Spuren der Düsseldorfer Geschichte Die Stadt und ihre Mauern

Düsseldorf · Bei Bauarbeiten in der Altstadt wurden in den zurückliegenden Jahren des Öfteren Teile der alten Stadtbefestigungen freigelegt. Sie geben ein Bild vom Wachsen Düsseldorfs von einer kleinen Siedlung zu einer bedeutenden Stadt, die durch mächtige Bollwerke geschützt wurde.

 Ein Stück der ältesten Stadtmauer wurde bei Kanalbauarbeiten auf der Ursulinenstraße entdeckt.

Ein Stück der ältesten Stadtmauer wurde bei Kanalbauarbeiten auf der Ursulinenstraße entdeckt.

Foto: Endermann, Andreas

Eine mittelalterliche Stadt braucht eine Mauer zum Schutz. Natürlich auch das Fischerdorf an der Düssel, das Graf Adolf von Berg 1288 nach der Schlacht von Worringen zur Stadt erhob. Die Schutzanlagen waren für die Herrscher umso wichtiger, als Düsseldorf für die Grafen ein wichtiger Zugang zum Rhein und zur Schifffahrt war. Den Verlauf dieser Mauer konnten Historiker mit Hilfe von alten Dokumenten und Schilderungen nachvollziehen. Aber der Boden der Düsseldorfer Altstadt gab lange nicht preis, ob sie mit ihren Annahmen richtig lagen und ob sich Düsseldorf einer gemauerten Schutzwand rühmen durfte oder sich mit einer einfachen, hölzernen Palisadenwand hatte begnügen müssen.

 Grabungsleiterin Iris Reuter und Carsten Soweda untersuchen das Mauerwerk, das im Februar 2011 beim Bau des Kö-Bogens freigelegt wurde.

Grabungsleiterin Iris Reuter und Carsten Soweda untersuchen das Mauerwerk, das im Februar 2011 beim Bau des Kö-Bogens freigelegt wurde.

Foto: Bretz, Andreas

Aber Kanalbauarbeiten in den Altstadtstraßen in den zurückliegenden Monaten brachten Klarheit: Im Untergrund der Lambertusstraße nahe am Lieferplätzchen stießen Bauarbeiter auf Reste einer massiven Ziegelmauer, die nach Machart und Lage eindeutig der ersten Stadtmauer zuzuordnen sind. Die Erkenntnisse bestätigen Funde, die im März 2011 bereits in der Ursulinengasse Ecke Ritterstraße gemacht worden waren. Dort hatten Archäologen ebenfalls Reste der ersten Stadtmauer entdeckt, die aber mit Gewölben des Kreuzherrenklosters verbunden waren.

Für die Forscher brachten die Funde mehr Sicherheit, weil sie die Annahmen über den Verlauf der Befestigungen bestätigten. Diese Kartierung, die der Düsseldorfer Edmund Spohr in einem grundlegenden Werk über die Festungsstadt Düsseldorf angefertigt hat, dient bei Arbeiten im Untergrund auch als Anhaltspunkt, um bei Bauarbeiten sorgfältig vorzugehen und Archäologen einzuschalten. Und das ist den zurückliegenden Jahren häufig der Fall, weil durch den Bau der Wehrhahnlinie, des Kö-Bogens, des Andreasquartiers und die Erweiterung der Kunstsammlung NRW der Untergrund der Stadt gleichsam umgepflügt wurde. Aus den vielen verstreuten Funden ergibt sich jetzt ein zusammenhängendes Bild, das die Erkenntnisse über die Entwicklung untermauert.

Anfangs war Düsseldorf eine kleine, bescheidene Stadt. Sie wurde von der Düssel begrenzt, die erste Mauer zog sich entlang der Liefergasse, Ursulinengasse und Ritterstraße. Die Stadt wurde aber offensichtlich schnell zu eng. Vor allem Handwerker siedelten sich außerhalb der Stadtmauer an. Funde von Keramiköfen und Spuren von Handwerkszeug, die im Bereich des ehemaligen Gerichts zutage gefördert waren, beweisen das. Für die Stadt bedeutete das mehr Sicherheit. "Denn bei den Keramikarbeiten konnten Brände entstehen, die nicht auf die Stadt übergreifen und an der Düssel leichter gelöscht werden konnten", erklärte Cordula Brand, die die Grabungen am Gericht geleitet hat.

Bei der ersten Stadterweiterung Ende des 14. Jahrhunderts wurden diese Häuser mit in die Stadt einbezogen, eine neue Mauer etwa entlang der Ratinger Straße, der Ratinger Mauer, Hunsrücken- und Wallstraße errichtet. Teile wurden bei der Erweiterung der Kunstsammlung NRW entdeckt, ein kleines Stück steht auf dem Josef-Klee-Platz als Erinnerung.

Ab 1614 wurde Düsseldorf zu einer modernen Festungsstadt mit Bastionen, vorgelagerten Contregards und Ravellins ausgebaut. Die Wälle wurden nicht in Kriegen zerstört, sondern Anfang des 19. Jahrhunderts auf Anordnung Napoleons geschleift, stellenweise gesprengt oder nur eingeebnet. Darauf legte Maximilian Weyhe den neuen Teil des Hofgartens, die Kö und auch den Schwanenspiegel an. Ob Reste bei den Tiefbauarbeiten entdeckt werden konnten, "war eine Art Lotteriespiel, weil der Grad der Zerstörung unbekannt ist", sagt Alfred Kupka, der für die Stadt die archäologischen Arbeiten koordiniert. Aber die Archäologen zogen das große Los, stießen am Jan-Wellem Platz auf eine mehr als zehn Meter lange, 1,80 Meter Mauer, die zur Flinger Contregarde gehört — Bollwerke vor der Stadtmauer mit dem Flinger Tor. "Mit so gut erhaltenen Mauern hatten wir nicht gerechnet", sagt Grabungsleiterin Iris Reuter. Sie freut sich, dass sie geborgen werden konnten, um später präsentiert zu werden.

Andere Reste der Befestigungen dagegen wurden nach einer genauen Dokumentation abgerissen, etwa die Brückenfundamente des Übergangs über den Wassergraben vor dem Flinger Tor. Oder sie wurden nach der Entdeckung und Vermessung wieder zugeschüttet, wie Mauern unterhalb der Grünfläche am Steigenberger Parkhotel. Auch wenn sie unsichtbar sind — Historiker wissen jedenfalls sehr viel mehr.

(RP)
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