So wohnt Düsseldorf Hier trifft Dorf auf Stadt

Düsseldorf · In einem Eckhaus in Heerdt verbinden die Dachgeschosswohnungen den Charme der Vergangenheit mit modernem Komfort. Der neue Teil unserer Serie „So wohnt Düsseldorf“.

 Lichtdurchflutet: Die neue Dachgeschosswohnung wurde von der Architektin Julia Vossenberg konzipiert. Um Platz zu sparen, ließ sie die Treppe zum Spitzboden in den Wohnraum ragen.

Lichtdurchflutet: Die neue Dachgeschosswohnung wurde von der Architektin Julia Vossenberg konzipiert. Um Platz zu sparen, ließ sie die Treppe zum Spitzboden in den Wohnraum ragen.

Foto: Hans-Juergen Bauer (hjba)

Hier trifft das Kleinteilige auf das Große. Die gewachsene Nachbarschaft auf die neuen Bürowelten. Das Dörfliche auf das Städtische. Die Viersener Straße in Heerdt ist ein einzigartiges Stück Düsseldorf, denn ihre über 100 Jahre alten Siedlungshäuser behaupten sich im Schatten des neuen Vodafone-Campus. Und eines sticht aus dem Ensemble deutlich heraus: Das weiße Eckhaus mit seinen Sprossenfenstern, der verschachtelten Dachkonstruktion, den Giebeln – und dem Café Freund im Erdgeschoss. Das ist mit seiner bemalten Decke längst eine Institution, wo die beiden Welten bei Hackbraten oder Gemüselasagne aufeinandertreffen.

 In diesem Café war der heutige Hausbesitzer mal zu einer Party eingeladen. Hat dann erfahren, dass das Haus zu verkaufen war –und zugegriffen. Das war 2012. Seine Mieter wohnen teils schon seit langer Zeit an dieser Ecke, haben die Veränderungen miterlebt, die lange Bauzeit des Vodafone-Campus und teilen die Erfahrung, plötzlich 5000 neue Nachbarn zu haben. Vier der insgesamt sieben Wohnungen wurden mittlerweile renoviert. Was heißt: renoviert? Drei Dachgeschosswohnungen über jeweils zwei Etagen sind in der obersten Etage mit dem darüber liegenden Spitzboden komplett neu entstanden.

 Markanter Eckpunkt an der Viersener Straße: Das weiße Haus mit seinem Café im Erdgeschoss und seinen schwarzen Markisen ist ein Treffpunkt für das gesamte Viertel – auch für die neue Nachbarschaft.

Markanter Eckpunkt an der Viersener Straße: Das weiße Haus mit seinem Café im Erdgeschoss und seinen schwarzen Markisen ist ein Treffpunkt für das gesamte Viertel – auch für die neue Nachbarschaft.

Foto: Hans-Juergen Bauer (hjba)

 Auf einer Fotodokumentation der Architektin Julia Vossenberg lässt sich das Abenteuer nachvollziehen, „als der alte Dachstuhl abgetragen wurde und das Haus vorübergehend nur von einer Notabdichtung geschützt war.“ Im Winter. Dann, ausgerechnet an einem Sonntag, wurde Düsseldorf von heftigem Schneefall unter eine weiße Decke gehüllt, die Dachplane hielt den Schneemassen nicht stand, Wasser drang ins Haus, floss durchs Treppenhaus. Schließlich gelang es der Feuerwehr, die Notabdichtung wieder zu befestigen. Heute ist das alles Schnee von gestern und nur noch eine Anekdote aus der Bauzeit.

Schon der Eingang (hoch und schmal, aus schwarzem Holz mit Sprossenfenstern) und dann das Treppenhaus setzen ein deutliches Zeichen, dass hier mit Geschmack die alte Substanz mit neuen Elementen verbunden und dabei auf die Wirkung der Kombination von Schwarz und Weiß vertraut wurde. Erhalten blieb der Terrazzo-Fußboden, der sich auch noch in den Nachbarhäusern finden lässt, was nicht verwunderlich ist. Denn vor 100 Jahren gründeten Heerdter Bürger einen Bausparverein, um gemeinsam eine Siedlung mit hübschen Häusern (jeweils 60 Quadratmetern auf drei Etagen) zu bauen. Alle Grundrisse ähnelten einander, alle Häuser hatten Gemüsegärten und Kaninchenställe, Terrazzoböden in den Treppenhäusern und Holzdielen in den Wohnräumen. Nur die Fassaden zeugen heute von den unterschiedlichen Vorlieben ihrer Besitzer und leuchten in Pistaziengrün, Gelb und Himmelblau. Oder eben in Weiß und Schwarz – wie bei dem Eckhaus.

 Die Farben Weiß und Schwarz prägen auch das renovierte Treppenhaus.

Die Farben Weiß und Schwarz prägen auch das renovierte Treppenhaus.

Foto: Hans-Juergen Bauer (hjba)

Die drei neuen Wohnungen unterm Dach verbinden den Charme der Vergangenheit mit modernem Komfort – dazu zählen auch die neuen Holzfenster, die nach alten Plänen angefertigt wurden. In der mittleren Maisonette (mit 78 Quadratmetern) wohnen seit September Jannis und Lisa, ein junges Paar, das die Vor-Vodafone-Zeiten nicht miterlebt hat und sich von dem turbulenten Campus auch keineswegs beeinträchtigt fühlt. Im Gegenteil.

Die ehemals kleinen Zimmerchen, öffnete die Architektin zu einem großen Wohnraum (mit Küche und Terrasse davor), der von zwei Seiten von Licht durchflutet wird. Eine geschwungene Treppe führt zum Schlafzimmer im ehemaligen Spitzboden, wo man schnell lernt, rechtzeitig den Kopf einzuziehen. In den extremen Schrägen ist Platz für kleine Einbauschränke und ein dreieckiges Bücherregal – neben einem ovalen Fenster, wieder so ein Relikt aus der Vergangenheit, das nicht durch eine praktischere, neue Variante ersetzt wurde. Auch drei alte Holzbalken wurden bei den Umbauarbeiten gerettet und setzen nun einen markanten Akzent an der Decke über den modernen grauen Sofas, die sich Lisa und Jannis ausgesucht haben.

Nicht zuletzt wegen solcher Details hat sich das Paar für diese Wohnung entschieden – die in allem das Gegenteil ist von den modernen, rechteckigen Wohnboxen, die heute oft üblich sind.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort