Kooperation von CDU und Grünen Die schwarz-grünen Unterschiede - von Berlin und Düsseldorf

Analyse | Düsseldorf · Die Unterschiede zwischen Düsseldorf und Berlin sind groß, auch auf politischer Ebene. Dennoch hätten sich CDU und Grüne für eine Koalition in der Bundeshauptstadt etwas von Schwarz-Grün in Düsseldorf abgucken können. Wie hier die erste Halbzeit lief.

 Fraktionspitzen im Stadtrat: Norbert Czerwinski (Grüne, l.) sowie Rolf Tups und Andreas Hartnigk (beide CDU).

Fraktionspitzen im Stadtrat: Norbert Czerwinski (Grüne, l.) sowie Rolf Tups und Andreas Hartnigk (beide CDU).

Foto: Bretz, Andreas (abr)

So ähnlich sahen sich Berlin und Düsseldorf lange nicht. Zwei Städte, zwei Avocados. Außen schwarz, innen grün. Allerdings mit sehr dicker Schale und wenig Fruchtfleisch. Düsseldorf zeigte sich nach der Kommunalwahl 2020 beim Blick auf die Sieger in den Wahlkreisen auf der Stadtkarte so. Ein ganz ähnliches Bild ergab sich jetzt nach der Neuwahl in Berlin, trotz der so unterschiedlichen strukturellen Voraussetzungen der Städte. Zum Beispiel: Dort das ehemals geteilte Berlin, mit lange eher konservativen Wählern im Westen, eher linken im Osten. Hier Düsseldorf mit seinem gut situierten Norden, dem finanziell eher schwächer dastehenden Süden und insgesamt viel CDU-geprägter.

Wie auch immer, beide Wege führten also zur Avocado. Aber zu unterschiedlichen Konsequenzen. In Düsseldorf ging aus dieser Ausgangsposition zum ersten Mal eine schwarz-grüne Kooperation hervor. In Berlin läuft dagegen alles auf eine Koalition von CDU und SPD zu. Dabei hätte ein Blick nach Düsseldorf neue Perspektiven eröffnen können. Denn zur Halbzeit von Schwarz-Grün in der NRW-Landeshauptstadt hätten sich doch auch Chancen für die Bundeshauptstadt ausmachen lassen.

Die Stadtkarten mit Direktsiegern in den Wahlkreisen, oben Düsseldorf, darunter Berlin.

Die Stadtkarten mit Direktsiegern in den Wahlkreisen, oben Düsseldorf, darunter Berlin.

Foto: Ferl

Sicher, CDU und Grüne liegen in Berlin deutlich weiter auseinander. Eine konservativere CDU, die nach Vornamen von Verdächtigen nach den Silvester-Krawallen fragt, trifft auf sehr weit links stehende Grüne mit Hochburg in Kreuzberg, die die Abschaffung der Hälfte aller Parkplätze in der Stadt fordern oder an Enteignungsgesetzen arbeiten wollen. Nicht ohne Grund hatte die CDU eine Koalition mit den Grünen eigentlich schon vor der Wahl ausgeschlossen, eigentlich, dann sondierte man am Dienstag doch noch mal viel länger als geplant.

Möglicherweise schärfte sich doch noch der Sinn fürs Mögliche, wenn wohl auch folgenlos. Denn der Blick auf die Avocado zeigt, was ein produktives Überwinden von Gegensätzen für Vorteile hätte. Denn die Frucht steht zugespitzt gesagt für widerstreitende Interessen von außen und innen, von Randbezirk gegen urban, von alt gegen jung, ja, von Auto gegen Lastenrad. In einem schwarz-grünen Bündnis muss das zusammengedacht werden, die Stadtgesellschaft kommt automatisch als Ganzes auf den Schirm. Realismus kann den quasireligiös aufgeladenen Kulturkampf um die Verkehrswende erden.

In Düsseldorf klappt das beim so zentralen Verkehrsthema einigermaßen pragmatisch. Die Staufalle Umweltspur weg, dafür Tempo 30 und Ausbau für Radwege. Zumindest auf dem Papier ist die Einigung da. Auf den Umbau der Merowingerstraße mit möglicherweise deutlich weniger Parkplätzen wartet man allerdings noch. Die Umsetzungsbewährungsprobe steht da also noch aus, auch insgesamt für die groß angekündigten Radleitrouten als zusammenhängendes Netz. Aber die Verkehrswende geht voran, zuletzt mit neuen Mobilitätsstationen und höheren Kurzzeitparkgebühren. Die CDU berücksichtigt gleichzeitig die Interessen der Autofahrer mit der Forderung nach mehr Quartiersgaragen in den Vierteln.

Ohne großen Knall ging es bislang freilich nicht ab. Während sich die Grünen 500 Euro Gebühr für den Anwohnerparkausweis vorstellen konnten, grätschten CDU und Oberbürgermeister aggressiv und öffentlich dazwischen. Dennoch: Am Ende wird wohl ein Kompromiss herauskommen, der möglichst beiden Seiten gleich schwer fällt, der Lenkungswirkung hat, aber auch eine vertretbare Belastung für die Düsseldorfer darstellt. Der Mittelweg könnte eine gute Lösung sein.

Ein weiteres zentrales Thema deckt sich in Düsseldorf und Berlin: Sicherheit, die nach den Umweltspuren das zweite große Wahlkampfthema von CDU-Oberbürgermeister Stephan Keller war. Große Befürchtungen haben sich bei den Grünen, wie zu hören ist, nicht bestätigt. Das Projekt „Sicherheit in der Innenstadt“ ist tatsächlich ganzheitlich aufgesetzt, nicht nur mehr Kräfte des OSD, sondern auch Streetworker sind auf der Straße. Gutachten sollen Wirksamkeit und Möglichkeiten von Glasverboten und Alkoholverkaufsverboten darlegen, neue Wege bei der Strafverfolgung gegangen werden. Und auf Antrag von CDU und Grünen sollen jetzt bei einer Innenstadtkonferenz Vertreter von Polizei, Ämtern und auch Anwohnerinitiativen zusammenkommen. Eine Erfolgsgarantie ist das alles natürlich nicht, aber ein so umfassend aufgesetztes Konzept ist einen Versuch wert. In Berlin dürfte sich das Personal bei Grünen und CDU in diesen Fragen deutlich fremder sein, während in Düsseldorf in den ersten Reihen der Fraktionen Flexibilität vorherrscht.

Zwei auch in Berlin bekannte Großbaustellen stehen Schwarz-Grün sowie Oberbürgermeister Stephan Keller allerdings bevor, ohne dass es bislang Erfolgsmeldungen geben würde. Digitalisierung und Bürgerservice bei der Verwaltung kommen kaum voran, ein Dezernent musste vorzeitig gehen, ein Misserfolg. Es braucht zudem Konzepte gegen den Fachkräftemangel. Gleichzeitig ist nach wie vor ungeklärt: Wie geriet Düsseldorfs Haushalt derart aus den Fugen und wie lässt sich das heilen? Führte die CDU die Stadt einst als stärkste Partei aus den Schulden hinaus, führt sie sie jetzt wieder tief hinein.

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