Düsseldorf Die weiße Frau im Schlossturm

Düsseldorf · Morgen ist Walpurgisnacht - die Nacht, in der Hexen auf dem Blocksberg gespukt haben sollen. Die wohl bekannteste Gruselgeschichte Düsseldorfs ist die von Jakobe von Baden, deren Geist im Schlossturm spukt. Jan Wucherpfennig hat im Buch "Hexen, Henker und Halunken" den geschichtlichen Hintergrund dokumentiert.

Jakobe von Baden, die Weiße Frau von Düsseldorf, wird am 16. Januar 1558 geboren. Ihr Vater ist Markgraf Philibert von Baden, ihre Mutter Mechtild von Bayern. Als Jakobe sieben Jahre alt ist, stirbt ihre Mutter, vier Jahre später fällt ihr Vater bei der Hugenottenschlacht von Moncontour. Daraufhin wächst Jakobe am Hof ihres Onkels, Herzog Albrecht von Bayern in München auf. Obwohl ihr Vater konvertiert war, wird das Mädchen im katholischen Glauben erzogen. Sie verliebt sich in den Grafen Philipp vom Manderscheid-Blankenheim zu Gerolstein, und wird auch von ihm geliebt, der sie folgendermaßen beschreibt: "Euch goldgelben Haare, Euch diamanten Augen! Niemand sie malen kann so schön mit der Hand! Wie Rubine so fein sind ihre Lippen!"

Aber der junge Mann, der von allen nur Hans genannt wird, ist keine angemessene Partie für die Prinzessin. So kommt es, dass ihr Onkel die junge Frau an den Düsseldorfer Hof verheiratet. Als Jakobe davon erfährt, ist sie dermaßen betrübt, dass sie sogar an Selbstmord denkt, wie sie ihrem Geliebten in einem Brief mitteilt: "So sollt Ihr wissen, so wahr mir Gott helff, wann Hertzog Ferdinand noch so viel anhaltet, daß ich Euch nicht will auffgeben, und sollt ich mein Leben darinn lassen, das glaubt mir, so fromm ich von Ehren bin, ich wollt mich eher williglich in den Tod geben. Ich bitt Euch, mein Schatz, Ihr wollt mir bald wieder schreiben, dann ich sonst kein Ruh hab. Euer mit dem Hertzen allzeit gedacht."

In Düsseldorf herrscht Herzog Wilhelm V., genannt der Reiche, über das Land Kleve-Jülich-Berg, Mark und Ravensberg. Dieser sucht eine Frau für seinen Sohn Johann Wilhelm. Der Zweitgeborene hätte eigentlich eine geistliche Laufbahn einschlagen sollen, doch als sein Bruder an den Blattern erkrankt und stirbt, wird er zum Nachfolger seines Vaters. Doch machen sich schon früh Anzeichen einer geistigen Verwirrung bei dem jungen Fürsten bemerkbar. Der Vater verachtet den Sohn und unternimmt nichts, ihn auf seine künftigen Aufgaben vorzubereiten.

Die Hochzeit findet am 16. Juni 1585 statt und dauert acht Tage. Als Jakobes Schwiegervater 1592 stirbt, steht das Land vor dem Chaos. Johann Wilhelm, dessen geistige Verwirrtheit immer mehr offenbar wird, kann das Land nicht regieren. Er steigert sich in Wahnideen, leidet unter schweren Depressionen, Tobsuchtsanfällen und Verfolgungswahn, und muss immer wieder zu seiner und der Sicherheit seiner Umgebung weggeschlossen werden. Statt seiner regieren die Räte, die bereits in den letzten Jahren unter der Herrschaft Wilhelms immer mächtiger geworden sind. Jakobe versucht Einfluss auf die Regierungsgeschäfte zu nehmen. Doch fällt ihr das schwer, von den Räten wird das weder gewollt noch gern gesehen. Dazu kommt, dass ihre Position bei Hofe schwach ist, da ihre Ehe bis dahin kinderlos ist und auch bleiben wird.

Trost findet sie in den Armen des jungen Amtsmannes Jakob von Ophoven und des Junkers von Hall. Als die Schwester Johann Wilhelms, Sybille, davon erfährt, setzt sie alles daran, ihre Schwägerin des Ehebruchs zu überführen. Jakobe wird verhaftet und in einem Zimmer des Schlossturms eingesperrt. Ihr Mann selbst äußert den Wunsch, man möge seine Frau "abschaffen". Und tatsächlich, am Morgen des 3. Septembers 1597 findet man die Fürstin tot in dem Zimmer, erdrosselt. Jakobes Umfeld bemüht sich, erfolgreich die Todesumstände zu vertuschen. Alles, was auf den augenscheinlichen Mord hinweist, wird vernichtet, der Mörder nie gefasst.

Es findet eine rasche Begräbniszeremonie in der Kreuzherrenkirche statt, wo sie auch bestattet wird - ganz entgegen der Tradition, die Angehörigen des Herrscherhauses in der Kirche St. Lambertus zu beerdigen. Auch im alten Schloss zu Angermund, der sogenannten Kellnerei, soll Jakobe immer wieder zu sehen sein. Von Kopf bis Fuß in weiße Gewänder gehüllt, trägt sie im Mund einen funkensprühenden Schlüsselbund. Immer wenn sie erscheint, soll etwas Besonderes geschehen: Mächtige Männer sterben, Kinder werden geboren, die Besonderes leisten werden, oder aber dem Land Berg stehen schwere Zeiten bevor. Jakobe hatte als Herzogin das Schloss bei ihren Jagdausflügen nach Angermund aufgesucht und dort am St.-Georgs-Altar der Schlosskapelle gebetet. Auf ihr Betreiben hin wurde der Freiheit Angermund durch den Herzog das Privileg gewährt, Jahr- und Wochenmärkte abzuhalten.

Aber vielleicht ist es gar nicht Jakobe, die im Schlossturm ihr Unwesen treibt. Ihre Schwägerin Sybille heiratet - nach dem Tod Jakobes - im Alter von 44 Jahren 1601 ihren Cousin, den Markgrafen Karl von Burgau, und residiert mit ihm in Günzburg. Nachdem ihr Mann stirbt, unterhält die kinderlose Markgräfin einen feudalen Hofstaat und fördert großzügig lokale Musiker. Nach ihrem Tod 1628 soll sie, von Gewissensbissen über die Ermordung ihrer Schwägerin gepeinigt, aus Verzweiflung vom Schloss in den Rhein gesprungen sein. Seitdem ist sie verdammt, in den Räumen des alten Schlosses zu spuken. Nicht Jakobe selbst, sondern sie soll es sein, die dort mit dem abgeschlagenen Haupt der Ermordeten unter dem Arme nächtlich umherwandelt - so berichten zumindest Gerhard Oswald und Wilhelm Kleeblatt.

(RP)
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