Serie: Starke Polit-Frauen Die Vertraute der Kanzlerin

Düsseldorf · Sie ist jung, sie ist Mutter und sie hat eine Bilderbuch-Karriere hingelegt: Die Düsseldorferin Hildegard Müller (CDU) ist Staatsministerin im Kanzleramt. Die 40-Jährige war aber auch im Beruf erfolgreich, bevor sie sich ganz für die Politik entschied.

 Kind und Karriere? Für Staatsministerin Hildegard Müller (CDU) ist das selbstverständlich.

Kind und Karriere? Für Staatsministerin Hildegard Müller (CDU) ist das selbstverständlich.

Foto: RP/Andreas Bretz

Das Wasser schwappt in trägem Rhythmus gegen die Kieselsteine, dazu weht eine sommerliche Brise. Schließt man die Augen, ist es fast wie am Meer. Abendstimmung am Rheinufer in Kaiserswerth. "Ich kenne hier jeden Stein", sagt Hildegard Müller. Hier ist sie aufgewachsen, hier lebt sie, wenn sie in Düsseldorf ist, hier besuchte sie das Suitbertus-Gymnasium. Damals noch eine reine Mädchenschule, aber prägend für ihre Karriere, die mit dem Amt der Staatsministerin von Kanzlerin Angela Merkel ihren Höhepunkt erreicht hat. Vorläufig. Denn Hildegard Müller, so Kenner der Berliner Polit-Szene, hat das Zeug zur Fachministerin.

Alles fing 1982 an. Als die Bundesregierung in Bonn die Wende von Rot-Gelb zu Schwarz-Gelb machte, begann sich einige Dutzend Kilometer rheinabwärts ein Teenager für Politik zu interessieren. "Wir haben mit unserem Lehrer viel diskutiert über die Wende und den Nato-Doppelbeschluss", erinnert sich Müller. Zu Hause, bei ihren Eltern und den drei älteren Geschwistern, war Politik kein Thema. Und so nutzte Müller den Wahlkampf 1983, um sich zu informieren und zu entscheiden, wofür ihr Herz schlug. Es war die CDU, die das in der katholischen Kirche verwurzelte Mädchen überzeugte. Die 16-Jährige trat in die Junge Union (JU) ein.

"Ich war ein schüchternes Kind", sagt Hildegard Müller, "den Mut, den Mund aufzureißen, habe ich erst nach und nach entwickelt." Jetzt hat das Magazin "Impulse" die 40-Jährige in seiner aktuellen Ausgabe auf Platz eins der besten Wirtschaftspolitiker unter 45 gekürt - nach einer Umfrage unter Wirtschaftsverbänden. Das macht sie auch für die freie Wirtschaft interessant. Immer wieder fällt Müllers Name, wenn es um den zu besetzenden Geschäftsführer-Posten des Industrieverbands BDI geht. "Mit mir hat niemand gesprochen", sagt sie, wenn man danach fragt.

Der Biergarten des Gasthauses "Alte Rheinfähre" - hier hat die Staatsministerin mit Anfang 20 als Bedienung gejobbt. Und fürs Leben gelernt: "Seitdem kann ich perfekt über Leute hinwegsehen." Die hohen Absätze stören, Müller zieht spontan die Schuhe aus und läuft barfuß über den Feldweg am Rhein. "Ich habe immer die Chancen genutzt, die sich mir boten", sagt sie. So wie 1994, als sie eigentlich für den JU-Landesvorstand kandidieren wollte, aber der Bundesvorstand noch eine Frau suchte. Am Morgen hatte die 27-Jährige die mündliche Prüfung im BWL-Studium abgelegt, abends war sie Mitglied im Bundesvorstand der JU.

Solche Parallelen zwischen Politik und Beruf gab es viele: Nach dem Studium fing sie bei der Dresdner Bank an. Als Hildegard Müller 1998 JU-Bundeschefin wurde, übernahm sie auch bei der Bank eine Führungsposition, leitete die Abteilung für Qualitätsmanagement. "Ich habe beide Seiten als positives Spannungsfeld empfunden. Ohne das eine wäre ich im anderen nie so weit gekommen." Als Wolfgang Schulhoff 2002 sein Bundestagsmandat abgab, musste sie sich entscheiden: Müller wählte Berlin, schaffte es über die Liste. 2005 holte sie ihren Wahlkreis direkt.

Rund ein Jahr später folgte der Ruf ins Kanzleramt. Wieder eine dieser Chancen - und Müller griff zu. Die Kanzlerin kennt sie noch aus Zeiten, als sie JU-Chefin und Angela Merkel CDU-Generalsekretärin war. Sie duzen sich und pflegen ein "gutes Arbeits- und Vertrauensverhältnis". "Mein Job ist, verlässlich und in den Themen zu sein", sagt Müller. Ihre Themen sind all jene an der Schnittstelle zwischen Bund und Ländern, aber auch Bürokratieabbau. Merkel war auch die erste in Berlin, die von Müllers Schwangerschaft erfuhr - nur wenige Monate, nachdem sie Staatsministerin geworden war.

"Den richtigen Zeitpunkt gibt es ja nie", sagt Müller. Töchterchen Sarah ist bald ein Jahr alt. Die Betreuung teilt sich Müller mit Sarahs Papa, Johannes Bickel, der in Heidelberg lebt. Noch bis Ende des Jahres ist sie Staatsministerin in Babypause, der Terminkalender ist dennoch voll. Familie und Beruf - wie ist das zu schaffen? "Mit Ruhe - und mit einem Partner, der mitmacht."

Nächste Folge: Karin Kortmann, SPD-Chefin und Staatssekretärin im Bundesentwicklungsministerium

(RP)
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