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Düsseldorf Die Zahl der armen Alten steigt

Düsseldorf · Aktuell sichern mehr als 10.000 Düsseldorfer ihren Lebensunterhalt über die Grundsicherung. Drei Viertel von ihnen sind Rentner. Vor allem Frauen sind betroffen. Angebote in den Zentren plus mildern die Folgen des knappen Geldes.

 Ina Dargelis muss mit rund 850 Euro im Monat auskommen. Einen Besuch im Naturkundemuseum am Benrather Schloss kann sie sich nicht leisten.

Ina Dargelis muss mit rund 850 Euro im Monat auskommen. Einen Besuch im Naturkundemuseum am Benrather Schloss kann sie sich nicht leisten.

Foto: A. Bretz

Immer mehr Düsseldorfer kommen im Alter mit ihren Einkünften nicht aus. Bezogen im Jahr 2008 gut 7900 Männer und Frauen die so genannte Grundsicherung, also Geldleistungen vom Sozialamt, sind es aktuell 10.454. Drei Viertel der Bezieher sind Rentner ab 65 Jahre. Der Rest kann wegen Erwerbsminderung nicht mehr voll verdienen. "Das ist ein Anstieg um ein Drittel. Jedes Jahr werden es mehr Menschen", sagt Sozialamtsleiter Roland Buschhausen, der das Ganze als bundesweite Entwicklung deutet. Die Menschen würden immer älter, die Lebenshaltung in Ballungsräumen immer aufwendiger. "Die Situation in Düsseldorf ist nicht anders als die in Köln." Rund 76 Millionen Euro wendet die Landeshauptstadt jährlich für die Grundsicherung auf.

Die offizielle Zahl ist nur die Spitze des Eisberges. "Zu uns kommen viele Menschen, die erst gar keinen Antrag stellen oder die knapp über dem Grundsicherungsniveau liegen", sagt Margit Risthaus, die im Benrather Zentrum plus der Diakonie Ältere mit wenig Geld berät.

Menschen wie Ina Dargelis. Mit knapp 850 Euro Rente muss die 69-Jährige nach Abzug von Kranken- und Pflegeversicherung auskommen. Allein Miete, Nebenkosten und Telefon schlagen bei ihr mit rund 500 Euro zu Buche. Hoffnungen auf Wohngeld und Grundsicherung machte man ihr beim Amt nicht. "Ich gehe arbeiten, mache Telefondienste, weil das Geld einfach nicht reicht. Wer weiß, wie lange ich das noch kann", sagt sie. Dass es einmal so weit kommt, hat die passionierte Gedichteschreiberin früher nicht für möglich gehalten. Immerhin hat sie Abitur, arbeitete lange als Sekretärin. Doch die Scheidung von einem verschuldeten Mann, Krankheiten und der Verlust des festen Jobs mit Mitte 50 führten die Benratherin in das, was Sozialforscher "Altersarmut" nennen.

Tatsächlich ist das Gesicht der Armut im Alter überwiegend weiblich. "Wer zwei oder drei Kinder erzogen, länger nicht gearbeitet hat und deshalb mit einer kleinen Witwenrente auskommen muss, hat kaum Spielräume", meint Georg Peters, der bei der Caritas die Zentren plus koordiniert. Ein Drittel aller Beratungen in den Zentren drehen sich inzwischen um die finanzielle Existenzsicherung, weiß der Fachmann.

"Immer mehr Menschen arbeiten bis sie fast 80 Jahre alt sind, um sich mal ein Stück Kuchen im Café oder einen kleinen Ausflug leisten zu können", sagt Tanja Sowinski, die für die Caritas das Zentrum plus in Wersten leitet. Theater, Kino, Friseur, eine schicke Bluse: Viele ihrer Besucher mit weniger als 1000 Euro Rente verkneifen sich solche "Extras". "Nicht selten endet der fortschreitende Rückzug aus sozialen Kontakten und kulturellen Aktivitäten in Einsamkeit", weiß Sowinski.

Eine Möglichkeit, mehr Geld im Portemonnaie zu behalten, sind Essensausgaben wie beispielsweise die Benrather Tüte. Jeden Dienstag erhalten Bedürftige dort Lebensmittel. Dafür, dass soziale Kontakte nicht am Geld scheitern, sorgen Projekte wie "Alde Weschtener op Jück". "25 Teilnehmer werden dort von 25 Ehrenamtlern begleitet. Nach einem gemeinsamen Frühstück geht es zur Müngstener Brücke oder in den Krefelder Zoo", sagt Sowinski. Und für bestimmte Kurse zahlten diejenigen, die knapp bei Kasse seien, weniger oder nichts.

Für mehr Teilhabe sorgen auch ehrenamtliche Initiativen wie die Seniorenkonzerte der Bürgerstiftung oder gesponserte Einladungen in Brauhäuser. Trotzdem bleiben Wünsche offen. "Mein Traum wäre mal ins Musical oder ins Museum zu gehen, doch realistisch ist das leider nicht", sagt Ina Dargelis.

(RP)
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