„Schützenfestschlager“, „weichgespült“ und „volltrunken“ Was Toten-Hosen-Fans an „Feiern im Regen“ nervt

Düsseldorf · Sind sich die Toten Hosen mit ihrem jüngsten Song untreu geworden? Manche Fans scheinen das zu denken. Schaut man in die Kommentare im Netz, liest man viel Kritik für das spezielle musikalische Projekt.

 Die Toten Hosen vor der Düsseldorfer Tonhalle.

Die Toten Hosen vor der Düsseldorfer Tonhalle.

Foto: Bretz, Andreas (abr)

Ist das noch Punk oder kann das weg? So in etwa kann man die Diskussion zusammenfassen, die im Netz über den neuen Song der Toten Hosen geführt wird. Mitte Oktober ist „Feiern im Regen“ erschienen - wohlgemerkt als Single-Auskopplung des Akustik-Albums „Alles ohne Strom“. Allein auf Youtube wurde der Song eine knappe halbe Million mal angeklickt. Mehr als 7000 User klickten auf „Gefällt mir“. Doch die Kommentare darunter sind überwiegend negativ.

„Kaum zu ertragen“, „Schützenfestschlager“, „belanglos und beliebig“, „einlullender Deutsch-Pop“ – vielen Youtube-Nutzern ist der Song offensichtlich zu soft. „Von einer Punkrock-Band mit sozial kritischen Texten und wirklichen Aussagen zu einer weichgespülten Karnevals-Truppe mit Texten für Volltrunkene ohne Brain“, schreibt einer. „Sie wurden zu dem, was sie nie sein wollen. Pure Ironie des Schicksals!“

„Jungs, versteckt euch und den guten Strophentext doch nicht im Gewand dieses Bierbrauereijingles“, rät eine Nutzerin. „Wir wissen doch alle spätestens seit ‚Laune der Natur’ (wieder), dass ihr das besser könnt. Kleiner Tipp: Wenn man die Geschwindigkeit auf x1.25 stellt, wird es etwas besser.“

Ein anderer Nutzer gerät richtig in Rage: „Entschuldigung, liebe Hosen: Ich bin auch stolzer Düsseldorfer, aber: Gerade jetzt wäre es doch mal wieder Zeit, zu Euren Wurzeln zurückzukehren und den Punk wieder aufleben zu lassen - die Welt zerfleischt sich gerade, Nazis werden wieder en vogue - glaubt ihr nicht, dass es für eine Punkband besseres zu besingen gibt als die Heimatstadt?“

Positivere Kommentare auf Instagram

Ähnlich äußern sich einige wenige Follower des Instagram-Accounts der Toten Hosen: „Da kann ich auch kölsche Karnevalsmucke hören!“, schreibt einer. „Sorry, DTH-Fan von Anfang an, aber das geht gar nicht!“ Ein anderer schreibt: “Das schlechteste Lied seit der Battle of the Bands EP, sehen uns trotzdem mehrfach auf Tour. Jeder macht mal Fehler!“

Auf Instagram überwiegen jedoch die positiven Kommentare: „Ich mag‘s, hab‘s im Ohr, ist ein Gute-Laune-Song“, schreibt eine Nutzerin. „Endlich der langersehnte Lovesong mit Happyend“, schreibt eine andere.

Toten Hosen spielen im Uerige-Zelt auf der Rheinkirmes 2017
26 Bilder

Toten Hosen spielen im Uerige-Zelt auf der Rheinkirmes 2017

26 Bilder
Foto: Anne Orthen

Auch auf Youtube gibt es einige positive Kommentare: „Leben heißt Veränderung“, schreibt jemand. „Jedem steht es frei, verschiedene Dinge, Stile, Richtungen auszuprobieren. Und es muss nicht jedem gefallen.“ Ähnlich äußern sich auch andere User: „So what...macht euer Ding! Ich find euch nach wie vor genial und liebenswert“, heißt es, oder: „Ihr hattet Spaß, das sieht man. Darauf kommt es an, dann geht das auf die Fans über. Lasst euch nicht in Schubladen stecken. Ihr seid einfach geil!“

„Feiern im Regen“ - eine Düsseldorf-Hymne mit Trompeten

Der Song polarisiert also. Ausgekoppelt wurde er laut Band, weil er auf Konzerten so gut ankam. Den Text verfasst hat Leadsänger Campino mit Rapper Marteria, die Melodie ist der Band nach eigener Aussage bei den Proben für „Alles ohne Strom“ eingefallen. Als „Beatles in Feierlaune“ beschreibt Campino den Stil des Stücks, das bei einem Konzert in der Tonhalle uraufgeführt wurde.

Akustik-Gitarre, Klavier, Percussion, Trompete, Posaune, Streicher und am Schluss ein Glockenspiel - „Feiern im Regen“ ist reichhaltig instrumentiert. Der Beat stampft mit gemütlichen 90 Schlägen pro Minute. Besonders das Trompetensolo am Schluss erinnert an den Beatles-Song „Penny Lane“. Paul McCartney schrieb damit Erinnerungen an seine Kindheit in Liverpool auf – Campino schreibt übers Feiern in den Düsseldorfer Rheinwiesen: „Wir sind da, alle sind gekommen./Die Luft riecht nach Bob-Marley-Songs./Auf dem Grill, was der Fluss zu bieten hat,/leuchten wie das Riesenrad“, heißt es in der ersten Strophe. Im Refrain wird das „Tanzen im Regen/auf den Rheinwiesen“ besungen. Im dazugehörigen Video stapfen die Hosen im Taucheranzug auf die Rheinwiesen, um dann in roten Zirkusdirektoren-Mänteln eine feuchtfröhliche Grillparty zu feiern.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort