In Düsseldorf fehlen rund 1000 Pflegeheimplätze Düsseldorf bietet eine Vielfalt an Pflegeangeboten

Düsseldorf · In Reisholz eröffnet am Montag eine Tagespflege mit 25 Plätzen. Die sind innerhalb der Pflegestrategie ein wichtiges Angebot. Denn in der Landeshauptstadt gibt es viel zu wenig stationäre Plätze in Pflegeheimen. Michael Schmidt, Sprecher der Liga der Wohlfahrtsverbände, findet es wichtig, den Fokus auf eine der Lebenssituation der Menschen angemessene und individuelle Versorgung zu legen.

Heike Thöne, geschäftsführende Gesellschafterin der T&T-Tagespflege mit einer Interessentin im Speiseraum der Einrichtung.

Heike Thöne, geschäftsführende Gesellschafterin der T&T-Tagespflege mit einer Interessentin im Speiseraum der Einrichtung.

Foto: Anne Orthen (orth)

Noch sind die meisten Menschen aus den Baby-Boomer-Jahrgängen (1955 bis 1969) gesund und munter und stehen zumeist mitten im Arbeitsleben. Gehen wir mal zehn Jahre weiter, werden schon mehr von ihnen Hilfen im Alltag in Anspruch nehmen müssen: den ambulanten Pflegedienst oder gar ein Zimmer im Seniorenheim, weil es alleine zu Hause nicht mehr geht.

Doch schon jetzt ist Düsseldorf in vielen Bereichen des Pflegeangebotes unterversorgt. 2021 bei einem weiteren Pflegegipfel mit Vertretern der Wohlfahrtsverbände und der Stadt war davon die Rede, dass es jetzt schon in der Landeshauptstadt mehr als 1000 Heim-Plätz zu wenig gibt. Doch woher neue nehmen?

„Es fehlt auch an entsprechenenden und bezahlbaren Grundstücken in der Stadt“, sagt Caritas-Chef Henric Peeters. Diese baut derzeit mit St. Anna an der Eiskellerstraße ein neues Pflegeheim, dort, wo früher das St.-Anna-Stift stand. „Bezahlbar für jeden und jede“ mitten im Herzen der Stadt. „Wir mussten uns vor einigen Jahren entscheiden, ob wir an der Merowinger Straße bauen oder in der Altstadt. Wir haben uns für St. Anna entschieden, weil es in der Stadtmitte kein anderes Pflegeheim gibt“, sagt Peters.

In zwei Jahren soll das Seniorenzentrum fertig sein, dass mehr als „nur“ 100 Heimzimmer bieten wird. Es sei der Ansatz der Caritas, eine breite Angebotspalette zu bieten. Hinzu kommen 20 Plätze in der Kurzzeitpflege, 16 in einer Tagespflege und vier seniorengerechte Wohnungen. Aber auch bei diesem Projekt sind die Baukosten in die Höhe geschossen. „Aber unsere Devise ist jetzt Augen zu und durch“, sagt Peeters. Die Caritas führe schon seit einiger Zeit keine Wartelisten für ihre Heime mehr. „Aktuell sind die Zahlen so, dass 1000 Menschen in unserer Stadt dringend einen Platz im Heim benötigten und keinen bekommen.“

Auch Pfarrer Michael Schmidt, Vorstandsvorsitzender der Diakonie Düsseldorf und Sprecher der Liga der Wohlfahrtsverbände, berichtet, dass der Druck in diesem Bereich aktuell „sehr hoch“ sei. Doch ihm ist es wichtig, dass es in der Frage, wie Düsseldorf auch eine seniorengerechte Stadt werden kann, man sich nicht auf diesen Punkt fokussieren dürfe: „Wir müssen eine individuelle Vielfalt beim Pflegeangebot bieten. Das ist eine spannende Diskussion, die wir auch in unseren Wohlfahrtsverbänden intensiver diskutieren könnten.“ Senioren, die noch zu Hause leben können, brauchen barrierefreien Wohnraum, mancher mag in eine Pflege-WG ziehen, andere suchen in einer Tagespflege auch den Weg aus der Einsamkeit. Ein weiteres Thema, das alle Anbieter auf den Zettel nehmen müssen: Sowohl die Männer- als auch die Paarquote erhöht sich in den Heimen. „Darauf müssen wir reagieren“, sagt Schmidt. Dabei sahen vor einigen Jahren die gesetzlichen Vorgaben noch vor, dass aus fast allen Doppel- dann Einzelzimmer wurden. Daraus resultiert nun, dass immer mehr Paare im Alter nicht mehr zusammenbleiben können.

Beim Thema Neubaupläne bleibt Michael Schmidt zurückhaltend: „Wir sind interessiert und ansprechbar, haben aber keine aktuellen Projekte. Auf dem Zettel haben wir aber die Ertüchtigung des Otto-Ohl-Hauses in Garath.“ Aktuell ist die Diakonie auch bei dem Projekt Wohnpark K450 über die evangelische Kirche im Rheinland involviert: An der Kaiserswerther Straße 450/Ecke Enzianstraße entsteht für mehr als 21,5 Millionen Euro ein gemischt genutztes Quartier mit generationenübergreifendem Wohnen.

Jedes Angebot, das in der Stadt im Pflege-Segment neu eröffne, sei hilfreich, sagt Henric Peeters und bekommt dabei Unterstützung von Michael Schmidt. Denn diese entlaste auch die pflegenden Angehörigen.

Neu im Geschäft ist T&T-Tagespflege an der Kappeler Straße, die am Montag mit 25 Betreuungsplätzen ihre Arbeit aufnimmt. Am Freitag war Tag der offenen Tür, bei dem Oberbürgermeister Stephan Keller vorbei schaute: „Mit einer Tagespflege können fehlende stationäre Pflegeplätze zum Teil kompensiert werden. Diese können das Angebot an Pflegeplätzen in der Landeshauptstadt sinnvoll ergänzen.“ Ob es nach wie vor den aktuellen Bedarf von 1000 weiteren Heimplätzen gibt, hält Keller für diskutierbar: „Ich bekomme derzeit keine Rückmeldung, dass das so ist.“

Für Heike Thöne ist die Eröffnung der T&T-Tagespflege ein logischer Schritt. Seit 14 Jahren betreibt sie mit ihrem Geschäftspartner Mikhail Tverskoy den Ambulanten Pflegestin T&T in Eller. Weil sie eine weitere Aufgabe suchte und den Bedarf für seniorengerechte Betreuungsplätze tagsüber erkannte, suchten sie Räumlichkeiten und fanden sie in Reisholz. Eine ehemalige Büroetage der Firma Scheren wurde umgebaut. 

Montag startet die Einrichtung, die Nadja Krelke und ihre Stellvertreterin Luba Valtysalew leiten. Jeder kann einen Tagespflegeplatz in Anspruch nehmen. Bei Pflegegrad II und einem Budget von 689 Euro für Sachleistungen könne man zwei Tage pro Woche Betreuung in der Einrichtung finanzieren, erklärt Thöne. Hinzu kommt eine Unterbringungs- und Verpflegungspauschale von 21,20 Euro pro Tag. Die könne mit dem monatlichen Entlastungsgeld der Pflegekasse von 125 Euro abgerechnet werden. Wer keine Pflegestufe hat, ist Selbstzahler. Eine Besucherin des Tages offenen Tür ist vom Angebot überzeugt: „Wir sehen uns am Montag.“

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