Hille Perl beim Altstadtherbst Die Lust an der Melancholie

Ein faszinierendes Musiktrio schickte sein Publikum in der Gloria-Halle am Freitag auf eine Zeitreise durch die altenglische Renaissance-Musik. Unter dem Motto "Metaphysics of Love and Death" präsentierte die Gambistin Hille Perl zusammen mit dem Lautenspieler Lee Santana und der Sopranistin Dorothee Mields alte Musikstücke des englischen Komponisten und Lautenspielers John Dowland und anderer seiner Zeitgenossen aus dem späten 16. Jahrhundert. Ein rundum schönes Konzerterlebnis mit einem Liedrepertoire abseits des im Klassikbereich Üblichen.

Hille Perl beim Altstadtherbst: Die Lust an der Melancholie
Foto: Valentin Behringer

Die Gloria-Halle im Düsseldorfer Stadtteil Oberkassel ist ausverkauft; der raue Charme des ehemaligen Kinos passt gut zum Konzertabend: Die Backsteine schauen nackt unter dem bröckelnden Putz an der Wand hervor, farbige Scheinwerfer ergänzen sich gut mit dem teils kirschholzfarbenen Gebälk. Das Publikum hat es sich auf einer Tribüne aus Stahlrohren gemütlich gemacht, die nur durch einen hohen, schweren Vorhang vom Eingangsbereich getrennt ist.

Ungewöhnlich: Die Musiker befinden sich nicht auf einer Bühne, sondern sitzen auf ebener Erde auf Stühlen. Außer den Notenständern und einer auf dem Boden festgeklebten schwarzen Kunststoffplane gibt es keine Bühnendekoration. Wozu auch — die Halle ist bereits Bühne genug. So kann man sich zumindest kurze Zeit vorstellen, wie die Musik dereinst in den Gemäuern der alten Fürsten- und Königsschlösser des Elisabethanischen England geklungen haben mag.

Melancholischer Klangteppich

Dazu tragen auch die drei Musiker bei: Alle sind schwarz gewandet, insbesondere die langen Kleider von Hille Perl und Dorothee Mields sind dezent genug verziert, um im Zuhörer Vorstellungen nebligen keltischen Landschaften hervorzurufen. Alle Musiker haben auf Mikrofone und Verstärker verzichtet. Dementsprechend klingt die Musik zwar natürlich und unverfälscht, doch vor allem die Laute geht gegenüber dem voluminösen und warmen Klang der Viola da Gamba und der starken, durchdringenden Stimme Mields‘ akustisch unter. Die Zuhörer in den hinteren Reihen dürften wenig von der Laute gehört haben.

Zumeist spielt Hille Perl zuerst ein Instrumentalstück auf Ihrer Viola da Gamba, bevor auch Mields und Santana mit einsetzen. Interessant ist es, wie sich der Charakter der Lieder dabei ändert: Hüllt die Viola da Gamba das Publikum noch in einen warmen, satt und tief resonierenden Klangteppich ein, bilden die durchdringende, klare und hohe Sopranstimme von Mields und das lustig und leise perlende Lautenspiel dazu einen Kontrast. Doch die wehmütigen Texte der Stücke geben die Grundstimmung des Konzerts vor: Bereits aus den Titeln wie "My hope is decayed", "In darkness let me dwell" oder "The Nightingale" tröpfelt die Melancholie.

Konzert und Vortrag zugleich

Zwischen den Liedern erklärt Santana, der ursprünglich aus dem US-Staat Florida stammt, aber bereits seit Jahren mit seiner Frau Hille Perl in der Nähe von Bremen lebt, einiges zu den Stücken John Dowlands, Tobias Hume oder Richard Sumarte. Dadurch erhält das Konzert einen leicht akademischen Touch, bietet aber auch Nichteingeweihten einen Zugang zu den Geheimnissen der Lautenmusik.

Hille Perl, hochgewachsen, schlank, mit blasser Haut, umrahmt von langen schwarzen Haaren, ist europaweit als für Ihre Improvisationskünste als Gambistin bekannt. Mit Lee Santana reist sie bereits seit 1984 im Auftrag der alten Musik durch die Musikwelt, mit seinen langen Haaren und buschigem Kinn- und Lippenbart passt er genauso wie seine Ehefrau bestens in das Renaissance-Ambiente.

Dorothee Mields, mit ihren langen blonden Haaren und eleganter Körperhaltung, arbeitet ebenso wie Perl und Santana schwerpunktmäßig mit der Musik des 17. und 18. Jahrhunderts, bewegt sich zwischen Renaissancemusik und Barock, hat aber neben klassischen Gesangsstücken auch bereits Ausflüge in die Opernwelt Monteverdis und ins Theater unternommen.

Nach einer Zugabe ist das Konzert schließlich nach gut 90 Minuten vorbei. Die Musiker genießen den warmen Applaus, und schließlich bewegt sich das Publikum hinaus in die laukalte Altstadtherbstluft.

(psh/tiba)
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