Vor zwölf Jahren in Düsseldorf entdeckt Barbara Lutz ist 66 Jahre alt und Model

Düsseldorf · Barbara Lutz lebt den Traum vieler junger Mädchen: Sie ist Model. Die Düsseldorferin plädiert für mehr Natürlichkeit in der Schönheitsindustrie. Ein geheimes Schönheitsrezept hat sie nicht.

 Barbara Lutz

Barbara Lutz

Foto: www.Elbmodels.de/Christine Lutz/Elbmodels

Es war ein ganz normaler Tag im Jahr 2007. Barbara Lutz ging nichts ahnend die Berliner Allee entlang, als sie an der Kreuzung zur Graf-Adolf-Straße von einem Mann angesprochen wurde. Er fragte sie, ob sie sich vorstellen könnte, als Model zu arbeiten und drückte ihr die Visitenkarte seiner Agentur in die Hand.

Barbara zögerte nicht lang. „Schon vorher wurde ich ab und zu gefragt, ob ich Model sei“, erinnert sie sich. Warum es also nicht einfach mal ausprobieren? Zu Hause knipste sie  kurzerhand mit der Unterstützung ihres Sohnes einige Testfotos und schickte sie an die Agentur - kurze Zeit später unterzeichnete sie ihren Vertrag als sogenanntes Best-Ager-Model.

Hauptberuflich war sie zu dieser Zeit als Textilingenieurin in der Einrichtungsbranche tätig. Die Umschulung zum Model fand in ihrem Wohnzimmer statt. „Ich bin einfach ins kalte Wasser gesprungen“, erzählt sie, „habe mir Bücher übers Posen gekauft und zu Hause mit dem Handy geübt, um herauszufinden, was gut aussieht.“

Das Üben zahlte sich aus. In den letzten zwölf Jahren stand sie unter Anderem für Wella und C&A vor der Kamera, war in einem Musikvideo und einem Spielfilm zu sehen. Die Aufträge eines Best-Ager-Models sind mit dem selben Aufwand verbunden, wie die der jungen Fotomodelle, erzählt sie:

Im Vorhinein zur Maniküre, dann mit dem Zug frühmorgens quer durch Deutschland. Am Ort des Geschehens angekommen, geht es zunächst ins Fitting, darauf folgt eine Stunde Hair and Make-Up. „Ich hab’s nicht so mit Schminke, deshalb bin ich immer froh, wenn das jemand für mich macht“, lacht Barbara. 

Erst dann beginnt der eigentliche Job. Und der ist nicht unbedingt entspannter - auch einem Best-Ager-Model wird voller Körpereinsatz abverlangt. Für ein Medikament gegen Schwindel musste sie einmal stundenlang auf einer schrägen Rampe stehen, die Schuhe festgeklebt am Boden. Für eine Aufzug-Werbung musste sie wieder und wieder auf ein Erhöhung krabbeln, um dann mit dem Lift hinunter zu fahren. „Ich bin nicht die typische Oma, ich mache gerne solche crazy Sachen“, sagt Barbara. Denn darin besteht für sie der Reiz des Jobs: „Alles ist eine Herausforderung, aber genau das macht Laune.“ 

Bilder des Tages aus Düsseldorf
87 Bilder

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Foto: dpa/Christoph Reichwein

Der Spaß-Faktor ist jedoch aber das Einzige, was sie am Modeln begeistert. „So viele kreative Köpfe sind involviert. Als Model ist man nur ein Puzzleteil eines großen Gesamtwerkes“, erklärt sie. „Die ganzen Fotografen, Stylisten und Kreativdirektoren kennenzulernen, ist eine Bereicherung. Bei der Arbeit sind alle hochkonzentriert, um in kürzester Zeit das beste Ergebnis zu erzielen.“

Dabei genießt sie auch außerhalb des Jobs die Gesellschaft kreativer Menschen: Die gebürtige Triererin treibt sich bevorzugt in den jungen und künstlerischen Stadtteilen Düsseldorfs herum, wohnt in Friedrichstadt und schlendert in ihrer Freizeit gerne über die Lorettostraße oder durch Flingern.

Eine Frage kann man kaum umgehen, wenn man Barbara Lutz so gegenübersitzt: Wie schafft sie es, so jung auszusehen? Liegt es vielleicht am Ingwertee, den sie trinkt? Ihre erste Reaktion auf diese Frage: Ein lautes Lachen, ganz nach dem Motto „Nicht das schon wieder!“. „Ich habe da kein Geheimrezept“, gibt sie zu. „Ich gehe ein bis zwei mal die Woche ins Fitnessstudio, aber ich bin kein leuchtendes Beispiel.“ 

Denn etwas anderes ist ihr in Sachen Aussehen erheblich wichtiger als Jugend und Fitness: Natürlichkeit. Für Botox und andere Schönheits-OPs zu werben, ist für sie ein absolutes No-Go. „Natürlich ist das nicht lustig, wenn man plötzlich im Spiegel Falten entdeckt“, sagt sie, „aber hallo? Das ist das Leben! Überall reden die Leute von ‚Organic’, aber natürlich aussehen darf man nicht?“

Sie betrachtet das Alter aus einer anderen Perspektive: „Wenn ich mich noch so jung fühlen würde wie damals, wäre ich dann nicht stehen geblieben? Ich bin gealtert, und das darf man auch sehen.“ Das möchte sie mit ihren Fotos vermitteln: „Ich will Lebensfreude ausstrahlen, egal, wie viele Falten ich habe.“

 Barbara Lutz

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Foto: www.elbmodels.de/Lutz/www.elbmodels.de

Die Model-Rente möchte Barbara Lutz in naher Zukunft nicht antreten. „Ich kenne Frauen, die mit 80 noch als Best-Ager-Model gearbeitet haben“, erzählt sie und ist sich sicher: „Solange man mit mir arbeiten will, werde ich den Job weiter machen.“

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