Rektorwahl Der neue Kurs der Kunstakademie

Düsseldorf · Die Düsseldorfer Akademie wählt heute einen neuen Rektor. Einziger Kandidat ist der Bildhauer Tony Cragg. Im Falle seiner Wahl wird er eine Hochschule leiten, die seit Jahren im Kreuzfeuer der Kritik steht. Hauptvorwurf: Sie kümmere sich zu wenig um die elektronischen Künste.

 Tony Cragg vor einem seiner Werke im Wuppertaler Skulpturenpark.

Tony Cragg vor einem seiner Werke im Wuppertaler Skulpturenpark.

Foto: RP, Werner Gabriel

Wenn Tony Cragg heute zum neuen Rektor der Düsseldorfer Kunstakademie gewählt wird, dann wird der 60-Jährige künftig eine Institution leiten, von der manche behaupten, ihr Ruf sei besser als sie selbst. Doch der Professor für Bildhauerei — bislang einer von zwei Prorektoren — will sich nicht so schnell erklären.

Wenn die Vertreter des Senats ihn denn tatsächlich wählten, werde er nicht vor August dazu kommen, die Amtsgeschäfte aufzunehmen. Und überhaupt: Erst einmal müsse er mit seinen Kollegen darüber sprechen, wie es in der Akademie weitergeht.

Im Gespräch mit unserer Redaktion hat er immerhin seine Vorliebe für Teamarbeit erkennen lassen. Darin unterscheidet er sich von seinem Vorgänger Markus Lüpertz, dem Studenten nachsagen, er sei ein Egoist. Lüpertz baute zwar im Kreis der Professorenkollegen auf Einvernehmen, behielt sich aber die Darstellung der Hochschule nach außen vor. Den anderen stand wohl auch nicht der Sinn danach.

Der Wechsel im Rektorat ist Anlass zu fragen, wie gut die Düsseldorfer Akademie dasteht.

Wenig Platz für neue Medien: Unter den gut 20 Hochschullehrern findet sich nur einer, der sich um Fotografie und Video kümmert: Christopher Williams. Das entspricht bei weitem nicht der Bedeutung, die diesen Künsten im Zeitalter von Gursky, Ruff und Struth zukommt. Doch Williams gilt in seiner Klasse als sehr engagierter Lehrer.

Kompliziert ist es, bei Vadim Glowna zu studieren. Der renommierte Schauspieler und Regisseur kommt nur sehr selten nach Düsseldorf, so dass die Studenten höchst eigenständig arbeiten müssen. Bald schon, so heißt es, wird Glowna (Jahrgang '41) in den Ruhestand gehen. Die Zukunft dieses Fachs ist ungewiss.

Starre Aufteilung in Sparten: In jüngerer Zeit verstehen sich Künstler immer weniger als Maler, Bildhauer, Fotografen, sondern sie arbeiten parallel in mehreren Medien. Nach Auffassung der Düsseldorfer Kuratorin Pia Witzmann wäre es wichtig, dass die Künstler zwischen den einzelnen Klassen wechseln können, wie das zu Witzmanns Studienzeit in Kassel noch möglich war.

Schlechte Öffentlichkeitsarbeit: Schwierig ist es, mit Professoren der Akademie Kontakt aufzunehmen. Markus Lüpertz führt ein Leben ohne Mobiltelefon, andere reagieren nicht einmal auf E-Mail-Anfragen. Vorbei die Zeiten, als Lehrer wie Joseph Beuys mit ihren Schülern noch in spektakulären Aktionen an die Öffentlichkeit traten.

Seit Lüpertz die Regie übernahm, beschränkt sich die Präsenz der Hochschule im Stadtbild auf den "Rundgang", die Jahresausstellung der Studenten, und die professoralen Ausstellungen der Akademie-Galerie. Auch dies ist ein Ärgernis für Teile der Studentenschaft: "Warum stellen nur unsere Professoren dort aus, wo wir es viel nötiger hätten?" Ein AStA-Mitglied sagt: "Für uns passiert hier gar nichts."

Der Rektor: Markus Lüpertz sei unbestechlich. Das rechnen ihm einige Studenten hoch an. Er habe sich stets für zwei Dinge eingesetzt, von denen man hoffe, dass sie so fortgeführt werden. Er habe Studiengebühren abgewehrt und es vermieden, den Betrieb zu verschulen. "Wer Kunst studiert, muss selbstständig arbeiten", so der Tenor in der Studentenschaft.

Dass manche Professoren nur einmal im Monat oder noch seltener präsent sind, sei nicht so schlimm. "Wären die Bedingungen anders, hätten wir keine Künstler aus New York, Skandinavien oder London hier." Die Studenten gehen davon aus, dass Cragg Lüpertz' Linie weiterführt.

Angesehene Professoren: Auf der Haben-Seite der Akademie schlagen vor allem die Namen der Professoren zu Buche: Siegfried Anzinger etwa, Peter Doig, Albert Oehlen, Tal R., Georg Herold, Rita McBride, Rosemarie Trockel, Hubert Kiecol und der Architekt Axel Schultes.

Große Tradition: Von Achenbach und Schadow über Mataré, K. O. Goetz, Richter, Beuys und die Bechers bis zu Gursky — große Lehrer bringen in Düsseldorf seit je immer wieder auch große Schüler hervor.

Eine der ersten Adressen: Die Kunstakademie Düsseldorf gilt trotz aller Kritik nach wie vor als eine der angesehensten Kunsthochschulen in Deutschland, neben der Hochschule für Bildende Künste in Hamburg und der Städelschule in Frankfurt am Main.

(RP)
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