Burkhard Hintzsche und Stephan Keller im Interview „Der Düsseldorfer Rosenmontagszug endet in China“

Düsseldorf · Burkhard Hintzsche lebt in Köln und ist Stadtdirektor von Düsseldorf, bei Stephan Keller ist’s andersrum. Das sorgt für Gesprächsbedarf.

 Die  Stadtdirektoren Stephan Keller (Köln, links) und Burkhard Hintzsche am Burgplatz.

Die  Stadtdirektoren Stephan Keller (Köln, links) und Burkhard Hintzsche am Burgplatz.

Foto: Bretz, Andreas (abr)

Stephan Keller ist als Düsseldorfer Dezernent im Dienst-Mercedes  vorgefahren. Als Stadtdirektor von Köln kommt er nun mit einem Ford. In Köln wie Düsseldorf wird Keller als CDU-Spitzenkandidat bei der Kommunalwahl 2020 gehandelt. Auf seinen Düsseldorfer Kollegen Burkhard Hintzsche dagegen könnte die Kölner SPD kommen. Die rheinischen Metropolen haben also mehr gemeinsam, als viele ahnen. Zum Interview treffen wir die beiden in Hintzsches Büro über dem Goldenen Ring am Burgplatz.

Die wichtigste Frage zuerst – Alt oder Kölsch?

Hintzsche Alt.

Keller Ganz klar: ein kühles Kölsch.

Hintzsche Für mich ist Kölsch ein cooler Softdrink. Immerhin haben beide was Gemeinsames – es sind obergärige Biere. Der Unterschied: Das eine schmeckt, das andere nicht. Alt schmeckt so gut, man kann es den ganzen Tag trinken.

Herr Keller – Sie waren Dezernent in Düsseldorf. Als Sie nach Köln kamen, gab es da schiefe Blicke?

Keller Überhaupt nicht. Die Kölnerinnen und Kölner sind sehr tolerant. Auch gegenüber Düsseldorfern. Dieser angebliche Konflikt zwischen den beiden Städten ist doch in Wahrheit keiner, eher ein herzliches Foppen.

Haben Sie beide schon mal über einen Wohnungstausch nachgedacht?

Beide Nein.

Hintzsche (grinsend) Wir könnten ja mal über einen Arbeitsplatztausch nachdenken, in einem rollierenden System, sozusagen. Oder beide von daheim arbeiten – wäre sicher prima in unserem Job.

Keller Klar – ginge ganz sicher. Die Verwaltung ist ja unabhängig.

Hintzsche (augenzwinkernd) Aber nicht in Köln.

Keller (nun ganz ernst) Dem muss ich natürlich widersprechen.

Hintzsche (nicht ganz so ernst) Tatsache ist doch, dass in Düsseldorf der Einfluss der Politik auf die Verwaltung viel geringer ist als in Köln. Wir können viel mehr selbst gestalten.

Keller In Köln arbeitet die Verwaltung ebenfalls hervorragend. Aber es gibt dort andere Traditionen, das stimmt. Das macht es für die Verwaltung nicht immer leicht, es ist eine ganz andere Kultur.

Herr Hintzsche, nennen Sie doch mal Beispiele für Ihre Aussage.

Hintzsche Bis auf die Dezernate wird bei uns bei der Besetzung von Stellen nicht auf das Parteibuch geachtet. Die Kompetenz entscheidet. In Köln spielt das Parteibuch heute noch immer eine größere Rolle.

Keller Das mag ja mal so gewesen sein – aber in den letzten Jahren hat sich das verändert. Wir haben in den letzten Jahren eine ganze Reihe von Stellen neu besetzt. Maßgeblich war dabei die Fachkompetenz.

In Düsseldorf arbeiten knapp 10.000 Menschen in den Ämtern, in Köln sind es 20.000 – das sind doppelt so viele. Das kann ja nicht darin liegen, dass Köln rund 400.000 Einwohner mehr hat.

Keller Ja, das stimmt. Die Zahl spiegelt nicht die Bevölkerungszahl. Dennoch haben wir in manchen Bereichen eine Personalknappheit. Es ist sicher zutreffend, dass die Leute nicht immer richtig eingesetzt sind. Aber wir arbeiten daran. Tatsache ist aber auch, dass Köln – wie Bonn und Düsseldorf – sehr stark wächst. Wir werden bis 2035 rund 100.000 Menschen hinzu bekommen – das ist fast so viel wie eine kleine Großstadt wie etwa Neuss.

Herr Keller, früher sind Sie in Düsseldorf mit dem Rad am Abend nach Hause gefahren, also vom Rathaus bis Wersten. Machen Sie das heute immer noch – also von Köln nach Düsseldorf?

Keller Ich habe es ein paar Mal gemacht, sozusagen als Hommage an den Grand Depart der Tour de France in Düsseldorf. Da bin ich aber nicht mit dem normalen, sondern mit einem Rennrad gefahren.

Wie lange haben Sie gebraucht?

Keller Anderthalb Stunden.

Herr Keller, gibt es bei Ihnen Neid auf Düsseldorf?

Keller Nein. Höchstens darauf, dass Fortuna in der 1. Liga spielt. Aber der FC spielt auch in der 2. Liga erstklassig.

Werden Sie es feiern, wenn die Fortuna wieder absteigt?

Keller Nein, natürlich nicht. Weil der FC ja wieder aufsteigt, haben wir dann bald wieder ein spannendes Derby.

Wo feiern Sie Karneval?

Hintzsche In Düsseldorf.

Keller In Köln.

Stimmt es, dass zwischen Weiberfastnacht und Aschermittwoch die ganze Stadt lahmgelegt ist?

Keller Na ja – lahmgelegt nicht gerade. Aber der Karneval ist in Köln ein riesiges Volksfest und hält die ganze Stadt in Atem.

Hintzsche Das ist in Düsseldorf anders. Hier arbeiten immer noch sehr viele ganz normal.

Herr Hintzsche, Sie haben eine kleine Wohnung in Düsseldorf. Vermieten Sie die schon mal über Airbnb – Karneval beispielsweise?

Hintzsche Nein. Gerade über Karneval habe ich oft Gäste, die dann bei mir wohnen. Das wird schon mal ein bisschen eng.

Frage an beide – das Lieblingskarnevalslied?

Keller Köln hat so viele gute Karnevalslieder und bringt immer wieder neue herausragende Bands hervor. Ich mag die alten Lieder sehr gerne. Großartig ist zum Beispiel „Unser Stammbaum“, das Lied von den Bläck Fööss, in dem sie Köln als Stadt beschreiben, die schon immer ein Schmelztiegel verschiedener Menschen war. Das beschreibt Köln sehr gut.

Hintzsche Mein Lieblingslied? Ganz klar – „Da schwimmt ein Kölner am Schlossturm vorbei“

Ihr Karnevalskostüm?

Keller Weiß ich noch nicht. Voriges Jahr war ich ein Steam-Punk.

Hintzsche Eine Figur aus Alice im Wunderland. Welche, sag ich noch nicht. Für die Kostümierung finde ich übrigens Weiberfastnacht am schönsten. Der Tag hat so was Unangepasstes.

Bitte eine Einschätzung der beiden Rosenmontagszüge.

Hintzsche Ganz einfach: Der Kölner Zug endet in Köln, der Düsseldorfer vielleicht in den USA und in China, so weit geht die Beachtung. Auffallend ist, dass unsere Mottowagen kaum noch kommunalpolitische Themen thematisieren.

Keller Vielleicht, weil bei Euch nix los ist? Auf jeden Fall ist der Kölner Zug länger als der in Düsseldorf. Bei uns sind die ersten Wagen schon durch, wenn die letzten noch gar nicht gestartet sind. Das heißt, die Kolonne ist länger als der Weg, den sie zurücklegt.

Hintzsche Immerhin geht ihr lockerer mit Wetterphänomen um. Wir haben bei Sturm abgesagt, ihr seid gezogen – und habt Glück gehabt, dass nichts passiert ist.

Damals war Keller noch Ordnungsdezernent in Düsseldorf – beide sind sich einige, dass die Entscheidung abzusagen richtig war, das Risiko war zu hoch. Der Zug wurde im März nachgeholt.

Wer hat die besseren Mottowagen?

Keller Das kann man erst am Rosenmontag entscheiden, wenn wir alle gesehen haben. In Düsseldorf ist der Zug wie ein Theaterstück, das alle anschauen, in Köln wird der Zug selbst gefeiert. Die Mottowagen sind nicht so wichtig wie in Düsseldorf.

Aber dennoch hat das Kölner Festkomitee vor ein paar Jahren versucht, den Düsseldorfer Wagenbauer Jacques Tilly abzuwerben. Warum wohl?

Keller Das Gerücht habe ich auch gehört.

Das ist kein Gerücht. Der Komitee-Chef Christoph Kuckelkorn hat das seinerzeit bestätigt, und Tilly auch.
Herr Hintzsche Ist Ihnen schon mal ein Fauxpas mit dem Begriff „Pittermännchen“ (5-l-Bierfass, Anm. d. Red.) passiert?

Hintzsche Nein. Aber ich hab mal als Wahldüsseldorfer im ersten Jahr den Hoppeditz (Düsseldorf) mit dem Nubbel (Köln) verwechselt.

Keller So lange Du nicht Alaaf mit Helau verwechselst, ist das ok.

Herr Hintzsche, was kann Köln von Düsseldorf lernen?

Hintzsche Grundsätzlich können wir alle voneinander lernen. Und der Austausch der Verwaltungen der beiden Städte ist ja viel intensiver, als die meisten ahnen. Aber Düsseldorf ist sicher vorne bei der stadtpolitischen Dynamik, wir sind einfach schneller im Handeln – beispielsweise bei Schulsanierung und Ausbildung, da stärken wir die Eigenverantwortung der Nutzer. Das ist meines Erachtens in Köln anders.

Keller Das sehe ich nicht so. Beim Thema Schulen haben wir sicher Nachholbedarf, aber die Dynamik ist auch bei uns sehr präsent. Köln profitiert von seiner internationalen Strahlkraft als bekannteste Metropole der Region.

Und was kann Düsseldorf von Köln lernen?

Keller Sicher die Fähigkeit zur Integration und die Lebenskraft der Stadt. Da sind wir besser. Aber wie der Kollege schon sagte – wir sind im engen Austausch und prüfen oft, wer hat für die Probleme das bessere Rezept.

Hintzsche Wir haben es geschafft, eine große Anzahl von Flüchtlingen aufzunehmen, ohne andere Personengruppen zu benachteiligen. An keinem der Standorte für Flüchtlingsunterkünfte gab es nennenswerte Probleme, aber überall gab es anfangs auch Ängste. Wichtig war vor allem, dass wird die Unterkünfte gerecht über die ganze Stadt verteilt haben. Und es freut mich sehr wenn ich sehe, wie die Düsseldorfer sofort reagieren, wenn irgendwo rechtsradikale Parolen auftauchen. Mich hat es sehr gefreut, dass sich die drei OB von Bonn, Düsseldorf und Köln in einer gemeinsamen Erklärung hinter die Seenotrettung von Flüchtlingen gestellt haben. Das war ein gutes Zeichen. Die Geschichte Düsseldorfs ist geprägt vom Zuzug anderer Menschen. Sonst wäre doch aus dem kleinen Dorf niemals eine solche Stadt geworden. Dieses Bewusstsein prägt die Haltung vieler Menschen. Wir leben von der Einwanderung.

Anderes Thema – wer von Ihnen hat den schwierigeren Chef?

Keller - schweigt – und fragt schließlich „Sie halten die Frage aufrecht?“

Ja.

Keller schweigt weiter

Hintzsche (grinsend) Ich habe dieser Frage nichts hinzuzufügen.

Eine Frage an den Sportdezernenten Hintzsche - wie sehr genießen Sie als Kölner die Ruhepause des FC in der 2. Liga?

Keller Von einer Ruhepause kann eigentlich keine Rede sein.

Hintzsche Ich glaube, auch die Fortuna-Fans fänden es am schönsten, wenn beide Mannschaften wieder in der 1. Liga spielten.

Herr Keller, aus Ihrem Düsseldorfer Büro hatten Sie einen großartigen Blick auf den Rhein. Vermissen Sie das?

Keller Nein, der Rhein fließt ja auch durch Köln. Ich kann ihn zwar aus meinem Büro im historischen Rathaus nicht sehen, aber es gibt für mich einen großartigen Ersatz: Der Dom ist ganz nahe. Und wenn am Drei-Königs-Tag oder zu anderen Feiertagen der Klang des Dicken Pitter (die größte, nur zu besonderen Anlässen geläutete Glocke des Doms, Anm. d. Red.) durch die Altstadt dröhnt, ist das sehr beeindruckend.

Treten Sie eigentlich als OB-Kandidat in Düsseldorf an?

Keller Und Herr Hintzsche dann in Köln für die SPD?

Hintzsche lacht

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