Christel See aus Düsseldorf Die „Kräuterhexe“ von Volmerswerth

Düsseldorf · Sehen, riechen und schmecken gehören dazu, wenn sich Christel See auf den Weg zu Rundgängen in die Auen macht.

 Christel See ist in Volmerswerth auf einem Bauernhof groß geworden und bietet Kräuterwanderungen durch die Rheinauen in ihrem Stadtteil an.

Christel See ist in Volmerswerth auf einem Bauernhof groß geworden und bietet Kräuterwanderungen durch die Rheinauen in ihrem Stadtteil an.

Foto: Jacob/Yvette Jacob

„Habt ihr alle festes Schuhwerk und Handschuhe dabei?“, fragt Christel See in die Runde. An einen Samstagnachmittag hat sich ein Grüppchen um die „Kräuterhexe von Volmerswerth“, wie sie ihr Mann gerne nennt, gescharrt. Sie alle sind gekommen, um von Christel See mehr über das zu erfahren, was auf Wiesen und an Wegrändern so wächst.

Diesmal steht ein „Wurzelworkshop“ auf dem Programm. Schließlich haben wir November und da steckt das Gute vor allem in der Erde und will entdeckt werden. Die Düsseldorferin führt die Teilnehmer zu einem kleinen Tannenhain in den Rheinauen. Was auf den ersten Blick für den Laien wie Unkraut wirkt, entpuppt sich bald als Nelkenwurz und Löwenzahn. Deren Wurzeln werden vorsichtig ausgegraben und von Erde befreit in die mitgebrachten Eimerchen gelegt. Die nächste Station ist eine Wiese neben Christel Sees Haus. „Das war ursprünglich eine betonierte Brachfläche“, erzählt die Naturfreundin. Inzwischen wächst dort so manch interessantes Kräutlein. Die Nachtkerze zum Beispiel, deren Samen im Herbst noch gesammelt werden kann. Im Halbschatten neben der Hauswand gräbt die Expertin vorsichtig eine Beinwellwurzel aus, dann geht es in ihr Heiligtum: Ein Garten mit offener Küche.

„Ich habe da mal etwas vorbereitet“, sagt die sympathische Kräuterpädagogin und schmunzelt. Auf Tischen und Anrichte stehen Schüsseln, Brettchen und Messer bereit. Denn was gemeinsam in der ersten Stunde des „Wurzelworkshops“ in der Natur eingesammelt wurde, will verarbeitet werden. Routiniert teilt Christel See die Teilnehmer in vier Gruppen auf und leitet sie durch die nächsten Schritte: „Zuerst müssen die Wurzeln gesäubert und klein geschnitten werden.“ Sie macht vor, wie es geht. Alle sind mit Feuereifer dabei, hören ihr genau zu, denn in jedem Satz schwingt altes Landfrauenwissen mit. Es ist eine Herzensangelegenheit für Christel See, es zu bewahren und weiterzugeben. Naturverbunden war die Volmerswertherin zwar schon immer, allein das „wie“ hat sich mittlerweile verändert. Als jahrelange Leiterin eines Gartencenters gehörten Pestizide für sie praktisch zum Tagesgeschäft. Heute sei das für sie ein „No-Go“, betont Christel See. „Wer die Natur machen lässt, braucht sie nicht.“ Eine Meinung, mit der sie längst nicht mehr alleine ist. Ihre Kurse und Wanderungen sind regelmäßig ausgebucht. Wer einmal bei ihr war, kommt gerne wieder, um noch tiefer in die Geheimnisse der Pflanzenwelt einzutauchen und danach mit offenen Augen staunend festzustellen, wie viel Essbares allein in den Rheinauen wächst.

Inzwischen schnippeln und raspeln die einen für ein leckeres Wurzelgemüse mit Reis, andere bereiten einen Teig für Kekse aus Nelkenwurz zu. Eine dritte Gruppe hobelt Löwenzahn für einen Kaffee-Ersatz. Während bald schon ein leckerer Duft das Wasser im Mund zusammenlaufen lässt, macht sich die vierte Gruppe daran, eine Salbe aus Beinwellwurzel herzustellen. Die Zeit vergeht wie im Flug und zum Abschluss sitzen alle zusammen, um die „Früchte“ ihrer Arbeit bei einem selbstgebrannten Schnaps zu genießen. Christel See beantwortet geduldig jede Frage und würzt sie mit wertvollen Tipps.

Aufgewachsen ist sie als achtes Kind einer Bauernfamilie in Volmerswerth. Obwohl sie der Natur immer verbunden war, zog es Christel See vom Dorf in die Stadt, um als Kinderkrankenschwester zu arbeiten. Nachdem sie Mutter geworden war, arbeitete sie in der elterlichen Gärtnerei. Da war die Kräuterecke schon ihr Lieblingsplatz. Doch brauchte es noch einige Jahre, bis sie ihre wahre Berufung erkannte und das Gartencenter aufgab. Zum Glück, möchte man sagen, denn seitdem begeistert sie immer mehr Menschen für die Wunder der Natur vor unserer Haustür.

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