Nach fast 200 Jahren wieder nachgewiesen Biberpaar fühlt sich am Altrhein wohl

Monheim/Urdenbach · Erste Spuren haben Biologen bereits im vergangenen Sommer in der Urdenbacher Kämpe entdeckt. Inzwischen sind einige Bäume spürbar angenagt und das nachtaktive Tier hat eine Weide gefällt.

Elke Löpke, Geschäftsführerin der Biologischen Station Haus Bürgel, zeigt am Altrhein an einem Ast Fressspuren des Bibers.

Elke Löpke, Geschäftsführerin der Biologischen Station Haus Bürgel, zeigt am Altrhein an einem Ast Fressspuren des Bibers.

Foto: Matzerath, Ralph (rm-)

Im vergangenen August hat Stefanie Egeling die ersten Fress-Spuren eines Bibers am Altrhein gefunden. Weil der Nager seinen Hunger im Sommer überwiegend mit Kräutern und Schilf stillt, seien die aber zunächst nur der Biologin und anderen Mitarbeitern der Biologischen Station Haus Bürgel aufgefallen, die das Gebiet zwischen Baumberg und Urdenbach betreuen. „Im Dezember waren dann schon einige Bäume entlang des Altrheins sehbar angenagt“, berichtet Geschäftsführerin Elke Löpke. Und kürzlich habe der Biber eine Weide gefällt. Einem Ehrenamtlichen, der sich in der Dunkelheit bei Minusgraden stundenlang auf die Lauer gelegt habe, seien sogar Aufnahmen der nachtaktiven Tiere im Wasser gelungen. Jetzt steht fest: Mindestens zwei Biber sind eingewandert und fühlen sich in dem naturbelassenen und wasserreichen Gelände wohl. Die Filmaufnahmen zeigen ein Pärchen bei der Fellpflege. Jetzt hofft Elke Löpke, dass es bald Bibernachwuchs gibt.

Schäden für die Natur fürchtet die Geschäftsführerin nicht. Im Gegenteil: „Das ist eher eine Chance und aus unserer Sicht ein optimaler Standort für Biber. Sie sind das i-Tüpfelchen für den Altrhein“, sagt Elke Löpke. Wir sollten sie willkommen heißen.“ Biber renaturierten das Gelände. Sie bauten Dämme, um den Wasserstand zu heben. Davon profitierten Fische, Vögel, Libellen und Amphibien. Zwar fressen Biber auch Feldfrüchte, da die Landwirte in der Umgebung aber wenig Ackerbau betreiben, sondern Grünland bewirtschafteten, seien dort keine Schäden zu erwarten. „Wir müssen aber Acht geben, ob die Biber Bäume am Wegesrand fällen.“ Das könne für Spaziergänger gefährlich werden.

Biber-Reviere umfassen einen Radius von einem bis drei Kilometern. Die Größe hängt vom Nahrungsangebot entlang des Gewässers ab. Wenn es für die Pflanzenfresser viel Nahrung gibt, müssen sie sich nicht weit bewegen. Sie fressen bis zu 150 Kräuter und 60 Gehölzarten. Der langsam fließende Altrhein biete hier optimale Bedingungen. Wie sich die Biber jedoch verhalten, wenn das Wasser wie im heißen und trockenen Sommer 2022 beinah komplett verdunstet, sei ungewiss. „Wir sind selber gespannt, was dann passiert.“ Es sei nicht abzusehen, ob die Biber hierblieben oder weiterzögen.

Woher die eingewanderten Biber kommen, wisse man nicht genau, berichtet der Wildtierökologe Julian Oymanns. Möglicherweise haben sie ihren Weg vom Niederrhein oder aus der Eifel nach Düsseldorf gefunden. Auch an der Ruhr lebten Biber. Seit den 1980er Jahren habe man damit begonnen, in Nordrhein-Westfalen wieder Biber anzusiedeln, nachdem sie vor rund 200 Jahren durch den Menschen komplett ausgerottet worden sind. 1830 habe man den letzten Biber im Rheinland gesichtet. Er wurde wegen seines dichten und warmen Fells gejagt und sein Fleisch wurde verzehrt. Da er als Wassertier galt, habe die katholische Kirche das sogar während der Fastenzeit erlaubt. Inzwischen gibt es hier 1000 bis 1500 Tiere. Seit 2014 habe es in der Region immer wieder Nachweise anhand der typischen Fressspuren gegeben, beispielsweise am Unterbacher See. Vor fünf Jahren wurde bei Himmelgeist ein Biber schwimmend im Rhein fotografiert, weiß Elke Löpke.

Biber bauten sich einen warmen Rückzugsort, dessen Eingang immer unter Wasser liegt. Dort schlafen sie tagsüber. Der Bau besteht oft aus einem gegrabenen Erdloch am Ufer, das mit Ästen bedeckt wird. Biber sind sehr reviertreu, berichtet Elke Löpke. Mit ihrem Partner blieben sie ein Leben lang zusammen. Sie bekommen jährlich ein bis vier Junge, die den Bau in ihren ersten Lebenswochen nicht verlassen. Wenn die Elterntiere sie mit ins Wasser nehmen, können sie zwar sofort schwimmen, aber noch nicht tauchen. Das lernen sie erst ab der vierten Woche. Nach zwei Monaten können sie so gut tauchen wie ihre Eltern.

Biber sind die größten Nagetiere in Deutschland. Sie werden bis 1,50 Meter groß. Typisches Kennzeichen ist ihr bis zu 16 Zentimeter breiter, abgeplatteter und unbehaarter Schwanz, der 28 bis 38 Zentimeter lang wird. Ein ausgewachsener Biber wiegt 20 bis 30 Kilogramm, sagt Julian Oymanns. Der scheue Nager sei im Wasser sehr schnell und wendig, an Land watschele er eher behäbig.

Die Nachtaufnahme beweist es: Die Biber sind zurück.

Die Nachtaufnahme beweist es: Die Biber sind zurück.

Foto: Landeshauptstadt Düsseldorf/Haus Bürgel/Norbert Hennecke

Mit den Vorderpfoten können Biber geschickt greifen und halten kleine Äste beim Abnagen der Rinde fest. „Biberbrötchen“ nennen Biologen solche handlichen Holzstücke mit Fressspuren. Elke Löpke hat einige davon am Altrhein entdeckt. Die Zehen der Biber-Hinterfüße sind für die schnelle Fortbewegung im Wasser mit Schwimmhäuten ausgestattet. Die Geschäftsführerin und das Team der Biologischen Station Haus Bürgel bitten Spaziergänger um größtmögliche Rücksichtnahme: Die Nager sollten nicht gestört werden.

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