So wohnt Düsseldorf Dieses Haus kam übers Dach geflogen

Düsseldorf · Ein Architektenpaar hat seine Vision von einer ökologischen Lebensweise in einem Hinterhof in Oberbilk verwirklicht: in einem Holzhaus mit geringem Energieverbrauch.

 Hier treffen Passion und Profession zusammen: Jörg Wollenweber steht vor seinem Holzhaus in einem stillen Oberbilker Hinterhof - er ist Professor für Holzbauweise an der Uni Aachen.

Hier treffen Passion und Profession zusammen: Jörg Wollenweber steht vor seinem Holzhaus in einem stillen Oberbilker Hinterhof - er ist Professor für Holzbauweise an der Uni Aachen.

Foto: Hans-Juergen Bauer

Ein Paar hat eine Vision: Es möchte mit seinen drei Kindern umweltbewusst leben. Dazu zählt für die beiden Architekten Katrin und Jörg Wollenweber, unbedingt zentral zu wohnen, um alle Wege mit dem Fahrrad oder mit öffentlichen Verkehrsmitteln erledigen zu können. Außerdem sollte das Wunschhaus aus Holz gebaut sein - mit gesundem Raumklima und geringem Energieverbrauch. Idealerweise in einem Hinterhof, der von den Geräuschen der Großstadt durch die Bebauung rundherum geschützt ist. Und Arbeit und Wohnen sollte möglichst nah beieinander sein, wegen der kurzen Wege und um mehr Zeit für die Familie zu haben. Sie fanden das alles mitten in Oberbilk - ein Glücksfall.

Zunächst suchten sie nur ein Büro und mieteten 2006 die Räume einer ehemaligen Metzgerei an der Kirchstraße. Während sie an ihren Schreibtischen saßen, blickten sie geradewegs in einen ungenutzten Hinterhof und auf die alte Räucherei, die schon seit Jahren mehr und mehr verfiel. Allmählich keimte die Idee, genau an diesem Ort ein Haus für ihre wachsende Familie zu bauen. "Arbeiten und wohnen in unmittelbarer Nachbarschaft bedeutete, gerade als die Kinder noch kleiner waren, dass sie mal eben ins Büro kommen konnten", so Jörg Wollenweber.

 Ein Raum mit perfekter Aufteilung: Die Rückenlehne der Bank am Esstisch ist gleichzeitig Begrenzung zur offenen Küche.

Ein Raum mit perfekter Aufteilung: Die Rückenlehne der Bank am Esstisch ist gleichzeitig Begrenzung zur offenen Küche.

Foto: Hans-Juergen Bauer

Doch bevor sie vor sieben Jahren ihren Plan verwirklichen konnten, mussten sie erst mal eine Herausforderung meistern. Das Grundstück war an drei Seiten von Mauern begrenzt und nur rund 100 Quadratmeter groß. Die Lösung: ein Haus in L-Form mit einem Patio, fünf versetzten Wohnebenen und einer Dachterrasse. Insgesamt 150 Quadratmeter Wohnfläche für fünf Menschen, "das ist nicht gerade üppig". Dass dieses Haus trotzdem geräumig und luftig wirkt, liegt vor allem daran, dass der offene Wohnraum teils über die gesamte Haushöhe von fünf Metern zum Innenhof verglast ist.

Und an der geschickten Aufteilung, die durch Details überzeugt: So steht am Esstisch eine familientaugliche Bank, deren Rückenlehne gleichzeitig die halbhohe Begrenzung zur offenen Küche ist - Sichtschutz inklusive. Über diesem Essplatz öffnet sich eine Galerie, mit einem langen Arbeitstisch und viel Platz zum Spielen, der auch schnell zum Matratzenlager umgebaut werden kann, wenn Freunde der Kinder zum Übernachten kommen - denn deren drei Zimmer sind nur jeweils 14 Quadratmeter groß.

 Wandschlitz mit Funktion: So kann ein Handlauf im Treppenhaus sein.

Wandschlitz mit Funktion: So kann ein Handlauf im Treppenhaus sein.

Foto: Hans-Juergen Bauer

Dass sich das Architekten-Paar für eine Holzkonstruktion entschied, hat einen doppelten Grund: Vorliebe und Profession. Jörg Wollenweber ist Professor für Holzbauweise an der Fachhochschule Aachen, er kennt die Vorzüge dieses nachwachsenden Rohstoffs. "Außerdem mussten wir die vorgefertigten Bauteile mit einem Kran über das Dach des Vorderhauses in den Hinterhof hieven, über 20 Meter hoch. Das wäre mit Betonfertigteilen schlicht nicht praktikabel gewesen."

Die Rekordbauzeit auch nicht: Nach zwei Tagen stand der Rohbau mit der Holzrahmenkonstruktion, nach acht Monaten war das komplette Gebäude fertig.

Steigt man dem Haus aufs Dach, trifft man dort auf zweierlei Besonderheiten: Gemüsebeete in Kisten und die Photovoltaikanlage, die eine Wärmepumpe für Warmwasser und Heizung speist. Rein rechnerisch gesehen ist das Haus autark, könnte sich energetisch komplett selbst versorgen, tatsächlich müssen seine Besitzer die erzeugte Energie jedoch in den Kreislauf der Stadtwerke einspeisen.

Die Fassade aus Lärchenholz hat in den vergangenen sieben Jahren schon reichlich Patina angesetzt, an der Südseite mehr, dort hat sie sich stark verdunkelt, an der Nordseite weniger, dort zeigt die Lärche fast noch ihren einstigen rötlichen Ton. Sie wurde mit einer zusätzlichen Holzdämmung verstärkt, sorgt im Winter für Lichtdurchlässigkeit und im Sommer für einen optimalen Sonnenschutz.

Mit seinen ökologischen Materialien und der umweltfreundlichen Haustechnik entspricht das Haus heute exakt den Vorstellungen seiner Bewohner. Die sind gerade mit dem nächsten Plan beschäftigt: Im Patio, dort, wo bereits ein Apfelbäumchen wächst, sollen bald hängende Gärten an den Wänden gedeihen - zur Stärkung des grünen Alltagsgefühls.

(RP)
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