Klaus Franken "Die Kunden werden kaum gefragt"

Düsseldorf · Der Deutschland-Chef des schwedischen Immobilien-Entwicklers Catella über fehlende Marktforschung, Tiefgaragenplätze für selbstfahrende Autos und die Frage, ob Düsseldorfs Wohnungsmarkt schon überhitzt ist.

 Klaus Franken beim Interview im Medienhaus Düsseldorf der Rheinischen Post in den Schadow Arkaden.

Klaus Franken beim Interview im Medienhaus Düsseldorf der Rheinischen Post in den Schadow Arkaden.

Foto: Hans-Jürgen Bauer

Neben der BMW-Niederlassung an der Grafenberger Allee befindet sich das größte Umwandlungskonzept von Büros in Wohnungen in Deutschland. Das ehemalige Thyssen-Trade-Center wird mit 340 Wohnungen zum "Living Circle". Es ist das erste Wohnprojekt der Firma Catella in Düsseldorf. Haupteigner des Unternehmens ist eine schwedische Familie, die ihre Manager in die Pflicht nimmt. Sie müssen sich an den Projekten, für die sie sich entscheiden, finanziell beteiligen. Deutschland-Chef Klaus Franken bereitet ein weiteres Großprojekt vor. Hinter dem Hauptbahnhof, gegenüber von Tanzhaus und Capitol, plant er mit seinem Team auf dem alten Postareal unter dem Namen "Living Central" 1050 Wohnungen.

Sie bauen Wohnungen in Düsseldorf, leben aber in Eschweiler bei Aachen. Warum?

Franken Ich bin in der Region groß geworden und lebe dort mit meiner Familie. Das ist der Grund, und Düsseldorf ist ja nicht so weit weg.

Gibt es im Düsseldorfer Wohnungsmarkt schon eine Blase?

Franken Das würde ich nicht sagen. Selbst wenn die Zinsen um drei oder vier Prozent steigen, bricht hier nichts zusammen. Anders als beim Crash in Amerika werden Wohnungen in Deutschland nicht komplett auf Pump gekauft, sondern mit viel Eigenkapital unterlegt - deswegen kann auch keine Blase platzen. Und die Mietpreise steigen auch nichts ins Unermessliche.

In Düsseldorf sind sie bereits hoch - und was bekommen die Leute dafür?

Franken Das ist die Herausforderung: auf begrenztem Raum einen hohen Nutzwert zu schaffen, ohne "Kaninchenställe" zu bauen. Das ist ein beständiger Kampf mit den Architekten. Wir wissen: Wer sich nur aus Not für eine Wohnung entscheidet, sich aber in ihr unwohl fühlt, bleibt vielleicht nicht lange bei uns.

Sie sind ein Kritiker des Düsseldorfer Wohnungsmarktes. Aus Verbrauchersicht sind die Angebote hochpreisig und die Auswahl ist gering.

Franken So kann man es sagen, das ist in Düsseldorf so und in anderen Städten mit großem Bevölkerungswachstum. Die Situation ist allerdings durch die Finanzkrise mitverursacht. Die Leute wollen ihr Geld in Immobilien investieren und kaufen den Markt leer. Sie nehmen, was da ist. Architekten und Bauträger kommen kaum nach, planen, bauen und veräußern ein Projekt nach dem anderen, dann sind sie jedoch selbst weg. Ich sorge mich in diesem Zusammenhang um die Qualität: Sind das die Häuser, die auch noch in 30 Jahren funktionieren, in denen die Menschen gerne leben? Sind beispielsweise große Baukomplexe nur mit Mini-Appartements langfristig erfolgreich? Die Mieter werden ja nicht gefragt, wenn Projekte entwickelt werden. Marktforschung Fehlanzeige - sehr verblüffend.

Es gibt aber in Düsseldorf Objekte, die kaum angenommen werden. Die Leute akzeptieren nicht alles.

Franken Die Immobilienbranche gehört, was die Eruierung von Kundeninteressen angeht, zu den rückständigsten Branchen. Das war auch jetzt wieder auf der Messe Mipim in Cannes zu sehen. Da sind alle vertreten: Entwickler, Bauträger, Banker, Architekten, Stadtplaner etc., nur die Nutzer, die alles bezahlen sollen, nicht. Mit Blick auf die Mieter ist doch zu beobachten, dass sie sich beklagen, Abstriche machen zu müssen. Aber wie verhalten sie sich wohl, wenn sich der Markt dreht und es eine andere Auswahl gibt? Wir möchten jedenfalls, dass unsere Projekte auch in 30 Jahren funktionieren, denn davon leben wir ja.

Wie wollen Sie das hinbekommen?

Franken Die Grundrisse der Wohnungen müssen stimmen. Wir bieten keine Ein-Zimmer-Appartements an, sondern mindestens 1,5-Zimmer-Wohnungen mit knapp 40 Quadratmetern, wo man den Schlafbereich mit einer Tür abtrennen kann. Da denken wir an den Single, der wieder eine Beziehung eingeht und öfter jemanden zu Gast hat. Wir wollen hinter dem Bahnhof im Living Central zudem Zwei- und Drei-Zimmer-Wohnungen in jeweils zwei unterschiedlichen Größen anbieten. Einmal kompakter, dann zehn Quadratmeter größer.

Warum das?

Franken: Wer ein Kind bekommt, braucht vielleicht etwas mehr Platz. Er kann dann innerhalb des Quartiers umziehen, in die etwas größere Wohnung oder in eines der Townhouses, die wir dort planen. Was haben wir denn davon, wenn die Wohnung nur kurz bezogen und dann möglichst schnell wieder verlassen wird? Wir haben da selbst in einer anderen deutschen Großstadt ein Beispiel vor Augen: Wir bieten dort in einem Neuobjekt eine Zwei-Zimmer-Wohnung für 600 Euro Monatsmiete an, im Wohnturm nebenan kostet das Ein-Zimmer-Appartement jedoch genauso viel. Von da wollen nun viele zu uns umziehen.

Wie erfahren Sie, was die Menschen wollen?

Franken Wir arbeiten eng mit der Hochschule für angewandte Künste zusammen und versuchen, in Gesprächen mit potenziellen Kunden herauszubekommen, was besonders gewichtet wird. Die Menschen wollen ein Schlafzimmer, in das auch der Drei-Meter-Kleiderschrank passt. Das Zimmer selbst muss gar nicht groß sein, dafür der Wohn-Ess-Bereich. Und wir planen zehn Prozent der Gesamtfläche für Balkone oder Terrassen. Das ist einer der ganz großen Wünsche von Städtern. Sie wollen draußen sitzen können, vielleicht auf was Grünes schauen und nicht gleich auf eine gegenüberliegende Fassade. Entsprechend sollten die Außenanlagen groß genug sein und ansprechend gestaltet werden.

Rund um den Bahnhof gibt es ein exzellentes Nahverkehrsangebot. Planen Sie pro Wohnung mit einem Stellplatz oder nutzen Sie die neuen Spielräume, die die Stadt einräumt?

Franken Von der 1:1-Lösung könnte man in dieser Lage abgehen, da sprechen wir mit der Stadtverwaltung. Auf jeden Fall wollen wir das urbane Leben von morgen, wie es sich heute abzeichnet, einplanen. In der Tiefgarage muss ausreichend Platz für Car- und Bike-Sharing sein. Auch muss es Boxen geben, in denen man sein E-Bike unterbringen kann. Wir sprechen zudem mit einem großen Automobilhersteller. Dort geht man davon aus, dass man in der Zukunft eher Mobilität statt Autos verkauft. Wir diskutieren gerade die Idee, die Tiefgarage so zu bauen, dass wir einen Bereich für selbstfahrende Autos umrüsten können. Es passen mehr Fahrzeuge nebeneinander, wenn der Nutzer oben vor dem Haus aussteigt und das Auto anschließend allein in die Tiefgarage fährt.

UWE-JENS RUHNAU FÜHRTE DAS INTERVIEW.

(RP)
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