Theaterpädagogisches Projekt Dieses Theater macht Kinder stark

Düsseldorf · Jetzt ist es wissenschaftlich belegt: Das theaterpädagogische Projekt "Mein Körper gehört mir", das seit zehn Jahren in Düsseldorfer Grundschulen inszeniert wird, kann vor sexuellem Missbrauch schützen. Eine Studie der Heine-Universität bestätigt: Die Kleinen haben das Neinsagen gelernt.

 Spielerisch lernen die Kleinen, Nein zu sagen. Jetzt belegt die Studie: Sie vergessen es auch nicht wieder.

Spielerisch lernen die Kleinen, Nein zu sagen. Jetzt belegt die Studie: Sie vergessen es auch nicht wieder.

Foto: RP/Dackweiler

In der Kriminalitätsvorbeugung gibt es nicht viele Erfolgserlebnisse. "Wir erfahren nie, wie viele Straftaten wir durch Prävention verhindert haben," sagte Polizeipräsident Herbert Schenkelberg. Umso mehr freut er sich mit Kriminalhauptkommissarin Martina Geyer über das Ergebnis einer Studie der Heine-Universität.

Psychosomatiker Johannes Kruse und Kinderpsychiaterin Ulrike Bowi haben 400 Düsseldorfer Grundschüler, bei denen "Mein Körper gehört mir" auf dem Lehrplan stand, befragt. "Alle haben das Problem des sexuellen Missbrauch begriffen, auch verstanden, dass solche Übergriffe niemals Schuld des Kindes sind. Sie haben verinnerlicht, wie sie sich gar nicht erst in Gefahr bringen", berichtet Kruse.

An 70 Prozent der 86 Düsseldorfer Grundschulen wird das Stück der theaterpädagogischen Werkstatt Osnabrück inzwischen regelmäßig für die Dritt- und Viertklässler aufgeführt. Seit 2001 unterstützt die Polizei das Projekt, weil Martina Geyer "von Anfang an das Gefühl hatte, das kann funktionieren".

Das Konzept der Theaterpädagogen Anna Pallas und Reinhard Gesse macht altersgerecht auf das Thema Missbrauch aufmerksam, ohne Kinder zu verängstigen. Und es gibt den Kleinen Handlungssicherheit durch die "drei Nein-Fragen". Die sollen sich Kinder stellen, wenn etwa ein Fremder sie einlädt: Habe ich ein gutes Gefühl? Wissen die Eltern, wo ich bin? Bekomme ich Hilfe, wenn ich sie brauche? - Ein Nein auf eine dieser Fragen sollte auch das Nein zur Einladung bedeuten.

Im Theaterprojekt bringen sich die Kinder selbst ein, es wird diskutiert und gesungen. Die Drittklässler lernen dabei, gute und schlechte Geheimnissen zu unterscheiden, entwickeln Selbstbewusstsein und fühlen sich sicherer. Das hat Professor Kruse übrigens nicht bloß durch die Befragung erfahren. Als er seine eigenen Kinder auf das Theaterprojekt ansprach, konnten die sich - fünf Jahre danach - nicht bloß an die Nein-Fragen, sondern auch an die "Nummer gegen Kummer" (08001110333) erinnern, das Krisentelefon für Kinder, das die Theatermacher ihrem Publikum für Notfälle empfehlen.

Auch die Eltern wurden von den Uni-Ärzten befragt. "95 Prozent sprachen sich für eine Fortsetzung aus." Auch an den nicht teilnehmenden Schulen sei das Interesse bei Eltern und Lehrern groß. Dass die Integration des Theaterprojekts in den Unterricht ein bisschen Engagement erfordere, könnte einer der Gründe sein, warum auch nach zehn Jahren nicht alle Schulen mitmachen. "Manche sind nach Schulleiter-Wechsel abgesprungen, andere haben angeblich das Geld nicht", berichtete Martina Geyer.

Am Geld, bot Herbert Schenkelberg spontan an, dürfe das Projekt nicht scheitern: "Diese Schulen sollen sich melden, wir klären das."

(RP)
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