Tiere in der Stadt Die Großstadt-Vögel

Düsseldorf · Meisen nisten in Ampelmasten, Elstern lieben Pommes, Stare imitieren Handyklingeln. In Düsseldorf leben zurzeit mehr als 200 Vogelarten. Die Landeshauptstadt ist in Vogelkreisen offensichtlich eine beliebte Adresse. Und viele Vögel haben sich perfekt an das Großstadtleben angepasst.

Diese Vögel leben in Düsseldorf
8 Bilder

Diese Vögel leben in Düsseldorf

8 Bilder

Neulich um Mitternacht hat Tobias Krause auf der Kö den Gesang einer Amsel gehört. Um Mitternacht? "Da sieht man mal wieder, wie Vögel sich der Großstadt anpassen. Die Männchen stimmen nachts ein Liebeslied an, wenn der Verkehr ruht und alles still ist, um ein Weibchen anzulocken", meint der Ornithologe, hauptberuflich bei der Unteren Landschaftsbehörde für den Artenschutz wildlebender Tiere zuständig. Doch er hat auch schon Mauersegler beobachtet, die auf der verkehrsreichen Birkenstraße nisten. Meisen, die sich Ampelmasten zum Brüten auswählen. Und Elstern, die in der Altstadt weggeworfene Pommes aufpicken. Düsseldorf ist in Vogelkreisen offensichtlich eine beliebte Adresse — meist zur Freude der Menschen.

Wie viele es sind, weiß niemand so genau. Über 200 Arten und sicher einige zehntausend Exemplare trällern, zwitschern und jubilieren in Düsseldorf — und sorgen so für eine ganz spezielle Melodie der Großstadt. Nicht alle sind hier heimisch, viele nutzen die Stadt als Quartier auf ihrer Reise nach Süden. Immer am Rhein entlang, der Orientierungshilfe bis Basel bietet, aber auch Wasser, Futter und Nistmaterial. Tobias Krause: "Wegen dieser Wasserstraße sind hier alle der in Nord- und Mitteleuropa vorkommenden Arten zu beobachten." Sogar seltene Gäste wie Seeschwalben und Fischadler.

Und was fliegt sonst am Himmel über Düsseldorf? Nach Einschätzung der Ornithologischen Abteilung des NABU (Naturschutzbund) sind die häufigsten Großstadtvögel: Amsel, Blaumeise, Elster, Ringeltaube, Mauersegler (die abends gern durch die grünen Hinterhofe der Stadtviertel sausen) und Mehlschwalben. Diese Art liebt es, unter Dächern zu brüten wie zurzeit am Rathausufer oder gegenüber in den Oberkasseler Jugendstilhäusern. "Aber viele Flächen werden heute versiegelt, in den Häuserwänden jede Ritze geschlossen, deshalb haben es die Schwalben in der Stadt schwer", beklagt Norbert Maak, Vizevorsitzender des NABU.

Mensch und Vogel sind eben nicht immer die besten Freunde. Viele Hausbesitzer schlagen die Schwalbennester unter ihrem Dachfirst ab, weil sie den Vogeldreck fürchten. Maak: "Davor kann man sich schützen, in dem man schlicht ein Brett unter dem Nest anbringt." Außerdem stehen die Vögel unter gesetzlichem Schutz. Doch die Ornithologen wollen eher um Verständnis werben, als mit Anzeige drohen. Deshalb vergeben sie Plaketten für ein "Schwalben-freundliches Haus." Eine solche Auszeichnung hängt auch an der Kirche Maria Hilfe der Christen in Lörick. Dort brütet himmelwärts eine komplette Mehlschwalbenkolonie in nahezu 40 Nestern — und beschert dem Kirchturm jedes Jahr zwitschernden Nachwuchs.

Viele Vögel zieht es nicht nur wegen der Futterplätze in die Stadt. "Amsel und Ringeltaube waren vor 100 Jahren Waldvögel", berichtet Tobias Krause, "heute leben sie überwiegend in der Stadt, weil sie hier weniger Feinde haben, als in der freien Natur." Aus diesem Grund habe sich der Bestand in den letzten Jahrzehnten nahezu verdoppelt. Das gilt auch für die Elster. 30 Brutpaare haben die Ornithologen pro Quadratkilometer gezählt — mitten in Düsseldorf. Im Rotthäuser Bachteil, einem vermeintlichen Vogelparadies, kommen sie dagegen kaum vor.

Wie gut sich Vögel einem neuen Lebensraum anpassen können, beweisen die Halsbandsittiche aus der Familie der Papageien, die seit Jahren mit ihrem auffallend dschungelgrünen Gefieder die City-Bäume bevölkern. Nach Einschätzung von Tobias Krause leben mittlerweile 1500 Exemplare in Düsseldorf, vor allem weil sie die milden Wintertemperaturen schätzen. Auch Stare sind echte Stadtvögel. "Sie lieben kurz geschnittene Rasenflächen, weil sie ihre Beute so besser erkennen können", berichtet Norbert Maak. Außerdem gelten sie als Meister der Nachahmung. So imitieren Stare nicht nur den Gesang anderer Vogelarten, sondern auch Handyklingeln — geborene Großstädter.

(RP)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort