Carmen Brown Die Funk-Diva aus Oberbilk

Düsseldorf · Die Soul-Sängerin Carmen Brown hat soeben ein bemerkenswertes Debütalbum vorgelegt. Auf "It's All For You" versammelt sie Sounds zwischen Black Music und Jazz. Oben auf thront die kraftvolle Stimme der Frau, die in Portugal aufwuchs und in Düsseldorf Physik studierte.

 „Das Wort Diva ist ein Kompliment“: Carmen Brown.

„Das Wort Diva ist ein Kompliment“: Carmen Brown.

Foto: Label

"Die Cranberry-Schorle", ruft Carmen Brown durch das kleine Oberbilker Café, "ist die süß?" Die Bedienung verneint. Die Sängerin denkt nach. "Dann nehme ich lieber die Ingwer-Limetten-Schorle." Zufrieden wendet sie sich von der Theke ab, dann, ganz plötzlich, dreht sie sich wieder um: "Ach nee, doch nicht." Nicht, dass Carmen Brown unschlüssig wäre. Sie versucht einfach nur, das Beste herauszuholen. Manchmal will sie aber auch alles auf einmal.

"Funk heißt für mich schwitzen", sagt die Wahl-Düsseldorferin, "man muss einfach dazu tanzen. Funk ist Power-Musik." Power, die auch Carmen Brown hat. Soeben veröffentlichte die Sängerin ihr Debüt-Album "It's All For You", eingespielt mit ihrer Band The Elements. Soul-, Jazz- und Gospel-Verweise sind da zu hören, zusammen ergeben die 14 Songs aber vor allem eines: eine kompromisslose Funk-Platte. Satte Bässe liefern sich Schlagabtäusche mit vertrackten Schlagzeugrhythmen. Posaune, Trompete und Saxofon bilden den melodiösen Überbau. Und Brown selbst gibt das hinzu, was sie "Power" nennt: Ihre imposante Stimme röhrt geradezu durch den Erstling, tonangebend und entwaffnend, erfahren und geübt. So, als hätte sie in ihrem Leben nichts anderes gemacht.

Dabei hat die Sängerin eigentlich erst sehr spät zur Musik gefunden. Als Tochter mosambikanischer Einwanderer wuchs sie nahe Lissabon auf und verbrachte den Großteil ihrer Jugend in Portugal. Musik kannte sie von Partys, aus der Kirche und der heimischen Stereoanlage; selbst gemacht hat sie keine. "Da war es kulturell einfach zu eng", sagt Brown. "Ich wollte auch immer aus Portugal raus." Ihr Ziel: Deutschland. Warum? "Ich konnte die Sprache nicht, das war meine Herausforderung."

Gleich nach dem Abitur packte sie ihre Sachen, zog nach Düsseldorf. "Hätte es nicht geklappt, wäre ich wieder zurück nach Hause." Sie blieb. Wie lange das jetzt her ist, will die Sängerin nicht verraten, auch nicht, wie alt sie ist. Das Geheimnis ist Teil des Projekts Carmen Brown, Brown die Funk-Diva. "Ein Kompliment", findet sie und lacht. Allüren habe sie keine, trotzdem: "So spricht man von jemandem, der voll in seiner Kunst aufgeht, dafür lebt."

Nur: Davon leben, das kann die Künstlerin noch nicht. "Natürlich möchte ich weiterkommen, aber noch bin ich ganz am Anfang." Eine Diva mit Bodenhaftung. Ihr Brotjob ist die Musikpädagogik. Carmen Brown denkt laut nach: "Irgendwann mal ausschließlich Carmen Brown & The Elements zu machen, das wäre schon ein Traum." The Elements, das ist ihre achtköpfige Band um Produzent Georgi Gogov, mit der sie seit gut zwei Jahren fest zusammenarbeitet. Vorher versuchte sie sich in verschiedenen Rock- und Popformationen, eigentlich zog es sie aber immer zum Funk. Ihr musikalisches Talent entdeckte sie auf den hiesigen Jamsessions, noch zu Uni-Zeiten. Studienfach: Physik, immerhin bis zum Vordiplom. Ungewöhnlich für eine Funk-Sängerin. Findet Brown allerdings nicht: "Musik funktioniert doch auch wie eine Art Naturwissenschaft: Es gibt die Töne und Punkt."

Es kommt halt darauf an, was man daraus macht — sie eine ganze Menge. Ende letzten Jahres veröffentlichten Carmen Brown & The Elements ihre erste EP, sieben Songs, die so gut ankamen, dass die Band gleich nachlegte.

Erst tourte sie mit der Sängerin Marla Glen durch Deutschland, dann veröffentlichte sie das Debüt "It's All For You". Jetzt geht es wieder auf die Bühne, auch an neuen Song-Ideen arbeitet die Musikerin bereits. Sie will weiterkommen. "Man kann ja auch nicht als Arzt sagen: Ich mache jetzt 'ne super Operation und das war's." Lächelnd leert sie ihr Glas Cranberry-Schorle. "Am liebsten würde ich gerade überall gleichzeitig sein."

Erstmal geht es wieder raus nach Oberbilk.

(RP)
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