Düsseldorf Chancen und Risiken des Haushalts 2015

Düsseldorf · Der erste Etat-Plan der Ampel-Koalition in Düsseldorf hat ein Volumen von 2,5 Milliarden Euro. Er ist stabil, aber die Stadt steht vor großen Herausforderungen. Antworten auf die wichtigsten Fragen.

Das ist der Düsseldorfer Haushalt 2015
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Das ist der Düsseldorfer Haushalt 2015

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Nach einer Marathon-Sitzung von 14 Stunden gab es am Donnerstag im Düsseldorfer Rathaus kurz vor 23 Uhr eine Premiere: Der erste Haushaltsplan unter einer Ampel-Mehrheit aus SPD, Grünen und FDP war beschlossen. Innerhalb von sechs Wochen hatten die neuen politischen Partner den im September von Oberbürgermeister Thomas Geisel und seinem Kämmerer Manfred Abrahams eingebrachten Haushaltsentwurf durchzuarbeiten und eigene Akzente zu setzen.

Erschwerend kam eineinhalb Wochen vor der Haushaltssitzung die Nachricht hinzu, dass die finanzielle Situation um 120 Millionen Euro schlechter aussieht als bis dahin gedacht. Die Ampel schraubte ihre Erwartungen auf 12,2 Millionen Euro herunter und präsentierte eine - von der CDU stark angezweifelte - Liste zur Gegenfinanzierung. Der mit den Stimmen von OB, Ampel, Tierschutzpartei/Freie Wähler und Piraten beschlossene Etat hat ein Volumen von 2,5 Milliarden Euro und ist - durch einen Griff in Höhe von 33,4 Millionen Euro in die Ausgleichsrücklage - erneut ausgeglichen. Einnahmen und Ausgaben halten sich damit also die Waage, Schulden müssen laut Plan nicht aufgenommen werden. Doch wie sicher ist der Haushalt? Antworten auf die wichtigsten Fragen:

Wofür gibt Düsseldorf das meiste Geld aus?

Der mit Abstand größte Einzelposten ist das Personal. 505,3 Millionen Euro gibt die Stadt für ihre rund 10 000 Mitarbeiter aus. Die geplante Einsparung von 32 Millionen Euro im nächsten Jahr ist da sogar schon eingerechnet. Platz zwei der Kostentreiber ist die Landschaftsumlage, die Düsseldorf (wie andere Städte auch) an den Landschaftsverband Rheinland (LVR) abführen muss: 219,9 Millionen Euro fließen dafür. Der LVR finanziert davon Einrichtungen wie zum Beispiel Krankenhäuser.

Auch die Sozialausgaben machen eine stattliche Summe aus. Allein für Unterkunft und Heizung zahlt die Stadt an Arbeitssuchende nächstes Jahr 171,6 Millionen Euro, für die Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung weitere 71,4 Millionen Euro. Mit 111,2 Millionen Euro sind die Hilfen zur Erziehung für bedürftige Familien ein weiterer hoher Posten im Sozialbereich. Insgesamt sind für soziale Leistungen 468,6 Millionen Euro eingeplant. Für Kultur und Wissenschaft sollen 123,6 Millionen Euro fließen. Von den Investitionen, sie sind mit 305,5 Millionen Euro angesetzt, fließt mehr als ein Viertel im nächsten Jahr für die Wehrhahn-Linie.

Womit nimmt Düsseldorf das meiste Geld ein?

Haupteinnahmequelle ist mit 874,3 Millionen Euro die Gewerbesteuer von Unternehmen mit Hauptsitz in Düsseldorf. Aus dem Gemeindeanteil, den Kommunen an der Einkommensteuer erhalten, erwartet der Kämmerer nächstes Jahr 314 Millionen Euro, gefolgt von der Grundsteuer B, die Immobilieneigentümer zahlen müssen. Dafür sind 140 Millionen Euro angesetzt. Eine wichtige Quelle sind auch Kredite, die Düsseldorf quasi bei sich selbst aufnimmt, nämlich bei der städtischen Holding, unter deren Dach Stadttöchter gebündelt werden und wo aus steuerlichen Gründen das Barvermögen zur Sicherung der Liquidität der Stadt auf dem Konto liegt. 120,6 Millionen Euro muss Abrahams 2015 nach derzeitigem Stand dort aufnehmen. Vergleichsweise gering fallen da mit 55 Millionen Euro die erwarteten Einnahmen durch den Verkauf städtischer Gebäude und Grundstücke aus - doch der Ansatz ist um 45 Millionen Euro höher als die Summe, die im laufenden Jahr durch solche Verkäufe in die städtische Kasse gekommen ist.

Was sind die größten Herausforderungen?

Thomas Geisel und die Ampel-Koalition haben viel versprochen, nun müssen sie es finanzieren - und das, obwohl die Ersparnisse der Stadt fast aufgebraucht sind. Die FDP hat bei der Haushalts-Sitzung noch einmal ganz deutlich gemacht, dass sie für Schulden nicht zu haben ist. Öffentlich-private Partnerschaften (ÖPP) schließen SPD und Grüne aus.

Geisel und die Ampel müssen sich also auch mit Blick auf die kommenden Jahre klar werden, wie die Stadt sich die nötigen finanzielle Spielräume erarbeiten kann - und welche liebgewonnenen Projekte man fürs Erste verschieben muss. Dabei wird sich auch zeigen, ob die neue Stadtregierung die Bürger über ihre Überlegungen so transparent informiert wie angekündigt.

Oberste Priorität bei den Investitionen haben nach dem Bekunden der Beteiligten die Sanierung und der Neubau von Schulgebäuden. Die Zeit drängt, weil die Schülerzahlen deutlich steigen. Da 2015 noch Wehrhahn-Linie und Kö-Bogen abbezahlt werden, müssen viele andere kostspielige Projekte wahrscheinlich mindestens bis ins kommende Jahr warten. Allein für diese beiden Projekte sind für das kommende Jahr 145 Millionen Euro in den Haushalt eingestellt.

An weiteren ehrgeizigen Vorhaben mangelt es nicht. Bei den Schwimmbädern herrscht dringender Handlungsbedarf, den auch der Oberbürgermeister immer wieder betont. Die Ampel hat darüber hinaus angekündigt, sich um marode Kulturgebäude zu kümmern, und will dafür zehn Millionen Euro im Jahr bereitstellen. Dazu möchte die Politik den Nahverkehr und die Radwege verbessern. Auch die Aufwertung des Zentrums von Garath ("Garath 2.0"), das erste von vielen angekündigten Stadtteil-Projekten, steht auf der To-do-Liste. Und dann wären da noch die ehrgeizigen Pläne für sozialen Wohnungsbau - von denen man allerdings in letzter Zeit auffällig wenig gehört hat.

Was sind die größten Risiken?

Schwer berechenbar, weil von der wirtschaftlichen Lage der Unternehmen abhängig, sind die Einnahmen aus der Gewerbesteuer. Das hat der jüngste Einnahmeausfall von 50 bis 60 Millionen Euro gezeigt. Der Kämmerer hat den Ansatz für das nächste Jahr deshalb um 35 Millionen Euro nach unten auf 874 Millionen Euro korrigiert. Er wählte damit einen Mittelweg zwischen dem von ihm errechneten besten und schlechtesten Szenario. "Das ist nicht zu optimistisch, aber auch nicht zu defensiv", so Abrahams. Die Restrukturierung bei Eon dürfte sich nicht allzu stark niederschlagen, weil der Energiekonzern Verluste ausweist und entsprechend wenig Steuern zahlt. Unberechenbar sind auch die steigenden Fallzahlen bei Asylbewerbern und Hartz-IV-Empfängern. Ein weiteres Risiko bilden Tarifabschlüsse - 2015 stehen Verhandlungen bei den Beamten an, ein Jahr später bei den Angestellten. Und sollte erneut ein Orkan durch die Stadt fegen, müsste ebenfalls neu gerechnet werden.

Wie viel Thomas Geisel und Ampel steckt im Haushaltsplan?

Nicht so viel, wie sie sich gewünscht hätten. 2015 ist ein Jahr des Übergangs. Der Entwurf für den Haushalt stammte noch von der schwarz-gelben Mehrheit, in der Zeit nach der Wahl arbeitete ihn die Verwaltung ohne einen Oberbürgermeister weiter aus. Geisel hatte dieses Verfahren bejaht, weil er den Haushaltsplan im Dezember beschließen lassen wollte. Die Verwaltungsspitze und die Ampel-Politiker haben nach der Mehrheits-Findung im Oktober unter hohem Zeitdruck noch einige Punkte nach ihren Vorstellungen verändert, aber betonen immer wieder, dass erst der nächste Haushaltsplan wirklich ihre Handschrift tragen werde.

Ab Januar will man sich deshalb tiefergehend mit den Strukturen der Stadt befassen und hofft, die Einnahmen steigern und die Ausgaben senken zu können, und zwar beides deutlich. Das nächste Jahr wird also klarer zeigen, wo die neue Stadtregierung ihre Schwerpunkte setzt - und wen sie enttäuscht.

(RP)
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