Kultur in Düsseldorf Düsseldorfer Bühnen geben Lebenszeichen

Pempelfort · Mit einer Open-Air-Veranstaltung meldeten sich sechs Düsseldorfer Bühnen zurück aus der Corona-Pause. Open-Air boten sie im Ehrenhof einen Mix aus Theater, Tanz, Akrobatik und Musik.

Tanz und Akrobatik waren nur ein Programmpunkt beim Kulturprogramm im Ehrenhof.

Tanz und Akrobatik waren nur ein Programmpunkt beim Kulturprogramm im Ehrenhof.

Foto: Bretz, Andreas (abr)

„Nimm deine Hände von mir, du Schwein!“, ruft Marianne Rogée und wirft theatralisch den Kopf zurück. Dann hält sie inne und schaut zum Regisseur René Heinersdorff, der vor der Bühne steht. „Moment mal. Eigentlich müssten wir doch den Mindestabstand einhalten oder nicht? Dann macht der Text ja überhaupt keinen Sinn“, sagt sie, und Heinersdorff entgegnet mit einem Schulterzucken: „Ja, das stimmt. Dann improvisiere halt.“ Rogée überlegt kurz und schlüpft dann wieder in ihre Rolle: „Setz deine Maske wieder auf, du Schwein!“, schreit sie Hugo Egon Balder entgegen, der bei der Aufführung den heimlichen Geliebten spielt.

Verzweifelt versuchen die Schauspieler in den darauffolgenden Minuten, ihr anzügliches Boulevard-Theaterstück „coronatauglicher“ zu gestalten. Beim Publikum sorgt die augenzwinkernde Aufführung vom „Theater an der Kö“ sichtlich für gute Laune. Gleichzeitig greift die Darbietung ein ernstes Problem auf, vor dem Darsteller und Theaterfans gleichermaßen stehen: Wie kann man in Zeiten von Abstandsregeln und Versammlungseinschränkungen den Kulturbetrieb wiederaufnehmen?

Eine Lösung, die eine Premiere war, präsentierten am vergangenen Wochenende sechs Düsseldorfer Bühnen mit ihrer Veranstaltung „Theater! Open! Air! – Ein sommerliches Lebenszeichen“ im Ehrenhof. Unter freiem Himmel wurde den gut 200 Zuschauern ein zweistündiges Programm geboten, bei dem sich Schauspiel-, Tanz- und Gesangsdarbietungen abwechselten. Neben dem „Theater an der Kö“ waren unter anderem das „Tanzhaus NRW“, das „Kom(m)ödchen“ und das „Düsseldorfer Schauspielhaus“ mit dabei.

Schon vor dem Beginn der Veranstaltung herrschte zwischen den hochaufragenden Steinmauern des Kunstpalastes eine besondere Atmosphäre. Leise rauschte der Wind durch die grünen Kronen der Kastanienbäume im Hof, während die Zuschauer gespannt darauf warteten, nach 14 Wochen Zwangspause endlich wieder ein kulturelles Bühnenprogramm zu erleben. „Ich bin so froh, dass es jetzt wieder solche Veranstaltungen gibt“, sagte Annegrett Helberg, die mit ihrem Mann Rolf aus Mettmann angereist war. Die beiden mussten in den vergangenen Monaten auf digitale Übertragungen von Theaterstücken zurückgreifen. Das war für das Ehepaar jedoch nicht mehr als eine Notlösung: „Live kommt viel besser zum Tragen, was der Künstler wirklich kann“, sagte Helberg weiter. Gebannt verfolgten sie und ihr Mann wenig später, wie sich der Tänzer Paul Davis Newgate akrobatisch über die Bühne bewegte, Valerie Eickhoff und Jorge Espino die Opernarie „Il Barbiere di Siviglia“ sangen und das Ensemble des „Jungen Schauspiels“ die kleineren Besucher mit einem Lied aus „Das doppelte Lottchen“ unterhielt.

Obwohl sich überwiegend versierte Kulturkenner unter den Zuschauern befanden, entdeckte der ein oder andere bei der Veranstaltung auch neue Kunstformen für sich. „Wir gehen normalerweise nur ins Schauspielhaus oder ins Kom(m)ödchen, aber das könnte sich jetzt ändern“, sagte Valerija Kolb, die mit ihrem Mann und den zwei Töchtern ebenfalls vor der Bühne saß. „Sonst bekommt man nicht so einen Einblick in die anderen Kulturhäuser in der Stadt. Hier war schon einiges dabei, was wir uns gerne auch noch einmal länger als zehn Minuten anschauen würden.“

Die gut 35 Künstler an diesem Abend waren sichtlich erleichtert, wieder auf der Bühne zu stehen. „Unser Betriebszweck ist das Tanzen und Spielen auf der Bühne. Natürlich waren die letzten Wochen belastend für uns alle“, berichtete Stefan Fischer-Fels, Künstlerischer Leiter des Jungen Schauspiels in Düsseldorf. Auch Paul Jumin Hoffmann hat eine schwere Zeit hinter sich. „Ich bin nicht fest angestellt und habe mir immer wieder kleine Nebenjobs suchen müssen, um mich über Wasser zu halten“, berichtete der Schauspieler. Die Open-Air-Veranstaltung dürfte den jungen Mann und seine Kollegen jedoch zuversichtlich stimmen, da beide Veranstaltungstage in kürzester Zeit ausverkauft waren. Außerdem zeigte ihnen das Publikum lautstark nach jeder Darbietung, wie sehr sich die Zuschauer über die Auftritte der Schauspieler, Tänzer und Musiker freuten.

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