Resozialisierung in Düsseldorf Diakonie übt scharfe Kritik an der Justizvollzugsanstalt

Düsseldorf · Weil ein Projekt zur Haftverkürzung nicht fortgesetzt wird, fürchtet der Verband um die Resozialisierung.

 Ein Beamter öffnet eine Zelle in der JVA Düsseldorf.

Ein Beamter öffnet eine Zelle in der JVA Düsseldorf.

Foto: dpa/Christophe Gateau

Die Diakonie fürchtet um die Erfolge bei der Wiedereingliederung von Gefangenen der Düsseldorfer Justizvollzugsanstalt (JVA) in die Gesellschaft. Im Zentrum der Kritik steht ein zwischen 2010 und 2017 von der Diakonie begleitetes Projekt zur Haftverkürzung. Darin halfen Sozialarbeiter Inhaftierten, die im Gefängnis saßen, weil sie Geldstrafen, beispielsweise fürs Schwarzfahren, nicht begleichen konnten oder wollten. Die Justiz spricht in diesem Fall von einer Ersatzfreiheitsstrafe.

„2017, also im letzten Jahr unseres Projekts, haben wir an 157 Fällen gearbeitet. In 70 Fällen waren wir erfolgreich, konnten erreichen, dass Angehörige die Geldstrafen bezahlten oder Schuldner eine Ratenzahlung einräumten. 4084 Hafttage wurden so eingespart“, rechnet Carola Schüler, Leiterin der evangelischen Gefangenenfürsorge, vor. Mehr als 530.000 Euro habe der Staat alleine in diesem Jahr durch die Reduzierung von Hafttagen einsparen können. „Es ist nicht nachvollziehbar, warum wir diese Arbeit – trotz zunächst ganz anderer Signale – seit mehr als zwei Jahren nicht fortsetzen dürfen, obwohl für genau diese JVA-Projekte aktuell 318.400 Euro in den NRW-Haushalt eingestellt wurden“, sagt Pfarrer Thorsten Nolting, Vorstandschef der Diakonie. Tatsächlich hatte sich der Wohlfahrtsverband 2017 um die Fortsetzung des von ihm seit 2010 betreuten Haftverkürzungsprojekts beworben. „Leider vergeblich“, sagt Nolting. Andere Träger seien in der Düsseldorfer JVA nicht an die Stelle der Diakonie getreten, so dass das Projekt nun in Teilen brach liege. „Das ist der Resozialisierung von Inhaftierten nicht förderlich“.

Dem widerspricht Beate Peters, seit 2018 Leiterin der JVA, in der derzeit 804 Männer und Frauen einsitzen. „Wir haben allein 2019 mit Hilfe unserer eigenen Sozialarbeiter in 135 Fällen eine Haftverkürzung bei den Ersatzfreiheitsstrafen erreichen können. Es liegt in diesem Bereich nichts brach“, betont sie. Die von der Diakonie am Donnerstag vorgelegten Zahlen zu eingesparten Hafttagen und Geld-summen hält sie „für nicht valide. Ich kann sie schlicht nicht nachvollziehen.“

Und warum wurde die Fortführung des Haftverkürzungs-Projekts der Diakonie Düsseldorf abgelehnt, obwohl dafür landesweit Mittel bereitstehen? „Weil es ein Angebot war, das als unwirtschaftlich eingeschätzt wurde“, sagt Peters. Das sieht Marcus Strunk, Sprecher der Justizvollzugsdirektion des Landes, genauso. „Die dort geltend gemachten Kosten standen zur angebotenen Leistung in keinem Verhältnis“, sagt er. Dass ein Teil der bereit stehenden gut 318.000 Euro nun ungenutzt bleiben, findet er nur folgerichtig: „Wir müssen mit Haushaltsmitteln sparsam und wirtschaftlich umgehen und alle Anträge im Sinne des Steuerzahlers auf den Prüfstand stellen.“ Am Sinn von besonderen, durch freie Träger begleiteten Haftverkürzungsprojekten zweifeln weder er noch Peters. „Wir prüfen zurzeit, wie wir dieses Thema landesweit weiter voranbringen können“, sagt Strunk.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort