Diakonie-Bilanz des Flüchtlingszustroms „Unsere Gesellschaft merkt nicht, was sie geschafft hat“

Düsseldorf · Seit 2015 sind viele Geflüchtete in Düsseldorf heimisch geworden – sie tauchen in den Nachrichten nicht mehr auf. Aber es gibt noch viele, die Wohnung und Arbeit suchen. Jetzt hat die Diakonie Bilanz gezogen.

 „Ich habe mich bewusst für Deutschland entschieden“, sagt Ahmad Manja (27). Doch die Suche nach einem Ausbildungsplatz ist schwierig.

„Ich habe mich bewusst für Deutschland entschieden“, sagt Ahmad Manja (27). Doch die Suche nach einem Ausbildungsplatz ist schwierig.

Foto: Hans-Juergen Bauer (hjba)

Ahmad Manja war 22, als er Syrien wegen des Kriegs verließ. Statt weiter Chemietechnik zu studieren, verschickt er jetzt – fünf Jahre später – Bewerbung um Bewerbung auf einen Ausbildungsplatz als Chemielaborant. Zwar spricht er passabel Deutsch, wirkt fit und sportlich – aber dass er ohne Unterschenkel geboren ist und daher Prothesen trägt, ist für viele Arbeitgeber offenbar doch noch ein Hindernis. „In Syrien hätte ich mehr Möglichkeiten“, sagt er. „Aber ich habe trotzdem Hoffnung, dass ich es schaffe.“

Es ist nicht alles gut im Düsseldorf des Jahres 4 nach Beginn des Flüchtlingszustroms. Das sagt auch Diakoniepfarrer Thorsten Nolting. Durch gesetzliche Verschärfungen sei es schwieriger für Geflüchtete, eine Arbeit aufzunehmen. Die Ausländerbehörden litten oft unter Personalnot, manche Vorgänge dauerten Wochen. Die Wohnungskrise führe dazu, dass viele lange auf eine dauerhafte Bleibe warten müssten, und das gesellschaftliche Klima sei weniger herzlich als 2015. Trotzdem: „Unsere Gesellschaft merkt gar nicht, was sie gemeinsam mit den Geflüchteten geschafft hat“, so Nolting und zitiert einen Autoren des Dialog-Magazins der Diakonie: „Normalität fällt nicht auf.“

Die evangelische Einrichtung ist stolz auch auf die eigene Leistung: Man habe zu den ersten gehört, die Flüchtlingsberatung anboten, und habe dann andere Institutionen geschult. Die Welcome Points als Begegnungs- und Anlaufstelle seien sehr gut angenommen worden. 630 Geflüchtete vermittelte die Wohnungsberatung in 200 Wohnungen. Die eigenen vier Wände und ein Ausbildungs- oder Arbeitsplatz – das sei für viele jetzt wichtig, um wirklich anzukommen. „Die Zeit des Händchenhaltens ist vorbei“, sagt Alexandra Pfründer vom Welcome Point 01. „Die Menschen wollen jetzt handfeste Hilfe, um endlich wirklich Fuß zu fassen.“

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