Interview: Hanns Tappen Düsseldorf braucht ein Gründerzentrum
Düsseldorf · Im Verein Startup-Ddorf haben sich Existenzgründer aus den Bereichen Internet und Technologie zusammengeschlossen. Sie wollen die Gründerszene stärken. "Düsseldorf hinkt Köln dabei massiv hinterher", sagt der Vorsitzende der Initiative.
Herr Tappen, warum hinkt Düsseldorf bei den Neugründungen anderen Städten hinterher?
Tappen Was Düsseldorf fehlt, ist eine Gründerkultur. Auch wenn Düsseldorf gesamtwirtschaftlich vorne liegt, haben Städte wie Köln oder Berlin eine lebendigere Gründerszene mit vielen Start-ups. Es gibt einen Mangel an Strahlkraft.
Aber IHK, Wirtschaftsförderung und Stadtsparkasse haben ein breites Programm zur Förderung von Start-up-Unternehmen, denken Sie an CeDus oder Diva...
Tappen In Düsseldorf ist man bemüht, keine Frage. Doch es liegt vieles im Argen. Die Lebenshaltungskosten sind in Düsseldorf überdurchschnittlich. Es findet kaum Wissenstransfer mit der Uni statt. Es gibt nur wenige Risikokapitalgeber, es gibt kaum Mentoren für Start-ups, und es fehlen Orte und Events für Gründer. Wir brauchen eine bessere Vernetzung der Gründer untereinander. Um das zu erreichen, haben wir den Verein Startup-Dorf im vergangenen Jahr gegründet. Wir schaffen ein Ökosystem für Existenzgründer.
Was macht Ihr Verein Startup-Dorf?
Tappen Anfangs sind 14 Existenzgründer zusammengekommen. Wir trafen uns zunächst einmal im Monat bei einem Stammtisch in Unterbilk. Dann kam uns die Idee, daraus einen Verein mit richtiger Satzung zu machen. Damit wollen wir gegen die zu geringe Zahl an Neugründungen im digitalen Bereich der Stadt Düsseldorf angehen.
Sind Sie ein kommerzieller Verein?
Tappen Nein, ich als Vorsitzender und auch die anderen Mitglieder arbeiten ehrenamtlich. Weil wir wissen, dass Gründer ihre Mittel für andere Dinge dringender brauchen, gibt es auch keinen Mitgliedsbeitrag. Heute gibt es 30 Mitglieder, sieben davon sind so genannte Fördermitglieder, also bereits etablierte Unternehmen die auf der Suche sind nach Innovationen. Zu unseren Treffen kommen Business Angels, Menschen mit langer Erfahrung in der Wirtschaft, die mehr als nur gute Tipps geben können. Und unser Verein ist auch eine Plattform, um an Venture Capital zu kommen, also an Investoren, die bereit sind, für eine gute aber riskante Unternehmensidee Geld zu geben. Das ist ja allgemein der Knackpunkt auf dem Weg zum gut laufenden neugegründeten Unternehmen.
Wer sind Ihre Mitglieder?
Tappen Unsere Mitglieder sind Unternehmen, die es weniger als zehn Jahre am Markt gibt und die innovativ und wachstumsorientiert sind. Typische Branchen sind Internet, Technologie, Biotech, Kreativwirtschaft und E-Commerce. Die allermeisten sind Kapitalgesellschaften. Sinnvoll aus unserer Sicht ist es, dass die Gründer signifikant am Unternehmen beteiligt ist.
Haben Sie herausragende Beispiele in den eigenen Reihen?
Tappen Interessant ist die Gründung "abendtuete.de", aber auch das Medizin-Technologie-Startup "Piur Imaging". Das Start-up "hierbeidir.com" bringt den lokalen Einzelhandel ins Netz und bietet darüber einen Lieferservice per Fahrradkurier.
In Zeiten hoher Arbeitslosigkeit gibt es viele Notgründungen, doch der Arbeitsmarkt in Düsseldorf ist zurzeit kerngesund. Wer macht sich also heute noch selbstständig, mit all den Risiken zu scheitern?
Tappen Wir beobachten, dass 90 Prozent unserer Startup-Gründer Männer sind. Drei Viertel von ihnen sind Akademiker. Jeder Zweite hat schon mehrfach ein Unternehmen gegründet. Schade ist, dass nur sieben Prozent der Uniabsolventen sich selbstständig machen wollen.
Trivago und Auxmoney haben aber gezeigt, dass man in Düsseldorf sehr wohl gründen und groß werden kann...
Tappen Das Reiseportal Trivago ist ein absolutes Highlight, das zeigt, wie es richtig laufen kann. Auxmoney hat gezeigt, dass man als innovatives Unternehmen Kapitalgeber finden kann. Aber ganz im Ernst, diese zwei, vielleicht sind es auch etwas mehr, Start-ups, die wirklich groß geworden sind, das ist doch viel zu wenig für eine Wirtschaftsmetropole wie Düsseldorf. Wir müssen mehr tun. Die Stadt läuft anderen Landeshauptstädten hinterher.
Herr Tappen, mal ganz konkret, was fehlt Ihnen für Ihre Gründerszene denn in Düsseldorf?
Tappen Düsseldorf braucht ein großes Gründerzentrum. Ein Haus, in dem 50 oder besser 60 Start-up-Gründer in den ersten Jahren Platz finden können. Viele Existenzgründer scheitern, weil sie einsam zu Hause sitzen. In einem Gründerzentrum könnten sie sich zum einen gegenseitig austauschen. Zum anderen müssten dort Berater sein, Mentoren, die bei den ersten Schritten zur Seite stehen. Dort muss es W-Lan geben und vielleicht eine Kaffee-Flatrate. Vorbilder sind schon das Gewächshaus Düsseldorf oder die Co-Working-Space-Garage in Bilk.
Wo könnte ein solches Gründerzentrum stehen, angesichts der sehr hohen Mieten in Düsseldorf?
Tappen Ja, wir haben hohe Büromieten. Aber wir haben auch einen riesigen Leerstand. Jedes achte Büro in der NRW-Landeshauptstadt ist nicht vermietet. Warum sollte in einem dieser heute leerstehenden Gebäude nicht das neue Gründerzentrum entstehen. Ideal wäre eine Innenstadtlage wegen der guten Verkehrsanbindung auch mit dem öffentlichen Personennahverkehr. Denken Sie etwa an das frühere Mannesmann-Rechenzentrum am Rhein. Gut wäre auch die temporäre Nutzung eines leerstehenden Bürogebäudes einer Tochtergesellschaft der Stadt, etwa der IDR.
Wer müsste eine solche Einrichtung tragen?
Tappen Idealerweise die Stadt Düsseldorf oder das Land Nordrhein-Westfalen. Möglich wäre aber auch eine Non-Profit-Gesellschaft, die sich aus verschiedenen Zuflüssen finanziert, wie zum Beispiel Gewinne, die aus Beteiligungsverkäufen dort geborenen Start-ups erwirtschaftet werden.
Gibt es Vorbilder für ein solche Gründerzentrum?
Tappen Ja, Paris hat ein solches Gründerzentrum-Projekt kürzlich mit einem Spatenstich und Festakt gefeiert. Dort sollen aber nicht nur 50 oder 60 Start-ups unter einem Dach arbeiten und wachsen, sondern sogar 1000 Existenzgründer.
Sie sprechen auch vom Scheitern. Wie hoch sind die Risiken?
Tappen Da dürfen wir uns nichts vormachen. Die Risiken, als Gründer zu scheitern, sind riesig. Wagniskapital-Fonds kalkulieren, dass nur drei von zehn finanzierten Start-ups wirklich profitabel werden. Und die müssen so gut laufen, dass sie die Verluste der anderen sieben auf lange Sicht wettmachen.
THORSTEN BREITKOPF FÜHRTE DAS GESPRÄCH.