Serie Starke Polit-Frauen (4) Die geerdete Idealistin

Düsseldorf · Iris Bellstedt führt die Grünen im Rathaus an, kann manchmal gut mit der CDU - und spielt am liebsten Doppelkopf.

 Ein kleines Haus, großer Garten - und die Sonnenblume darf nicht fehlen: Iris Bellstedt, Sprecherin der Grünen-Ratsfraktion.

Ein kleines Haus, großer Garten - und die Sonnenblume darf nicht fehlen: Iris Bellstedt, Sprecherin der Grünen-Ratsfraktion.

Foto: RP, T. Busskamp

Grüne und Gartenzwerg - passt das? Wenn der Gartenzwerg schwul ist, schon. Mit abgespreiztem kleinen Finger reitet dieses besondere Exemplar durch den Garten von Iris Bellstedt. Die 41-Jährige führt, gemeinsam mit Günter Karen-Jungen, die Grünen-Ratsfraktion.

Parteibuch verpflichtet: An der Wäscheleine flattert die stilisierte Sonnenblume, Symbol der Ökopartei. Außer Blumen gibt es viel Nützliches, aber auch Wildes in Bell-stedts Garten: Erdbeeren, Kartoffeln, Tomaten, eine Kräuterspirale, Mohnblumen und eine mannshohe Distel. "Ein Experiment, ich habe sie einfach mal wachsen lassen", sagt Bellstedt.

Einfach mal wachsen lassen - das könnte auch ihr politisches Motto sein. Denn sie ist eine echte Reala, eine Realpolitikerin, fern von fundamentalen Ideen, ohne die Ideale der Partei aus den Augen zu verlieren. Es ist bekannt, dass Bellstedt sich gut mit CDU-Fraktionschef Dirk Elbers versteht. Auch wenn zwischen ihnen bei manchen Themen Welten liegen: Ginge es nach der Grünen, könnten die Pläne für den Kö-Bogen deutlicher kleiner ausfallen. Das neue Kohlekraftwerk im Hafen hofft sie doch noch verhindern zu können. Und findet es toll, dass Umwelt jetzt ein großes Thema ist. "Aber man muss schon genau hinschauen, was tatsächlich hinter den vollmundigen Worten steckt." Wohnküche mit Wintergarten, ein Zimmer mit CDs, Gitarre und Verstärker. Kein Fernseher. "Doch", gesteht Bellstedt, "oben im Schlafzimmer." Im Kühlschrank steht Biomilch, auf dem Gartentisch Kuchen von der Biobäckerei "Backbord". In das verschachtelte Haus in Itter sind sie und ihr Mann Thomas Niehaus 1998 gezogen. Damals war die Sozialpädagogin gerade mal fünf Jahre bei den Grünen. Kurz nach ihrem Eintritt saß sie in einem Ausschuss, für die Kommunalwahl 1994 wurde sie auf einen vorderen Listenplatz gesetzt. "Der Kleister für die Plakate, die wir geklebt haben, trocknete fast nie", erinnert sich Bellstedt an den Wahlkampf. Die Mühe lohnte sich: Sie zog in den Rat ein, Rot-Grün kam an die Macht.

Die Zeit war nicht günstig für grüne Ideale - die Stadt steckte in der Haushaltssicherung, 500 Millionen mussten gespart werden: "In der Fraktion haben wir bis zu Tränen diskutiert, ob eine Stadtteilbücherei geschlossen wird." Damals setzte sich Bellstedt für eine Idee ein, die sie bis heute reizvoll findet: Den Reisholzer Hafen mit Promenade, Gastronomie und Grünflächen zur Attraktion zu machen. "Ohne die Industrie zu verdrängen", schiebt die Realpolitikerin nach. "Es gibt genügend freie Flächen."

Doch 1999 kam das böse Erwachen. Rot-Grün verlor die Wahl, Joachim Erwin (CDU) wurde OB. "Die Macht loszulassen, war bitter", sagt Bellstedt. An die Macht kamen die Grünen auch 2004 nicht, errangen aber zumindest wieder zehn Sitze - und Iris Bellstedt wurde Fraktions-Sprecherin. 20 Stunden pro Woche koste sie dieses Ehrenamt - trotz des Vollzeitjobs als Geschäftsführerin beim Paritätischen Wohlfahrtsverband. "Ich habe das Glück, dass ich mir meine Arbeitszeit flexibel einteilen kann", sagt die 41-Jährige. Hobbys könne man sich da eben nicht leisten. Und wenn doch Freizeit übrig bleibt, schlägt ihr Herz vor allem für eins: Doppelkopf.

(RP)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort