Ausstellung „Die Kunst zu Sammeln“ Die scheuen Kunstmillionäre

Düsseldorf · Nicht jeder, der Kunst sammelt, ist erpicht darauf, neben seinen Schätzen auch seinen Kopf in der Öffentlichkeit zu zeigen. Nur wenige nennen die Gründe, doch sie liegen auf der Hand: Mancher ist lediglich bescheiden, mancher fürchtet sich dagegen vor Dieben.

Ein seltsames Phänomen lässt sich derzeit im "museum kunst palast" am Düsseldorfer Ehrenhof beobachten. Die Ausstellung "Die Kunst zu Sammeln" bietet dort Einblick in Kunstsammlungen von Privatleuten und Unternehmen. Doch wer glaubt, er erfahre in dieser farbigen Schau die Namen der Sammler, sieht sich in vielen Fällen getäuscht. Die Schildchen neben den Bildern vermerken anstelle eines Besitzer-Namens oft nur lapidar: "Privatsammlung".

Eine der Ausnahmen ist der Pfarrer der Christ-König-Gemeinde in Neuss, Wolfgang Hanck. Aus seiner Sammlung stammen Werke von Miriam Cahn, Silvia Bächli, Magdalena Jetelova und Rosemarie Trockel. Wann seine Kunstsammel-Leidenschaft begann, weiß der Geistliche noch genau: "Am 29. Februar 1988 habe ich das erste Bild gekauft. Und dann kam der Drang, immer mehr zu kaufen."

"Ganz spartanische", aber ebenso "sehr heftige" Bilder wecken in Wolfgang Hanck seine Kunst-Sammelleidenschaft. "Einen sinnlichen Reiz müssen die Werke haben. Und seltsamerweise habe ich auch mehr Künstlerinnen als Künstler gesammelt. Besonders mag ich Bilder, die etwas Existenzielles ausdrücken - was vielleicht auch mit meinem Beruf zusammenhängt."

Kunstsammeln gehört für Wolfgang Hanck zu "seiner Lebensqualität" und ist zu "Sucht und Gier" geworden, die der Pfarrer aber inzwischen gut im Griff hat. "Auch aus finanziellen Gründen", gesteht er. "Von meinem Gehalt konnte ich mir keine Sammlung leisten, sondern weil mir meine Vorfahren was vererbt haben. Und das geht irgendwann zu Ende - leider."

Hye Mi Kim ist eine der 15 Kunstakademie-Studenten aus der Fotografie-Klasse von Benjamin Katz, die ausgezogen waren, jeweils das Original-Ambiente der ausgestellten Kunst für den Katalog festzuhalten. Die Scheu der Sammler war so groß, dass sie in einem Fall gar nicht tätig werden sollte: Eine Sammlerin bot ihr fertige Fotografien zur geflissentlichen Verwendung. Andere Sammler gestatteten zumindest Fotos von ihren Räumen samt Bildern und Skulpturen, wieder andere gestanden den Kunststudenten sogar deren begehrtestes Motiv zu: der Sammler inmitten seiner Kollektion. Noch am ehesten waren Galeristen bereit, sich (dezent) vor ihrem privaten Kunstbesitz fotografieren zu lassen; so etwas ist schließlich auch Werbung.

Zu den Mutigen, die für den Düsseldorfer Katalog alle Bedenken über Bord warfen, zählt neben Wolfgang Hanck der Sammler Jürgen H. Meyer, dessen Konterfei auf einer Fotografie von Tim Burgmeier - "Kunst im Chaos" - zwischen all der kleinformatigen Kunst an den Wänden fast unterzugehen droht. Oder Hans Strelow vor einem Großformat eines seiner Lieblingskünstler, Emil Schumacher. Aber Strelow ist auch Galerist.

Über die Gründe derer, welche die Anonymität des menschenleeren, mit Kunst dekorierten Wohnzimmers vorzogen, lassen sich lediglich Vermutungen anstellen. Benjamin Katz, Fotograf und Akademie-Lehrer, der zahllose Sammlungen in aller Welt auf seine Filme bannte, weist darauf hin, dass einer Kollektion auch etwas Intimes anhafte, das nicht jeder in die Öffentlichkeit gezerrt sehen will. In den Vereinigten Staaten hat er schon Kunst von hohem Rang auf Toiletten entdeckt.

Es liegt auf der Hand, dass ein öffentlicher Hinweis auf den eigenen Besitz auch leicht Diebe anlockt; dass vielleicht die Versicherung darin eine erhöhte Gefahr erkennt und den Besitzer veranlassen könnte, die Prämie aufzustocken. Auch diese Gefahr ließ Pfarrer Hanck nicht davor zurückschrecken, sich inmitten seiner Sammlung den jungen Fotografen zu stellen. Der Geistliche meint: "Von meiner Sammlung können alle wissen, aber ich hänge es auch nicht an die große Glocke. Und wenn jemand meint, es lohne sich bei mir einzusteigen: Die meisten Werke sind in Museen. Und das, was bei mir hängt, lohnt das Risiko nicht."

(RP)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort