Rundgang in Flingern Kernkompetenz Widerstand

Die von Alexandra Wehrmann organisierten Rundgänge haben nichts mit normalen Führungen zu tun. Das zeigte jetzt auch der Blick hinter die Kulissen der Kiefernstraße, wo heute noch Gemeinsinn und Aufbegehren herrschen.

 40 Teilnehmer wollten sich den Blick hinter die Kulissen der Kiefernstraße nicht entgehen lassen.

40 Teilnehmer wollten sich den Blick hinter die Kulissen der Kiefernstraße nicht entgehen lassen.

Foto: Bretz, Andreas (abr)

Stadtteile unter dem Mikroskop – das ist es, was Alexandra Wehrmann bei ihren Stadtführungen bietet. Es gibt keine allgemeinen Düsseldorf-Infos, keine Spaziergänge oder gar Bustouren und auch keinen 0815-Ablauf. Bei jeder ihrer Führungen wird genau ein Thema, eine Straße oder eine Personengruppe betrachtet, und der Mensch steht dabei im Mittelpunkt.

Jetzt waren es die Kiefernstraße und ihre Bewohner, die im Fokus standen. Die bunten, einst von Hausbesetzern „geretteten“ Gebäude sind längst zu einer Kulturecke Düsseldorfs geworden. Die Kiefernstraße liegt im direkten Vergleich zur Königsallee am genau anderen Ende des gesellschaftlichen Spektrums. Hier sucht man vergeblich nach Schickimicki, trifft dafür aber auf Zusammenhalt, Kunst, Musik und nicht zuletzt eine überwältigende Nationenvielfalt.

An insgesamt sechs Stationen bekamen die Teilnehmer viele spannende Infos, persönliche Geschichten und völlig neue Blickwinkel gezeigt und konnten die Kiefernstraße ganz neu entdecken. So etwa an der ersten Station, der Kiefernstraße 1. Dort wurden die Teilnehmer von Kaspar Michels begrüßt, der selbst in den 80er Jahren an der Kiefernstraße lebte und heute Rundgänge zu diesem Thema anbietet. Er brachte Bilder aus vielen Jahrzehnten der Kiefernstraße mit, zeigte das Zakk in seiner alten Funktion als Drahtzieherei, präsentierte Bilder vom Zustand der Häuser vor den 80ern und erzählte von den ersten 60 Hausbesetzern und den hart erkämpften Mietverträgen von 1987. Die rund 40 Teilnehmer zeigten sich interessiert, fragten nach und lauschten gespannt seinen Erzählungen.

Nur wenige Hausnummern weiter konnte man Klaus Klinger lauschen, der, gemeinsam mit 15 weiteren Künstlern aus Deutschland, aber auch aus Afrika und Indonesien, die ersten drei Häuser der Kiefernstraße bemalte. Eine der weiteren Stationen war der Besuch bei Bernd Schaller, der die Teilnehmer in seine Wohnung einlud, in der er momentan Fotos von Bordellen ausstellt, sowie ein Halt auf dem „Bauwagenplatz“. Außerdem traf man auf Grischa Bender, der selbst 15 Jahre lang an der Kiefernstraße gewohnt hat und Mitglied der Cross­over-Band Monkeys with Tools war. Heute macht er deutschsprachige Songs zur Gitarre und gab im Rahmen des Rundgangs ein paar Kostproben.

Seit drei Jahren organisiert Alexandra Wehrmann solche Führungen, im Abstand von zwei bis drei Monaten bietet sie neue Rundgänge an und kann sich dabei mittlerweile schon auf ein Stammpublikum aus sämtlichen Stadtteilen Düsseldorfs verlassen. Vesna Bakrac war zum wiederholten Mal bei einer von Wehrmanns Führungen und kam aus Unterbilk dazu. Sie erfuhr über Facebook von dem neuen Rundgang und war sofort begeistert. Sie selbst hat eine Zeit lang in Flingern gewohnt, wusste schon einiges über die Umgebung und fand die Thematik umso interessanter. „Man bekommt Düsseldorf mal ganz anders zu sehen“, so Bakrac, die gemeinsam mit ihren Freundinnen fast keinen Rundgang im vergangenen Jahr verpasst hat.

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