Düsseldorf DRK fordert Strategie gegen Pflegeengpass

Düsseldorf · Ambulant vor stationär: Das geht oft, aber nicht immer. Düsseldorf braucht bis 2025 rund 1400 stationäre Heimplätze mehr. Das Rote Kreuz sieht keine Chance, diese Plätze zu schaffen und verlangt neue Strategien - auch von der Stadt.

Der Druck auf das Land NRW, einen drohenden Engpass in der stationären Pflege der Landeshauptstadt zu verhindern, wächst. "Stationäre Pflege bleibt notwendig, auch wenn wir ambulante Angebote konsequent weiter ausbauen", sagt der Geschäftsführer des Deutschen Roten Kreuzes (DRK), Stefan Fischer. "Wir brauchen kreative Lösungen. Gesetze und Verordnungen auf Landesebene müssen die besondere Situation in Ballungsräumen berücksichtigen und Metropolen wie Düsseldorf Spielräume lassen", fordert Fischer. Außerdem will der Manager der Hilfsorganisation bei zukunftsfähigen Lösungen auch die Stadt mit ins Boot nehmen. "Sie könnte beispielsweise Grundstücke für 100 oder 150 Euro statt für 600 Euro pro Quadratmeter zweckgebunden verkaufen, um Organisationen wie unserer auch künftig die Finanzierung neuer Heime zu ermöglichen."

Hintergrund für Fischers Überlegungen sind die seit Jahren auf Landesebene verhandelten Entwürfe für ein neues Pflegerecht ("Gepa"). Das Modell einer möglichst inklusiven Gesellschaft vor Augen zielt es darauf, die Zahl der stationären Kapazitäten zugunsten einer weitgehend ambulanten Versorgung zu verringern. Was in vielen Teilen des Landes machbar erscheint, trifft jedoch für Düsseldorf nicht zu. Die Bevölkerung - einschließlich der Betagten und Hochbetagten - wächst, die Zahl pflegender Angehöriger sinkt, weil Kinder beruflich mobil sein müssen und weil Politik und Gesellschaft zunehmend auf die lebenslang erwerbstätige Frau setzen.

Der Hebel, über den das Land stationäre Plätze reduzieren möchte, ist die Finanzierung. "Bei Neubauten läuft es derzeit auf eine zweiprozentige Abschreibung hinaus. Übersetzt heißt das, wir müssten ein Heim 50 Jahre nutzen. Aber genau das funktioniert nicht", sagt Fischer. Unterstützt werden er und die Vertreter anderer Heimträger vom städtischen Sozialdezernenten Burkhard Hintzsche. Auch er warnt vor fehlenden Kapazitäten und hat diese Position jüngst bei einer Anhörung im Landtag nochmals verdeutlicht. Seine Rechnung: Zu den 5100 Heimplätzen im Stadtgebiet müssen bis 2025 rund 1200 Plätze hinzukommen, um den Bedarf zu decken. Hinzu kommen knapp 200 Plätze, die durch die vorgeschriebene Erhöhung der Einzelzimmerquote auf mindestens 80 Prozent beim Umbau bestehender Einrichtungen verloren gehen.

Vor diesem Hintergrund übt die CDU im Rat harsche Kritik am möglichen künftigen Ampel-Bündnis aus SPD, Grünen und FDP. In der letzten Ratssitzung wollten die Christdemokraten mit Hilfe eines Antrags zusätzlich Druck auf die Landesregierung ausüben. Doch die mögliche neue Mehrheit hatte das Ansinnen in die städtische Pflegekonferenz verwiesen. "Diese Verschleppungstaktik ist ein verheerendes Signal für die Menschen, die auf einen Platz warten", ärgert sich Ratsherr Olaf Lehne, Vorsitzender im Gesundheitsausschuss. Der Rat hätte handeln und eine klare Botschaft an die Regierung senden müssen, damit die geplante Verordnung zum Alten- und Pflegegesetz nicht kommt. "Den Heimen läuft die Zeit weg. Wir können keine Warteschleife in der Pflegekonferenz drehen", sagt der CDU-Politiker. Seiner Einschätzung nach wird das Land die neue Verordnung bereits am 1. oder 2. Oktober beschließen.

Auf einen Schwenk in letzter Minute hofft auch DRK-Chef Fischer: "Sonst müssen wir in ein paar Jahren Düsseldorfer nach Duisburg oder in den Kreis Mettmann schicken, weil wir hier keine ausreichenden Kapazitäten anbieten können."

(RP)
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