Traditionsgeschäft an der Graf-Adolf-Straße Die Lichtmacher

Licht kann auch „made in Düsseldorf“ sein. Dafür stehen die Leuchtenentwickler Jule Dinnebier und Daniel Klages.

 Jule Dinnebier und Daniel Klages sind die Inhaber von „Licht im Raum“ und der Firma Dinnebier Licht. Die Eltern von Jule, Lisa und Johannes Dinnebier haben die Unternehmen gegründet. Alle zehn Jahre wird ein neues Serienprodukt entwickelt. Hier hält das Ehepaar die Moons in der Hand. Zu sehen ist links daneben das erste Element der Stilio-Serie. 

Jule Dinnebier und Daniel Klages sind die Inhaber von „Licht im Raum“ und der Firma Dinnebier Licht. Die Eltern von Jule, Lisa und Johannes Dinnebier haben die Unternehmen gegründet. Alle zehn Jahre wird ein neues Serienprodukt entwickelt. Hier hält das Ehepaar die Moons in der Hand. Zu sehen ist links daneben das erste Element der Stilio-Serie. 

Foto: Bretz, Andreas (abr)

Als Thomas Schütte 2010 den Kunstpreis der Stadt Düsseldorf erhielt, erzählte er, warum er gerne in der Landeshauptstadt lebt. Einer der Gründe sei der Umstand, dass in Düsseldorf und der Region hervorragende Handwerker ansässig seien, mit denen er seine Werke umsetzen könne. Die Schnittmenge von Kunst, Design und Handwerk kennzeichnet auch Lichtkunst und das Talent, außergewöhnliche Leuchtkörper entwickeln zu können. Dies ist das Terrain von Jule Dinnebier und Daniel Klages. Das Ehepaar steht für einen bekannten Namen in der Stadt: „Licht im Raum“. Dahinter verbirgt sich aber, was nicht allzu viele wissen, weit mehr als das bekannte gleichnamige Lampengeschäft an der Graf-Adolf-Straße, nämlich eine vielfach ausgezeichnete Manufaktur und ein Büro für Lichtplanung.

In der Architektenwelt sind Dinnebier und Klages bekannt. Hunderte Kirchen hat das Paar mit seinem Team ins rechte Licht gesetzt, Hotels, Restaurants, Geschäfte, Clubs, Büros, natürlich Privathäuser. In Düsseldorf stehen etwa der Industrieclub und die Mitsubishi-Electric-Halle auf der Referenzliste. In der Neanderkirche hängen die schlicht-funktionalen Leuchten der firmeneigenen Ocular-Serie von der Decke. „Ideal für eine Kirche, obwohl man dies vielleicht nicht gleich denken würde“, sagt Klages. Gerade die Zurückhaltung und die funktionale Kühle dieses Designs ließen bei der Wirkung übertags dem natürlichen Licht im Raum den Vortritt, am Abend aber illuminierten die Leuchten das Gotteshaus, ohne sich selbst in den Vordergrund zu spielen.

Die Geschichte von „Licht im Raum“ beginnt 1956 im heutigen Stammhaus an der Graf-Adolf-Straße 49. Im vierten Stock gründen Lisa und Johannes Dinnebier eine Handelsvertretung für die Marken Staff und Schwarz, die heute zur Zumtobel-Gruppe gehören. Drei Jahre später wird das Geschäft im Erdgeschoss eröffnet, 1962 werden die Düsseldorfer erster deutscher Vertriebspartner der italienischen und weltweit arrivierten Branchengröße Artemide, später heben die Unternehmen gemeinsam eine Deutschland GmbH aus der Taufe. Noch heute ist an der Graf-Adolf-Straße eine der bedeutendsten Ausstellungen der Italiener in NRW zu sehen. Die Dinnebiers gründen 1965 ein Büro für Lichtplanung, was es damals als Berufsbild noch gar nicht gab. Sie führen zahlreiche Großprojekte durch, darunter die Beleuchtung des Deutschen Pavillons bei der Weltausstellung in Brüssel, des Bayer Casinos in Leverkusen und des Vorwerk-Foyers in Wuppertal. Aktuell beschäftigen sich die Lichtplaner mit dem Mainzer Landtag und der Bundesbank-Filiale in Dortmund.

Düsseldorf und das Bergische sind seit Anfang der siebziger Jahre die beiden Adressen der Mittelständler. Heute arbeiten 20 Mitarbeiter in Düsseldorf, 16 in der Wuppertaler Manufaktur, wo Metallbildner ausgebildet werden, und im Lichtplanungsbüro. Bei der Herstellung der eigenen Produkte gehören geistig Behinderte zum Team, es gibt eine Kooperation mit der Lebenshilfe. „Licht im Raum“ und die Firma Dinnebier haben vier große Produktlinien entwickelt und vertreiben sie: Clip, Ocular, Stilio und Moons. Mit Stilio ist Daniel Klages eine Neuinterpretation des Kronleuchters gelungen, die Serie ist ebenso mit dem Design-Award des Rats für Formgebung ausgezeichnet worden wie die kugeligen und schräg abgeschnittenen Moon-Leuchten. Die Linien haben Raffinesse. Abgesehen vom Umstand perfekter Werkstoffe und guter Verarbeitung, kennzeichnet sie die Grundidee, aus Einzelelementen größere Einheiten herstellen zu können – die Kronleuchter gibt es etwa rund, eckig, mehr oder weniger hoch und raumgreifend.

Die Kollektion des Unternehmens macht 50 Prozent des Umsatzes aus, die Projektarbeit 35 Prozent, 15 Prozent werden an der Ladenkasse erwirtschaftet. Die große Herausforderung fürs neue Jahr: die Entwicklung des Online-Shops.

Jule Dinnebier und Daniel Klages engagieren sich auch in der Interessengemeinschaft der Graf-Adolf-Straße, zudem waren sie von Anfang an beim leider untergegangenen Verein Designer Saturday dabei. In Solingen haben sie aus einem Wasserturm einen Lichtturm mit Glaskuppel gemacht, in dem heute unter anderem Schulungen stattfinden. In ihrem Geschäft an der Graf-Adolf-Straße gibt es auch ein Lampenmuseum (gezeigt werden 40 von 150 Exponaten), manches Stück ist mehrere tausend Euro wert, darunter Prototypen berühmter Serien. Ein besonderes Expemplar ist gerade bei Sotheby’s versteigert worden. Zudem erhalten neben dem Museum im Untergeschoss junge Designer auf einer Ausstellungsfläche die Möglichkeit, ihre Produkte zu präsentieren.

Und wie hält es das Paar mit LED? „Wir sind Anhänger und gehen jede Entwicklung mit“, sagt Daniel Klages. Nichts komme an das Sonnenlicht heran, ergänzt der Fachmann, die schiere Intensität und absolute Farbwiedergabe seien nicht imitierbar. Die LED als digitale Lichtquelle erreiche aber mittlerweile 90 Prozent des Leistungsspektrums von Halogenleuchten, die das Licht durch ein Feuer im Glaskolben erzeugten. Dieses Feuer erzeuge den Rotanteil des Lichts, der für Wärme stehe – und der beim „kalten“ LED-Licht zunächst so vermisst wurde.

Über dem heimischen Esstisch hängt bei der Unternehmerfamilie aber keine LED-Leuchte, sondern eine Niedervolt-Halogenlampe. Ihr Licht ist hell genug zum Lesen, sie hat eine hohe Energieeffizienz, bietet das Spektrum des Sonnenlichts – und sie ist vom EU-Verbot nicht betroffen.

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