Macher Vom Rhein Matthias Nentwich Die Erfinder des Aktionsverkaufs sitzen im Hafen

Düsseldorf · Das französische Internet-Handelsunternehmen Vente Privee mit Deutschland-Sitz in Düsseldorf wächst rasant.

Jacques-Antoine Granjan hatte 2001 eine Idee, die die Welt des Internethandels auf den Kopf stellen sollte. Vente Privee - Privatverkauf - heißt sein Unternehmen. Er kauft im großen Stil Waren ein, die er im Netz weiterverkauft, nichts besonderes soweit. Doch das Unternehmen arbeitet sehr selektiv: "Wir kaufen die Lagerware von ausgewählten Marken, kein Ramsch", sagt Deutschlandchef Matthias Nentwich. Sichtbar sind die Angebote nur für angemeldete Kunden. Zudem kann man bei Vente Privee nicht aus einer gigantischen Auswahl wählen. "Wir machen jeden Tag eine kleine, festgelegte Anzahl von Angeboten. Ab 7 Uhr kann man kaufen. Manchmal ist von einem bestimmten Produkt schon um 7.01 Uhr alles weg", sagt Nentwig. Flash-Sale oder Aktionsverkauf heißt das, und das Modell boomt. Vente Privee ist in Frankreich Marktführer und besitzt dort Kultstatus. Das liegt an Marken wie Liebeskind, Strenesse, Guess, G-Star oder Levi's. Es gibt nicht nur Mode, auch Mitgliedschaften bei Fitness-Studios oder Elektrogeräte, alles zwischen 30 und 70 Prozent unter Handelspreis. Allerdings muss der Kunde eine Weile auf seine Waren warten, denn Vente Privee kauft erst ein, wenn genug Kunden gefunden wurden. In Frankreich macht das Unternehmen heute 1,5 Milliarden Euro Umsatz.

2009 wollte Granjan nach Deutschland expandieren. Als Sitz wählte er Düsseldorf. "Granjan kannte die Stadt aus Studienzeiten und liebt sie. Außerdem ist Düsseldorf viel näher an Paris als Berlin. Düsseldorf ist eben Klein-Paris", sagt Nentwich. Inzwischen ist die Zentrale im Medienhafen von acht auf 45 Mitarbeiter angewachsen. 1,5 Millionen Mitglieder werden von dort betreut. Der Umsatz in Deutschland liegt im dreistelligen Millionenbereich.

Seit November ist Matthias Nentwich verantwortlich für das Deutschlandgeschäft. Er hat einen deutschen und einen französischen Pass. Seine Familie lebt in Paris, einmal in der Woche ist er dort, geschäftlich und privat. "Ich nehme den Flieger. Die Zentrale liegt nahe dem Flughafen", sagt Nentwich. Düsseldorfs stadtnaher Flughafen sei einer der Hauptgründe, warum Vente Privee Deutschland in Düsseldorf und nicht etwa in München sitzt. In Düsseldorf lebt Nentwich sich gerade ein. Gestern erst war die Wohnungsübergabe. Er bewohnt jetzt ein Appartement in Unterbilk. "Zur Arbeit kann ich mit dem Fahrrad fahren.", sagt der Deutschland-Chef, der vorher Manager beim Chemieriesen Roullier war.

Seine beiden Söhne, 21 und 24, sowie seine Frau bleiben in Frankreich. Er will an beiden Orten zuhause sein. Das passt zu seinem Lebenslauf. Der gebürtige Deutsche zog als Sechsjähriger nach Frankreich, nahm auf Wunsch der Söhne die französische Staatsangehörigkeit an. Er liebt Oldtimer, hatte einen Jeep von 1944 und träumt von einem Mercedes Cabriolet aus den 60er Jahren. Was bringt 2015? Zweistellig wachsen sehen will er sein Unternehmen, wie in den Vorjahren. Und eine weitere Herausforderung angehen. "Vente Privee ist für Deutsche ein sperriger Name. Wir denken darüber nach, ob oder wie wir das ändern können."

(RP)
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