Haushaltsplanung in Düsseldorf "Die Schuldenfreiheit ist vorbei"

Düsseldorf · Kurz vor der politischen Entscheidung positionieren sich die Verbände zum städtischen Haushalt: Der Bund der Steuerzahler fordert einen Kurswechsel, die Gewerkschaften kritisieren vor allem die Details der Finanzplanung. Wir geben einen Überblick.

Die Zahlen im städtischen Haushalt werden immer schlechter. Nun zeigt sich, dass die Politik am Donnerstag keinen Plan für das kommende Jahr beschließen wird, bei dem sich Ausgaben und Einnahmen die Waage halten. Das hatte der Vorschlag der Verwaltung im September noch vorgesehen. Allerdings stehen inzwischen Mehrausgaben in Höhe von rund 40 Millionen Euro und Mindereinnahmen von 30 Millionen Euro in der Planung - das macht insgesamt ein Minus von 70 Millionen Euro, das nach jetzigem Stand am Ende des kommenden Jahres in den Büchern stehen wird.

Bevor die Fraktionen im Stadtrat am Donnerstag ihre Einschätzung zu der Planung abgeben und über letzte Änderungen entscheiden werden, haben sich auch diverse Interessensverbände zu Wort gemeldet - mit ganz verschiedenen Ansichten, welche Schwerpunkte die Politik setzen sollte. Ein Überblick:

  • Bund der Steuerzahler Die Vertreter der Steuerzahler beklagen vor allem einen fehlenden Willen der Politik zur Wahrheit: "Die Ampel-Kooperation aus SPD, Grünen und FDP sollte dazu stehen, dass die wirtschaftliche Schuldenfreiheit vorbei ist", sagt Heiner Cloesges, Experte für Kommunalfinanzen. Die Politik solle auch ehrlich sagen, dass die Stadt mangels Rücklagen Kredite für Investitionen aufnehmen muss. "Alles andere ist ein In-die-Tasche-Lügen." Cloesges hält einen Politikwechsel für angebracht: Ein einmaliger Effekt wie durch den Verkauf des Kanalnetzes an den Stadtentwässerungsbetrieb bringe höchstens Zeit. "Düsseldorf braucht einen auf Jahre angelegten Sparkurs, ohne dabei die Steuern zu erhöhen."
  • Deutscher Gewerkschaftsbund Die Gewerkschaften fordern ganz andere Schwerpunkte im Haushalt. Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) möchte eine Erhöhung des Personalbudgets, da die Kommunen mehr Aufgaben als früher wahrnehmen müssten. Die derzeit geplante Erhöhung des Budgets um ein Prozent decke nicht einmal die Tarifsteigerungen. ,,Durchschnittlich 1000 unbesetzte Planstellen in der Stadtverwaltung sind inakzeptabel", sagt die DGB-Vorsitzende Sigrid Wolf. "Die darüber hinaus mittel- und langfristig geplanten Stellenstreichungen verschärfen die Probleme bei der Überlastung von Beschäftigten und beim Service für die Bürger." Zweite Forderung des DGB: Die Stadt soll mehr in die Verkehrs- und Infrastruktur investieren, zum Beispiel, um marode Brücken zu sanieren. Auch kritisiert der Gewerkschaftsbund den Verkauf von "Tafelsilber" wie dem Grundstück des Flughafens, das die Stadt an die Betreibergesellschaft des Airports veräußern möchte. Der DGB möchte stattdessen Darlehen für Investitionen. "Es ist sinnvoll, Investitionen zum Teil über Kredite zu finanzieren und das besonders in einer Niedrigzinsphase", sagt Wolf.
  • Industrie- und Handelskammer Deutliche Kritik am Rathaus übt die Industrie- und Handelskammer (IHK) - und zwar nicht nur an der aktuellen Stadtregierung. Man habe die Entwicklung der vergangenen fünf Jahre - zuletzt gewählt wurde 2014 - mit Sorge gesehen, heißt es in einer Stellungnahme. Die Stadt lebe trotz "glänzender Einnahmen über ihre Verhältnisse" und brauche dadurch ihre finanzielle Substanz auf. "Die IHK rät der Landeshauptstadt, die Ursachen für die finanzielle Schieflage zu bekämpfen, statt lediglich die Symptome durch Verkäufe oder Kreditaufnahmen zu überdecken", sagt Präsident Andreas Schmitz.
  • Gewerkschaft für Erziehung und Wissenschaft Die Interessensvertretung der Beschäftigten unter anderem im Bildungssektor lehnt die geplanten Gebührenerhöhungen für die Musikschule sowie den Offenen Ganztag ab. Dies sei sozial ungerecht, so die Leiter Sylvia Burkert und Klaus Kühnen. Kostenlose Bildungseinrichtungen seien Voraussetzung für eine gerechte Bildungsfinanzierung, meinen sie und fordern Steuererhöhungen im Bund. Die Gewerkschaft hält in der aktuellen Situation ein Minus in der Finanzplanung für angebracht. Ein Festhalten an der "Schwarzen Null" widerspreche den Zielsetzungen einer zukunftsorientierten kommunalen Bildungspolitik.
(arl)
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