Die fast vergessene Oscar-Gewinnerin Luise Rainer – der Hollywood-Star aus Düsseldorf

Düsseldorf · Die Schauspielerin Sandra Hüller ist für einen Oscar nominiert. In der langen Geschichte des Filmpreises gewann erst eine Deutsche diese Auszeichnung. Heute kennen die Schauspielerin nur noch wenige: Luise Rainer aus Düsseldorf. Eine Spurensuche.

Die Schauspielerin Luise Rainer gewann 1937 und 1938 jeweils einen Oscar. Das Foto zeigt sie 1998 in der ARD Talkshow "Boulevard Bio" in Köln.

Die Schauspielerin Luise Rainer gewann 1937 und 1938 jeweils einen Oscar. Das Foto zeigt sie 1998 in der ARD Talkshow "Boulevard Bio" in Köln.

Foto: picture alliance/Horst Galuschka

Heute kennen nur noch wenige den Namen Luise Rainer, in den 1930er Jahren war sie einer der Stars der Filmfabrik Hollywood: 1937 erhielt die in Düsseldorf aufgewachsene Schauspielerin einen Oscar für ihre Hauptrolle in der Kinorevue "The Great Ziegfeld", nur ein Jahr später gewann sie erneut den begehrtesten Filmpreis, diesmal für die Pearl-S.-Buck-Verfilmung "The Good Earth". Am 30. Dezember 2014 starb Luise Rainer wenige Tage vor ihrem 105. Geburtstag in ihrem Wohnort London. Das Düsseldorfer Filmmuseum hatte sich in den vergangenen Jahren um ihr Andenken bemüht.

Rainer war eine der letzten Zeitzeuginnen der goldenen Zeit von Hollywood - und auch den Anfängen des Düsseldorfer Schauspielhauses. Sie wurde am 12. Januar 1910 in Düsseldorf geboren. Der Vater war ein jüdischer Kaufmann, die Familie wohnte unter anderem an der Sternstraße. Mit 19 trat sie in die Theaterakademie des Schauspielhauses ein. Deren Gründer Louise Dumont und Gustav Lindemann bescheinigten ihr "ungewöhnliches Talent mit ungewöhnlicher Energie" - hatten aber mit der ehrgeizigen Frau ihre Schwierigkeiten.

Luise Rainer erhielt nach nur einem Lehrjahr einen Vertrag und spielte die ganze Bandbreite der damaligen Theaterliteratur. Schnell trübte sich allerdings das Verhältnis zum Theater. Sie weigerte sich, kleine Rollen zu spielen, meldete sich häufig krank. Ende 1930 löste Lindemann den Vertrag.

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Foto: dpa/Oliver Dietze

Luise Rainer ging ans Theater an der Josefstadt in Wien, das von Max Reinhardt geleitet wurde. Düsseldorf besuchte sie nur noch wenige Male. 1934 wurde sie von einem Talentsucher des Metro-Goldwyn-Meyer-Studios (MGS) entdeckt und nutzte die Chance, in der Filmfabrik zu spielen. Damit enfloh die Jüdin indirekt auch dem Terror der Nationalsozialisten nach dem Anschluss Österreichs im Jahr 1938.

In Hollywood wurde sie kurzzeitig als neue Greta Garbo vermarktet - und als Österreicherin. Ihr Spiel galt als deutlich theatraler als das der amerikanischen Kolleginnen - auch eine Folge ihrer klassischen Ausbildung in Düsseldorf. 1936 wirkte sie an MGMs bis dato teuerster Tonfilmproduktion "The Great Ziegfeld" mit und erhielt den Oscar, vor allem für eine tränenreiche Szene, in der sie als verstoßene erste Frau dem Impresario Ziegfeld zur erneuten Hochzeit gratuliert. Im Jahr darauf spielte sie in "The Good Earth" eine demütige chinesische Bäuerin. Die Rolle brachte ihr den zweiten Oscar.

Dann folgte ein Karriereknick. Sie galt auch in Hollywood als anstrengender Star. Der Direktor des Filmmuseums, Bernd Desinger, vermutet in einem Gespräch mit unserer Redaktion anlässlich des Todes der Schauspielerin 2014, dass sie zudem dem "Type Casting" zum Opfer fiel, also der Festlegung auf einen Rollentyp. Sie konzentrierte sich auf die Familie. 1946 wurde Tochter Francesca geboren. Ein Comeback an der Seite von Marcello Mastroianni in Fellinis "La Dolce Vita" (1960) scheiterte, weil sie keine Bettszene drehen wollte. Nach dem Tod ihres zweiten Mannes im Jahr 1989 zog sie in den Londoner Nobelstadtteil Belgravia.

In Deutschland war Rainer lange vergessen. Auch als in Berlin 2011 der "Boulevard der Stars" begründet wurde, sollte sie keinen Stern bekommen. Unter anderem Desinger setzte sich erfolgreich dafür ein, dass sie doch geehrt wurde. Dadurch kam Desinger mit der gebrechlichen Film-Diva in Kontakt. Er traf sie und begann einen Briefaustausch. 2012 wurde Rainer als erste Künstlerin mit einem Stern im Boden vor dem Eingang des Filmmuseums geehrt. Die Hoffnungen, dass die betagte Schauspielerin noch zur Feierstunde anreisen könnte, erfüllten sich nicht. Aber Desinger berichtete 2014, dass sie sich über die Ehrung sehr gefreut habe. "Das hat für sie einen Kreis geschlossen."

Dieser Artikel ist erstmals 2014 in der Rheinischen Post erschienen. Anlässlich der Oscar-Nominierung von Schauspielerin Sandra Hüller, die im Ehedrama „Anatomie eines Falls“ als beste Hauptdarstellerin nominiert wurde, bieten wir ihn aktualisiert erneut zum Lesen an.

(RP)
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