Sternekoch aus Düsseldorf Bald ist das Ur-Schiffchen wieder da

Düsseldorf · Für Sterne-Koch Jean-Claude Bourgueil bedeutet Alterszeit, dahin zurückzukehren, wo er in den 1970er Jahren am mittelalterlichen Markt in Kaiserswerth begonnen hat.

 Jean-Claude Bourgueil will künftig seltener in der Küche stehen. Aber keinesfalls schlechter kochen.

Jean-Claude Bourgueil will künftig seltener in der Küche stehen. Aber keinesfalls schlechter kochen.

Foto: Andreas Bretz

Mit 71 Jahren entdeckt Jean-Claude Bourgueil die Altersteilzeit für sich. Anders gesagt: er wird zwar auch künftig am Herd stehen (jedoch nicht mehr täglich), dennoch mehr Zeit für sich und seine Familie haben. Damit das gelingt, verkleinert er sein Restaurant in Düsseldorf-Kaiserswerth. Dort betreibt er zur Zeit genau genommen zwei gastronomische Betriebe: in der ersten Etage des mehrere hundert Jahre alten Hauses am mittelalterlichen Markt das „Restaurant im Schiffchen“ und im Erdgeschoss das Enzo. Bald wird er oben nur noch für fest gebuchte Events öffnen und unten in der Küche fürs „Im Schiffchen by Enzo“ weniger oft ein Sößchen anrühren.

Koch kehr zu Wurzeln zurück

Dies soll keineswegs das Ende des bei Gourmets berühmten Restaurants sein. Eher so etwas wie zurück zu den Wurzeln, seinen Wurzeln. Damals, in den 1970 und -80er Jahren, als er in Düsseldorf anfing und in Kaiserswerth sein eigenes Restaurant eröffnete, gab es nur den Gastraum im Erdgeschoss – das Ur-Schiffchen, sozusagen. Erst später ging man nach oben, aus rein bautechnischen Gründen. Unten war es zu beengt, einen Stock höher konnte man nach eigenen Ideen die Räume gestalten. Über Jahre hieß das Restaurant-Duo Aalschokker (unten) und Im Schiffchen (oben).

Es waren bewegte Zeiten. Die Punkte des Guide Michelin kamen, ab Mitte der 1980er Jahre sogar oben drei und unten einer. Damit war Bourgueil der einzige Koch in Europa, der – genau genommen – gleichzeitig mit vier Sternen ausgezeichnet war, und das 19 Jahre lang.

Gerichte für Tom Jones und Depeche Mode

Aber die Zeiten änderten sich. Wo früher alle Vorstände der deutschen Bank und anderer Konzerne – Egon Overbeck (Mannesmann), Berthold Beitz (Krupp), Alfred Herrhausen und Friedrich W. Christians (Deutsche Bank), Klaus Zumwinkel (Post) – gerne und vermutlich auf Spesen speisten, gingen im Laufe der Jahre die Nachfragen zurück. Bourgueil: „Wir verdienen immer noch gutes Geld, aber nicht so wie in den 80er und 90er Jahren.“ Aber auch heute noch gebe es Gäste, die am Ende mehrere tausend Euro auf der Rechnung stehen haben.

Damals kochte er für Tom Jones und Depeche Mode (die mit Gänseleber so gar nichts anfangen konnten), er begrüßte Hollands und Schwedens Könige und Königinnen, bewirtete Formel-I-Rennfahrer wie Michael Schumacher und den Düsseldorfer Modezaren Albert Eickhoff.

Dass er nunmehr seit acht Jahren mit der Japanerin Miyuu (41) verheiratet ist, merkt man an seinen Speisenkarten – gern lässt er aus feinem grünen Teepulver das Bild des den Japanern heiligen Berges Fujiyama auf Vorspeisen-Teller stäuben.

Er hat 250 Rezepte für Kartoffelgerichte im Kopf, kann eine bretonische Ente von einer aus Deutschland schon unterscheiden, wenn er sie aufschneidet und liebt Frikadellen oder hartgekochte Eier in Senfsauce mit Püree. Deftiges zu kochen und zu genießen hat er damals, als Kind, bei der Großmutter in der Nähe von Tours gelernt. Eine Erfahrung, die ihn bis heute prägt: Gut kochen kann man am Ende nur mit den besten Zutaten. Dass dies teuer sein kann und viele das nicht mehr zu schätzen wissen, hat ihn dazu bewogen, in Zukunft mit weniger Aufwand, aber auf keinen Fall schlechter zu kochen.

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