Serie Düsseldorfer Erfinder Die Hochburg der Patentanwälte

Düsseldorf · Jede gute Innovation weckt das Interesse von Nachahmern. Deshalb versuchen Erfinder, ihre Ideen zu schützen. Die letzte Folge der Serie "Düsseldorfer Erfinder" zeigt, wie Patentanwälte den Urhebern dabei helfen.

 Patentanwalt Gottfried Schüll von Cohausz & Florack vor dem Oberlandesgericht an der Cecilienallee.

Patentanwalt Gottfried Schüll von Cohausz & Florack vor dem Oberlandesgericht an der Cecilienallee.

Foto: Anne Orthen

Was sich gut verkauft, wird gern kopiert. Auf diese schlichte Formel lässt sich das Spannungsfeld zwischen Erfinden und Nachempfinden, zwischen Innovation und Kopie bringen. Zwar existieren etliche Möglichkeiten, um eine Erfindung vor Nachahmern zu schützen - vom Gebrauchsmuster bis zum Patent - aber das hält Konkurrenten nicht von dem Versuch ab, sich mit fremden Federn zu schmücken. Beides, der Schutz und dessen Verletzung, ist das Metier von den rund 140 Patentanwälten, die in Düsseldorf aktiv sind, so viele wie (von München abgesehen) in keiner anderen deutschen Metropole.

Beim Einkaufen einfach mit dem Smartphone bezahlen, die neue Technologie eines französischen Unternehmens klingt nach einem vielversprechenden Coup. Der Kunde hält sein Handy einfach in die unmittelbare Nähe der Kasse, die Daten werden elektronisch übertragen und müssen nur noch per Fingerabdruck bestätigt werden.

Apple hat als Erster diese Funkverbindung genutzt und die bargeldlose Zahlweise ("ApplePay") mit der Einführung des neuen iPhone 6 vorgestellt. Aber auch andere Handyhersteller wollten von der Innovation profitieren - ebenfalls ohne dafür Lizenzgebühren zu bezahlen. Was das mit Düsseldorf zu tun hat? Der Rechtsstreit um die Lizenzen wurde vor dem Landgericht verhandelt, und den Kläger vertrat die renommierte Patentkanzlei Cohausz & Florack.

Düsseldorf gilt als Metropole der Erfinder. Etwa 2000 Patente werden jedes Jahr von Firmen, Instituten und Wissenschaftlern angemeldet. "Ein Patent ist wie ein Gesetz, das bestimmt, dass nur einer den Nutzen von einer Innovation hat", erläutert Gottfried Schüll, Patentanwalt bei Cohausz & Florack. "Und es ist eine Art Versicherung für die Entwicklungskosten." Er berät seine Mandanten dabei, wie sie eine Erfindung schützen können und formuliert einen entsprechenden Antrag an das Patentamt in München. Sollte es dann später zu einem Verfahren wegen Patentverletzung kommen, vertritt er seine Mandanten vor Gericht - bei Bedarf von Rechtsanwälten unterstützt.

Das Patentrecht gilt als Metier der Spezialisten. Den 20 Richtern und Richterinnen, die an den Patentkammern von Landgericht und Oberlandesgericht (der Berufungsinstanz) arbeiten, wird außerordentliche Kompetenz attestiert. Dies ist zweifellos einer der Gründe, warum sich Düsseldorf zum führenden Gerichtsstandort für Patentrecht in Deutschland und einem der wichtigsten weltweit entwickelt hat. "Hinzu kommt, dass die Prozesse hier in kürzerer Zeit und zu deutlich geringeren Kosten abgewickelt werden als in den meisten anderen Ländern", erläutert Gottfried Schüll.

So kommen mittlerweile von den 600 Verfahren pro Jahr rund 60 Prozent aus dem Ausland. Grundsätzlich können die streitenden Parteien einen Gerichtsstandort wählen, vorausgesetzt, das Patent wurde in diesem Land verletzt. So wurde auch das spektakuläre Verfahren zwischen Apple und Samsung, das international für Schlagzeilen sorgte und bei dem es um das Design eines Tablet-PC ging, am Düsseldorfer Landgericht verhandelt. Gottfried Schüll: "Generell gilt: Wenn in der Wirtschaft Krisenstimmung herrscht, wächst der Wettbewerbsdruck und damit die Neigung, Streitfälle vor Gericht auszutragen."

Auch für mittelständische Unternehmen gilt zunehmend: Ein Patent ist der wichtigste Schutz für eine Erfindung, ob es nun um ein Produkt oder ein technisches Verfahren geht. Häufig sind Messen der Platz, an dem dann Plagiate besonders auffallen, da steht die Kopie manchmal nur ein paar Meter neben dem Original. Ein Messebummel mit detektivischem Blick gehört deshalb auch zu den Aufgaben von Patentanwälten. "Dort versuchen wir dann, mit der Kamera Beweise zu sichern", so Gottfried Schüll. Die Kanzlei hatte mal auf einer Messe eine polnische Firma erwischt, die ein patentiertes Befestigungselement für Lastwagen nutzte. Für ihren Mandanten, den Besitzer des Patents, wurde innerhalb eines Tages eine einstweilige Verfügung erwirkt, der polnische Aussteller musste diese Zubehörteile noch während der Messe abbauen.

Auch im Streitfall um die neue Technik aus Frankreich, durch die man beim Einkauf per Handy bezahlen kann, verzeichnete Gottfried Schüll einen ersten Erfolg. Mit Apple scheint eine Einigung bevorzustehen, ein anderer Handy-Hersteller hat bereits an die Erfinder Lizenzgebühren gezahlt.

Im 19. Jahrhundert galt übrigens nicht Deutschland, sondern England als Land der Erfinder. Zu dieser Zeit wurde von den Briten der Begriff "Made in Germany" geprägt, was heute als Qualitätssiegel gilt. Schüll: "Aber damals war das abwertend gemeint."

(RP)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort