Neuer Vorstand in Düsseldorf gesucht Die Schicksalsfragen der Rheinbahn

Düsseldorf · Das Unternehmen braucht nicht nur einen neuen Chef, sondern auch eine neue Strategie. Die jüngste Krise hat gezeigt, wo die Knackpunkte liegen.

 Die rot-weißen Stadtbahnen aus den 1980er Jahren sind das Herzstück der Flotte – und werden immer unzuverlässiger. Ein Ersatz ist noch nicht einmal bestellt.

Die rot-weißen Stadtbahnen aus den 1980er Jahren sind das Herzstück der Flotte – und werden immer unzuverlässiger. Ein Ersatz ist noch nicht einmal bestellt.

Foto: Rheinbahn

Hinter der Rheinbahn liegen turbulente Monate – und das städtische Verkehrsunternehmen sorgt weiter für Gesprächsbedarf. Schon in einer Woche soll der Aufsichtsrat den Nachfolger für den nach nur zweieinhalb Jahren geschassten Vorstandschefs Michael Clausecker wählen. Dabei geht es nicht nur um eine Personalie, sondern um eine Grundsatzentscheidung: Die Politik muss vorgeben, wie sich die Rheinbahn entwickeln soll – und dafür die richtigen Lehren aus der jüngsten Krise ziehen. Die Streitfragen:

Arbeitet die Rheinbahn besonders wirtschaftlich – oder wurde sie kaputtgespart? Die Düsseldorfer Verkehrsbetriebe wurden über Jahre als unternehmerische Erfolgsgeschichte gepriesen. Vor mehr als zehn Jahren war die Stadttochter umstrukturiert worden. Der Zuschuss, den die Stadt pro Jahr leisten muss, sank von mehr als 110 Millionen auf rund 45 Millionen Euro. Inzwischen stellt sich die Frage, ob auf Kosten des Betriebs gespart wurde – und damit auf Kosten der Fahrgäste: Das Herzstück der ohnehin knappen Hochflur-Flotte, die B80-Wagen, gilt als überaltert, es wurde noch kein Ersatz bestellt. Auch die Senkung des Einstiegsgehalts für Fahrer und der Abschied von Sonderleistungen wie den Betriebswohnungen scheinen sich zu rächen: Geeignete Bewerber sind rar. Ausgerechnet zu einer Zeit, in der die Politik einen Fahrgastzuwachs einfordert, wackelt das Kerngeschäft. Nun geht es um die politische Aufarbeitung – und vor allem um die Frage, welche Konsequenzen folgen.

Macht die Rheinbahn zu wenig aus ihren Möglichkeiten – oder bräuchte die Politik mehr Mut für eine Verkehrswende? Der glücklose Rheinbahn-Chef Michael Clausecker forderte zuletzt öffentlich stärkere Unterstützung der Politik. Und in der Tat: Ohne Mithilfe aus dem Rathaus geht bei der Rheinbahn wenig. Durch eigene Spuren für Busse und Bahnen würde der ÖPNV schneller und zuverlässiger – allerdings auf Kosten der Autofahrer. Und höhere Parkgebühren würden mehr Menschen zum Bus- und Bahnfahren treiben. Düsseldorf ist bislang zurückhaltend mit solchen Eingriffen, die von Umweltaktivisten gefordert werden, vor allem weil die FDP sie im Rathausbündnis mit SPD und Grünen blockiert. Die Autofahrer, so heißt es, sollen ohne Zwang zum Umstieg motiviert werden. Das Problem: Bis jetzt ist von einer Verkehrswende nichts zu sehen, die Zahl der Kfz nimmt weiter zu. Das Ampel-Bündnis muss entscheiden, wie es  reagiert: am Kurs festhalten oder die Rheinbahn stärker bevorzugen?

Beruhigt ein interner Vorstandskandidat das Unternehmen – oder braucht die Rheinbahn frischen Wind? Als Favorit für den Vorstandsposten gilt Michael Richarz. Er leitet seit rund einem Jahr die Stabsstelle Strategie der Rheinbahn. Richarz hat Erfahrung als Geschäftsführer bei der Münchner Verkehrsgesellschaft und als Vorstand bei der Verkehrs-Aktiengesellschaft Nürnberg gesammelt und hatte sich sogar 2015 gegen Clausecker um den Vorstandsposten beworben. Richarz hat einst bei der Rheinbahn seine Karriere begonnen. Wenn er neben Klaus Klar in den Vorstand aufrückt – was vor allem die Arbeitnehmervertreter wünschen –, dann würde die Rheinbahn von zwei Eigengewächsen geführt. Befürworter erhoffen sich eine schnelle Befriedung des Unternehmens, darüber hinaus verfügt Richarz über Erfahrung im Betrieb, könnte also bei den Problemen mit Ausfällen helfen. Andererseits würde ein externer Bewerber einen frischen Blick mitbringen – und hätte vielleicht mehr Mut, festgefahrene Strukturen aufzubrechen. Oberbürgermeister Thomas Geisel (SPD) will mit allen Kandidaten sprechen, die ihm vorgeschlagen werden, mit Richarz soll es schon ein Gespräch gegeben haben.

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