz will nun die Biertrinker zu Hause versorgen. Er führt vor allem deutsche Marken, aber auch ausgewählte Sorten aus der ganzen Welt.

Der 45-Jährige, der bis vor kurzem bei Vodafone gearbeitet hat, sieht Craft Beer als Gegenbewegung. "Die kleinen Brauereien wehren sich gegen den Einheitsgeschmack der Konzerne, die nur auf billig produzieren", sagt er. Worauf Fritz Wert legt: Craft Beer ist keine Bierpansche. Die meisten Sorten belassen es bei den klassischen Zutaten und experimentieren mit besonderen Hopfensorten oder fast vergessenen Brauarten. Zugleich, meint Bernhard Fritz, sei Craft Beer ein Trend in Zeiten, in denen viele Menschen hart arbeiten. "Dann kommt man nach Hause und gönnt sich was." Für ein günstiges Besäufnis ist die "Spritterei" ohnehin nicht die richtige Anlaufstelle: Der Literpreis für die besonderen Biere liegt bei rund zehn Euro, verkauft werden die meisten Sorten in 0,35-Liter-Flaschen für rund drei Euro.

Dass der neue Trend nach Düsseldorf schwappt, hat eine gewisse Ironie. Schließlich gibt es in der Stadt nicht nur mit "Onkel Bier" ein erstes Craft-Beer-Label, sondern sozusagen auch bekannte Urahnen der Bewegung, die Altstadt-Hausbrauereien wie Schlüssel, Schumacher, Füchschen oder Kürzer. Die werden in anderen Städten in Craft-Beer-Läden gehandelt. "Im Grunde ist das nichts anderes", sagt Fritz, der voll des Lobes für die Klassiker ist - und trotzdem eine Nische für Craft Beer auch in Düsseldorf sieht.

Viele der neuen Brauer aus Übersee lernen sogar in Düsseldorf: Ganze Gruppen von US-Amerikanern besuchen zum Beispiel den Uerigen, um sich abzuschauen, wie man einen guten Tropfen braut. In der Hausbrauerei hat man inzwischen mit Humor auf den neuen Trend reagiert. Am Uerige hängt neuerdings ein Schild. Auf dem steht: "Craft Beer seit 1862".

(RP)
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