Das Sexualleben der Meerestiere Die Rossellini-Show in Düsseldorf

Düsseldorf · "Green Porno" heißt das Projekt, in dem Isabella Rossellini spielerisch wie ökologisch korrekt das Sexualleben der Meerestiere ausbreitet. Die 57-Jährige ist Hauptdarstellerin und Regisseurin der im NRW-Forum zu sehenden Kurzfilme. Dazu gibt's ein Bilderbuch mit DVD von Schirmer-Mosel.

Belagerungszustand und Blitzlichtgewitter gestern im NRW-Forum: Es war ein bisschen wie auf der Croisette in Cannes. Nur der Regen störte. Und so wusste man ganz schnell, dass sie im Anmarsch war. Isabella Rossellini, ein Name, der auf der Zunge zergeht, bei dem jeder sofort ein Gesicht vor Augen hat. Jahrelang war es nur das Gesicht von Lancôme, millionenfach auf Hochglanz gedruckt, ein eingefrorenes Kosmetiklächeln.

Doch dieses Gesicht ist mehr wert, lebendig, bezaubernd, ein bisschen breit zwar und offensichtlich ungeliftet, mit einem Mund als aufregendster Zierde, den Isabella Rossellini von ihrer schönen Mutter Ingrid Bergmann geerbt hat. Und haften die Augen eine kleine Weile an diesem Mund, ist man gedanklich schnell bei "Casablanca", bei furchtbarem Abschiedsschmerz, bei diesem berühmten Mund und dieser legendären Träne. Aber auch die Bergmann-Tochter hat Filmspuren hinterlassen, am eindringlichsten war sie vielleicht als verruchte Sängerin Dorothy in David Lynchs "Blue Velvet". Unvergessen, sensationell und leicht skandalös.

Jetzt ist die Schauspielerin aus New York an den Rhein gekommen, um ihr neuestes Projekt vorzustellen, "Green Porno", 18 Kurzfilme, die vom Format her geschaffen sind für das Abspielen im Internet und auf dem Handy. Rossellini, Regisseurin und Hauptdarstellerin, nennt die Arbeit ein grünes Experiment ­ Assoziationen an Green Peace sind erwünscht. Die zierliche Frau trägt einen schwarzen Anzug, vielleicht Größe 42, obwohl sie nur 40 benötigte, dazu ein weißes Hemd und bequeme Stiefel, keinen Schmuck an den Händen (die ihr Alter verraten), aber sehr aufwendige, orientalisch anmutende Ohrgehänge. Der Bubikopf steht ihr gut zu Gesicht, sie ist kaum geschminkt und extrem natürlich.

Sie erfüllt den auf sie einstürmenden Journalisten beinahe jeden Wunsch, ja, sie dürfen sie auf Schritt und Tritt begleiten, blitzen, sie lächelt unermüdlich und erzählt von ihrem Projekt. Warum sie Vegetarierin ist und neuerdings auch so gut wie keinen Fisch mehr isst. Einmal die Woche vielleicht, nur "local fish" aus dem Meer von vor der Haustür in New York, wo sie lebt. Sie sei von klein auf tierlieb, sie bilde sogar Blindenhunde aus und sei zwangsläufig zur Umweltaktivistin geworden. Dies alles habe mit den Grausamkeiten zu tun, die Menschen Tieren antun, mit den Mast- und Schlachtmethoden, besonders aber mit dem dramatischen Überfischen der Meere.

"Für jeden gefangenen Shrimp müssen zehn andere ihr Leben lassen. Das Opfer nennt man Beifang." So ist in großen roten Lettern in dem anregenden Bilderbuch zu lesen, eine Seite weiter ein Foto von Isabella Rossellini mit einem Shrimp in der Hand und der Sprechblase: "I lost my appetite" - ("mir ist der Appetit vergangen"). Alle animierten Bühnenbilder, Tiere und Figuren sind kunstvoll aus Papier geschnitten, mittendrin agiert die schöne Schauspielerin mit Mut zur Hässlichkeit und offenen Worten. Das variantenreiche Spiel der Geschlechter im Tierreich nimmt sie als Herausforderung, das Wunder des Lebens und der körperlichen Liebe neu zu erklären. "Brehms Tierleben" findet mit "Green porno" eine zeitgemäße Fortsetzung. Entstanden ist ein fantasiereiches Aufklärungsbuch für jedermann,­ absolut jugendfrei.

(RP)
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