Düsseldorf Die Industrie verlässt die Stadt

Düsseldorf · In Düsseldorf gibt es 13.000 Jobs weniger in der Industrie als noch im Jahr 2000. IHK, Firmen und IG Metall warnen vor einer schleichenden Ent-Industrialisierung der Stadt. Viele weitere Jobs sind in Gefahr.

Die leeren Industriehallen von Metso.

Die leeren Industriehallen von Metso.

Foto: Aengevelt

Einst galt Düsseldorf als industrielles Herz Westdeutschlands. Düsseldorf war Zentrum der Stahl- und Röhrenindustrie. Die Nähe zu Kohle und Stahl ließen Düsseldorf reich werden mit Namen wie Mannesmann, Thyssen, Rheinmetall oder Böhler. Doch viele Industrieunternehmen haben Düsseldorf den Rücken gekehrt. Mannesmann wurde zerschlagen, ThyssenKrupp hat die Stadt verlassen und Werke und Verwaltung aufgegeben. Bald geht Eon, der Anlagenbauer SMS hat seinen Weggang nur verschoben. Rheinmetall oder Gerresheimer AG unterhalten in Düsseldorf nur noch Verwaltungen, produziert wird woanders. Daimler verlagert aktuell Teile der Sprinterproduktion in die USA, 625 Jobs gehen verloren. Auch der Röhrenhersteller Vallourec baut in der Region derzeit rund 600 Jobs ab.

In Düsseldorf sah man den Exodus der Industrie lange Zeit gelassen, wuchs die Rheinmetropole doch parallel zur Mode- und Werbehauptstadt heran, zum Sitz von Anwälten und Unternehmensberatern. Doch langsam mehrt sich die Sorge, dass mit der Industrie auch die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der Stadt und damit ihr Wohlstand schwinden könnten, denn ohne Produktion braucht die Stadt weder Anwälte noch Werbung für industrielle Produkte.

Im Jahr 2000 arbeiteten mehr als 71.000 Menschen in Düsseldorfer Industrieunternehmen, 2013 war die Zahl der Jobs auf 58.000 gesunken - ein Rückgang um 18,4 Prozent. Und das, obwohl die Zahl der Arbeitsplätze in der Stadt insgesamt im gleichen Zeitraum um rund zehn Prozent angestiegen ist.

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Gewerkschafter und Wirtschaftsvertreter sind besorgt. "Die Industrie ist auf dem Rückzug", sagt Udo Siepmann, Hauptgeschäftsführer der IHK. Nach der Wirtschaftskrise hätten die Firmen nicht ihre alten Stände erreicht. "Es gab weniger spektakuläre Schließungen. Es ist eine schleichende Erosion der Industrie aus der Stadt", sagt Siepmann. Auch die Investitionen seien rückläufig. In den vergangenen Jahren wurde oft nur in Höhe der Abschreibungen investiert. "Das ist eine schleichende Desinvestition", sagt Siepmann. Die Firmen gingen ins Ausland, wo die Kunden sind. Viele Investoren bevorzugen das Umland, wo Städte wie Langenfeld oder Monheim mit niedrigen Gewerbesteuersätzen locken. Die größte Gefahr sieht Siepmann darin, dass in Düsseldorf Gewerbeflächen in Wohngebiete umgewandelt werden und so immer mehr Raum für Industrie verschwindet.

Das sehen auch die Firmen so. "Wer den Industriestandort Düsseldorf stärken will, muss für attraktive und planbare Standortbedingungen einstehen", sagt Nikolai Juchem vom Vorstand des Industriekreis Düsseldorf. "Wir fordern den Ausbau den Reisholzer Hafens und den RRX-Halt in Benrath. Eine entscheidende Rolle nimmt aber auch die Vermarktung der Stadt als attraktiver Industriestandort ein. Hier wünschen wir uns ein klareres Profil." So denkt auch die Gewerkschaft. "Als vor 15 Jahren die Vision von Düsseldorf in der Zukunft entworfen wurde, war keine Rede von der Industrie", sagt IG-Metall-Chef Nihat Öztürk. Das müsse korrigiert werden. "OB Geisel ist in der Pflicht, klarzustellen, dass wir eine Industriestadt sind. Aus der Industrie kommen Steuergelder und Kaufkraft. Der OB muss die industriellen Akteure mehrmals pro Jahr an einen Tisch bringen", sagt Öztürk.

(tb.)
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