Düsseldorfs oberster Standesbeamte erzählt „In diesem Beruf erleben Sie alles!“

Düsseldorf · Düsseldorfs oberster Standesbeamter geht in den Ruhestand. Klaus Bachtenkirch erzählt, warum es ihm in fast 40 Jahren im Beruf nie langweilig geworden ist.

 Klaus Bachtenkirch liebt das Standesamt am Hofgarten. Vor kurzem wurde das denkmalgeschützte Gebäude aufwändig renoviert.

Klaus Bachtenkirch liebt das Standesamt am Hofgarten. Vor kurzem wurde das denkmalgeschützte Gebäude aufwändig renoviert.

Foto: Bretz, Andreas (abr)

Zu Anfang gibt es eine Führung durchs Haus. Die darf nicht fehlen, wenn man sich mit Klaus Bachtenkirch trifft – denn er liebt die Historie und kennt die Geschichte des imposanten Bürgerhauses in der Inselstraße 17, in dem sich das Standesamt befindet, vermutlich wie kein Zweiter. Sein Standesamt – seit mehr als 30 Jahren.

Die Eheschließung sei für Standesbeamte eigentlich die schönste Nebensache der Welt, scherzt Bachtenkirch. Aber dann erzählt er doch viel vom Heiraten – schließlich ein spannender Bereich. Das Komplizierteste, was ein Standesbeamte tun muss, findet vor der eigentlichen Trauung statt: die Prüfung der Ehefähigkeit. Meist heißt das: Sind die beiden Partner eigentlich ledig? „Das extremste, was ich erlebt habe, war ein Paar aus Osteuropa. Sie hatte sieben Vorehen, er fünf. Da musste dann das Oberlandesgericht die Scheidungen prüfen“, sagt Bachtenkirch. „Sechs Stunden haben wir hier gesessen.“

Das mag Klaus Bachtenkirch an seinem Job – immer schon: „Hier erleben Sie alles!“, sagt er. „Vor mir sitzen Menschen aus allen Lebenslagen, aus allen Schichten – vom Hilfsarbeiter bis zum Professor.“

Menschen aus allen Schichten – und aus allen Ländern. In Deutschland entscheidet die Staatsangehörigkeit der Eheleute darüber, nach welchem Recht geheiratet wird. Prinzipiell müssen Bachtenkirch und seine Kollegen daher rechtliche Regelungen aus über hundert Ländern kennen. In islamischen Ländern beispielsweise gilt ein Heiratsverbot bei Milchverwandschaft. Heißt: Eine Frau darf keinen Mann heiraten, der die gleiche Amme gehabt hat wie sie. „Kommt nicht mehr allzu oft vor“, sagt Bachtenkirch, „aber prüfen müssen wir es prinzipiell.“ Bis vor einigen Jahren gab es in Belgien noch den Ehrerbietigkeitsakt: Brautleute bis zum Alter von 27 Jahren mussten das Einverständnis ihrer Eltern einholen. „Das fand ich irgendwie immer schön“, sagt Bachtenkirch, „als Respektsbezeugung vor den Eltern.“

Standesbeamter werden wollte er nicht von Kind an – als er noch mit seiner Zwillingsschwester auf den Straßen von Holthausen spielte, war sein Berufswunsch Lokomotivführer. Ursprünglich hätte seine Schwester Klaudia heißen sollen. „Aber es gab schon zwei Klaudias in der Straße.“ So hießen die Geschwister Klaus und Elvira. Kamen sie in den Krämerladen, riefen aber alle: Da kommen Klausi und Mausi! „Wir waren eine Attraktion im Stadtteil“, erinnert sich Bachtenkirch. „Zwillinge gab es damals nicht so oft.“ In der Schule wollte Bachtenkirch Lehrer werden. „Zum Glück habe ich’s gelassen!“ Stattdessen entschied er sich für eine Ausbildung bei der Stadtverwaltung. „In meinem Leben habe ich nur eine Bewerbung geschrieben“, sagt Bachtenkirch stolz. Nach einer Zeit im Ordnungsamt und in der Musikschulverwaltung erzählte eine gute Freundin ihm von der abwechslungsreichen Arbeit im Standesamt. Den Wechsel hat der 65-Jährige, der dieser Tage in den Ruhestand geht, nie bereut. Menschen im Karnevalskostüm wurden in seiner Zeit getraut, Männer in verdreckten Arbeitsanzügen. Und eine Dame in sehr spezieller Arbeitsbekleidung: „Eine Nackttänzerin aus der Rio Rita Bar ist mal ohne Unterwäsche aufgetaucht.“ Woher er das wisse? „Sie trug ein Strickkleid mit riesigen Maschen.“ Auch diese Frau hat Bachtenkirch in den Stand der Ehe versetzt.

Jetzt geht seine Zeit als Standesbeamter zu Ende. Sorgen, in ein Loch zu fallen, hat er keine: „Es gibt ein Leben nach der Arbeit.“ Bachtenkirch ist aktiv bei den Jonges, will endlich mal wieder Thomas Manns gesammelte Werke lesen, auf Skandinavien-Reisen gehen, in den Düsseldorfer Geschichtsverein eintreten. Und sich um seine gerade sechs Wochen alte erste Enkelin kümmern. „So viele schöne Aufgaben.“ Ein Pensionärsleben – so aufregend wie sein Berufsleben. Oder jedenfalls fast.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort