Wandel in der Gastronomie Der Anspruch an die Altstadt steigt

Düsseldorf · Dass Restaurants und Kneipen in der Düsseldorfer Altstadt schließen und wenig später neue eröffnen, ist nicht neu. Doch die Aufmerksamkeit für das Kommen und Gehen ist gestiegen. Es gibt Proteste gegen weniger Traditions- und mehr Party-Kultur in der Gastronomie. Auch Filialen sonst erfolgreicher Ketten scheinen es im Herzen Düsseldorfs zunehmend schwer zu haben.

So verändert sich die Altstadt - September 2012
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So verändert sich die Altstadt - September 2012

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Wer durch die Düsseldorfer Altstadt läuft, sieht gelegentlich auch Leerstände. Jüngstes Beispiel: Die amerikanische Fast Food-Kette "Cheers" am Bolker Stern. Bereits für das Sylter Fisch-Imperium Gosch und das Grillrestaurant "BBQ Grill" schien sich das Geschäft hier nicht zu lohnen.

Woran liegt das? Die Ecklage am "Eingang" zur Altstadt ist hervorragend. Mit Burgern, Pommes und Würstchen bot das "Cheers" beliebte Snacks vor oder nach der Party. Trotzdem ist das Restaurant seit zwei Wochen geschlossen. Fortgang ungewiss: "Der Mietvertrag läuft noch", bestätigt ein Sprecher des früheren Eigentümers Gosch, der den Laden verpachtet hat. Auch Filialen anderer Ketten schließen. Es scheint, als sehnten sich viele Altstadtbesucher nach Charakter-Kneipen und Traditions-Gastronomie.

"Die Altstadt ist ein besonderer Ort"

Dirk Schaper, Sprecher der Altstadtgemeinschaft wundert der ausbleibende Erfolg nicht: "Die Altstadt ist ein besonderer Ort. Der Wettbewerb ist sehr groß. Der Bereich Fast Food ist schon gut abgedeckt." Ein Gastronomie-Sterben in der Altstadt sieht Schaper nicht: "Die Anzahl der Wechsel halte ich für eine Großstadt für normal. Aber neue Betreiber treffen auf harte Konkurrenz. Natürlich ist das Preis-Leistungs-Verhältnis wichtig, aber Originalität, Qualität und Atmosphäre mindestens genauso. Wer also neben den "Alteingesessenen" bestehen will, muss schon etwas Besonders bieten."

Das scheint gerade Franchise-Unternehmen, also Nutzern eines bestehenden Geschäfts-Konzeptes, schwer zu fallen. Das "Cheers" ist nur ein Beispiel. Die sonst erfolgreiche Kaffeekette "Woyton" gab ihren Standort an der Grabenstraße auf. Und selbst die gemütliche und qualitätsbewusste belgische Franchise-Bäckerei "Le Pain Quotidien" schloss am Carlsplatz ihre Türen.

Was Kult ist soll bleiben

Schließen müssen aber nicht nur die Ketten. Es trifft auch Traditionsläden wie die "Waffelbude" oder die "Ferkelhütte". Doch hier regt sich Protest. Für den Erhalt der "Waffelbude", die von der Bolkerstraße weichen musste und auch am neuen Standort Mertensgasse bisher nicht wieder eröffnet hat, setzten sich viele Menschen ein. Die Initiative "Pro Waffel" hat bei Facebook 770 Mitglieder. Diese riefen zur Unterschriftenaktion und Solidaritätskundgebungen auf und diskutierten über Spendensammlungen. Viele verbinden Kindheitserinnerungen mit der Waffelbude.

Während also gegen das Schließen von Traditions-Läden protestiert wird, gibt es Widerstand gegen die Eröffnung anderer. Zuletzt traf es die neue Party-Kneipe "Villa Wahnsinn" an der Bolkerstraße. Die Eröffnung eines weiteren Ballermann-Lokals war Anlass für viele RP-Leser, die Entwicklung der Altstadt zu kommentieren. Im Leserforum und auf Facebook beklagten viele einen zunehmenden Qualitäts- und Wohlfühlverlust. Manche befürchten eine freiwillige Abwanderung von Traditionslokalen. So schreibt ein Leser "Schlüssel und Goldener Kessel werden sicherlich bald die Flucht ergreifen."

Es bleibt abzuwarten, ob sich der offensichtliche Wunsch nach mehr Gemütlichkeit und Individualität im Altstadt-Bild der Zukunft niederschlagen wird.

(ila/jco)
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