Kunstwerk vor dem Uerige in Düsseldorf Der Radschläger macht eine Schönheitskur

Düsseldorf · Das Kunstwerk vor der Uerige-Brauerei ist ein beliebtes Fotomotiv in der Altstadt. Alle paar Jahre muss es vom Künstler Ulli Maier restauriert werden.

 Uli Maier hatte den Uerige-Radschläger 2001 für einen Wettbewerb gestaltet. Er kümmert sich auch um die Pflege des Kunstwerks.

Uli Maier hatte den Uerige-Radschläger 2001 für einen Wettbewerb gestaltet. Er kümmert sich auch um die Pflege des Kunstwerks.

Foto: Maier/maier

Fast nackt liegt er auf dem „OP-Tisch“ von Ulli Maier, Arme und Beine von sich gestreckt. Konzentriert setzt sein Erschaffer und „Chirurg“ den Spachtel an, fast zärtlich löst er den Lack bis zum Grundmaterial ab. „Ich entferne nur, wo es dringend notwendig ist. Die Sedimentschichten in Einklang zu bringen, die über die Jahre entstanden sind, ist die Herausforderung“, sagt der Düsseldorfer Künstler. Denn auch wenn sein Patient wie täuschend echt aus Kupfer und Holz gestaltet zu sein scheint – im Kern ist die berühmte Radschläger-Skulptur der Uerige-Brauerei nur ein zwei Meter großes Plastikmännchen.

„Trompe-l’œil“ bedeutet aus dem Französischen übersetzt so viel wie „täuscht das Auge“. Gemeint ist damit eine Art illusionistische Malerei, mit der Dreidimensionalität in Bildern erzeugt wird. Aber auch bei Skulpturen kommt die Kunsttechnik zum Einsatz, um hochwertigere Materialien vorzutäuschen. Im Falle des Radschlägers sorgt ein Maserierungsstempel für die Imitation der feinen Holzmasern auf der Öl-Farbe. Patina und Nieten auf den hauchdünnen Blattkupfer-Schichten fügt Maier per Hand hinzu. „Für mich ist das der größte Spaß an der Sache. Zu sehen, wie die Leute scharenweise darauf hereinfallen“, sagt der Künstler schmunzelnd. Sogar den Kupferschmied der Brauerei führte er damit schon hinters Licht.

Und wahrscheinlich noch unzählige Passanten mehr, denn die Skulptur ist mittlerweile ein Monument der Altstadt. Im Sommer sitzen die Brauerei-Besucher auf dem Sockel und trinken ihr Alt, während Kinder darauf rumturnen und den Radschlag nachmachen. „Er ist ein Teil vom Uerige geworden und gar nicht mehr wegzudenken“, sagt Baas Michael Schnitzler. Er munkelt sogar, dass die Skulptur von Touristen häufiger fotografiert werde als die Jan-Wellem-Statue. Logisch, dass bei all der Beachtung der Radschläger regelmäßig eine Auffrischungs-Kur benötigt.

 Der Radschläger wird über die Karnevalstage restauriert.

Der Radschläger wird über die Karnevalstage restauriert.

Foto: Maier

Es ist bereits die dritte Restauration seit seiner Geburt im Jahr 2001, als Uerige-Chef Schnitzler den befreundeten Künstler zur Teilnahme an einem stadtweiten Kunst-Wettbewerb bewegte. Über 100 verschiedene Skulpturen zum bekannten Stadtlogo entstanden damals. Der Uerige-Radschläger ist einer der letzten verbliebenen. Jedes Jahr zu Karneval verschwindet er im Keller der Brauerei. „Den Andrang würde er sonst wohl nicht überleben“, sagt Schnitzler, der die Skulptur nach dem Wettbewerb für einen guten Zweck ersteigerte. Mittlerweile liegt sie auch dem Künstler sehr am Herzen, der sich allerdings mit der Physiognomie des historischen Symbols nie anfreunden konnte. „Man rollt sich bei einem Radschlag doch nicht über den Kopf ab“, sagt Maier.

 Der Lack ist ab, beim Radschläger vom Uerige.

Der Lack ist ab, beim Radschläger vom Uerige.

Foto: Maier
 So sieht die Figur an ihrem Stammplatz vor der Brauerei aus.

So sieht die Figur an ihrem Stammplatz vor der Brauerei aus.

Foto: Maier

So hatte es sich jedoch der Kunstschmied Friedrich Becker vorgestellt, als er die Vorlage für das heute überall in Düsseldorf zu findende Radschläger-Motiv entwarf. Zum ersten Mal gestaltete er es als Türgriff für einen Nebeneingang der Altstadt-Kirche St. Lambertus. In diesen Tagen läuft ein Urheber-Rechtsstreit über ein möglicherweise zu ähnliches anderes Werk. Dass nun, fast 20 Jahre nach dem städtischen Wettbewerb auch Abmahnungen für ihr Wahrzeichen kommen werden, können sich weder Maier noch Schnitzler vorstellen. „Das wäre nach all den Jahren ein bisschen albern”, sagt Maier.

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