Lesung im Waschsalon Die Leiden der Spielerfrauen

Düsseldorf · Wer die bunten Blätter im Arztwartezimmer liest, weiß: Frauen von Bundesliga-Spielern haben es gut: Shopping ohne Ende, Geldsorgen kennen sie nicht – und sie leben da, wo andere Urlaub machen (wenn der Mann zu einem türkischen Club wechselt). Das hört sich nach Klischee an? Stimmt.

Wer die bunten Blätter im Arztwartezimmer liest, weiß: Frauen von Bundesliga-Spielern haben es gut: Shopping ohne Ende, Geldsorgen kennen sie nicht — und sie leben da, wo andere Urlaub machen (wenn der Mann zu einem türkischen Club wechselt). Das hört sich nach Klischee an? Stimmt.

Die Realität sieht garantiert anders aus. Das vermutete auch die Journalistin Christine Eisenbeis. Sie traf sich mit Frauen berühmter Fußballspieler und ließ sie über ihren Alltag plaudern. Die Interviews wurden dann penibel ausgewertet und mündeten in einer Diplomarbeit und einem munter unterhaltsamen Buch. Mehmet Scholl als Teenie-Idol auf der Titelseite von "Bravo-Sport" — damit fing wohl alles an. Starfotos von attraktiven Kickern schmückten fortan die Zimmerwände pubertierender Mädchen. Auch deren Mütter riskierten gern mal einen Blick auf die strammen Waden der Bundesligastars. Resultat: Das Publikum in den Fußballstadien wurde weiblicher. Und "Spielerfrau" stand plötzlich im Duden und auf der Berufswunschliste junger Damen. Der Spruch: "Im nächsten Leben werd´ ich Spielerfrau!" (so der Titel des Buchs) soll übrigens auch von Mehmet Scholl stammen.

Bei der Lesung im Waschsalon an der Ackerstraße schilderte Eisenbeis anhand von Fallstudien, welche Zumutungen das erträumte "Leben im Luxus" so mit sich bringen kann. Spielerfrauen würden oft nur als Anhängsel ihrer Männer wahrgenommen. Bildunterschrift in einem Klatschblatt: "Fußballstar X mit Saftglas und Frau." Vor allem das ewige Nomadendasein (Transfer des Gatten zu einem anderen Club) und der Verzicht auf die eigene Karriere belasteten die Beziehung. Wie man damit positiv umgehen kann, zeigte Eisenbeis am Beispiel von Fee Maria Gerkmann. Die Frau von Michael Fink (Eintracht Frankfurt) engagiert sich im Tierschutz und gab weder ihren Beruf noch ihre eigene Persönlichkeit auf.

Die Atmosphäre im Waschsalon war schon speziell. Die junge Autorin las mit gutturaler Radiostimme, im Hintergrund summten die Trommeln der Waschautomaten, ein Hund lief zwischen den Biergartenbänken herum, und weil es so heiß war, warfen die Zuhörer sehnsüchtige Blicke hinüber zur Eisdiele an der Ecke.

(RP/jco)
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