Düsseldorf Denkt die Welt an Heine...

Düsseldorf · So unterschiedlich wie die Meinungen sind auch die Ehrungen im Ausland.

 Mit einem Loreley-Brunnen würdigen Deutsch-Amerikaner 1899 in der New Yorker Bronx ihren "großen Dichter".

Mit einem Loreley-Brunnen würdigen Deutsch-Amerikaner 1899 in der New Yorker Bronx ihren "großen Dichter".

Foto: wikimedia/Heine-institut (2)/privat

Selbst als Denkmal ist Heine in seiner Geburtsstadt lange nicht erwünscht. Und so muss sogar der imposante Loreley-Brunnen aus Marmor samt Porträtmedaillon von Heine, den Kaiserin Sisi eigentlich Düsseldorf zum 100. Geburtstag ihres Heimatdichters schenken will, ins Exil gebracht werden. 1899 findet er schließlich nach einigem Hin und Her in New York eine Bleibe, aber nicht im prestigeträchtigen Central Park, sondern in einem Park in der Bronx. Als der Brunnen enthüllt wird, sparen die deutschstämmigen Redner nicht mit Kritik an den "engstirnigen Leuten", die Heine in seiner Heimat anfeinden würden. Doch auch im Ausland reichen die Meinungen über ihn weit auseinander - von geradezu demütiger Bewunderung bis zur feindlichen Ablehnung. Entsprechend unterschiedlich fallen die Würdigungen aus.

 Miranda und Guy Azriel haben in Haifa ein Heine-Café, da der Dichter Vorbild für religiöse Toleranz sei.

Miranda und Guy Azriel haben in Haifa ein Heine-Café, da der Dichter Vorbild für religiöse Toleranz sei.

Foto: Katharina Peetz

"Das wohl kurioseste Heine-Denkmal errichtet der Düsseldorfer Kaufmann Robert Visser um 1893 im Kongo", sagt Christian Liedtke vom Heinrich-Heine-Institut. Da Düsseldorf sich weigert, Heine zu würdigen, entscheidet sich der Heine-Fan und Plantagendirektor für ein Denkmal vor Ort. An die Heimatzeitschrift "Jan Wellem" schreibt er 1926 rückblickend stolz: "Die Beschaffung des Materials war bei den primitiven Verhältnissen in den Urwäldern des Kongo keine Kleinigkeit, aber es gelang, und unter Wilden und Kannibalen stand Heine sicher und unbehindert in idyllischer Ruhe." Ein Schwarz-Weiß-Foto zeigt eine Säule mit Ornamenten und einer Texttafel.

Gerade demütig wird Heine in Russland verehrt, wo 1827 die erste russische Übersetzung eines seiner Gedichte gedruckt wird. Berühmte Komponisten, Politiker und Autoren wie Puschkin und Dostojewski lassen sich von dem sentimentalen und revolutionären Düsseldorfer inspirieren. Lenin benutzt Heine sogar im Zuge seines "Monumentalpropagada-Plans" und lässt 1918 eine Büste in Moskau aufstellen.

Für viele deutsche und deutsch-jüdische Emigranten während der NS-Zeit ist Heine wegen seiner Exilgeschichte eine wichtige Symbol- und Identifikationsfigur und Trostspender. So gründen deutsche Exilanten 1941 in Mexiko den Heinrich-Heine-Klub, dem etwa Journalist Egon Erwin Kisch und Schriftstellerin Anna Seghers angehören. In einer Rede sagt sie: "Heine hat alle Stadien der Emigration mit uns geteilt: Die Flucht und die Heimatlosigkeit und die Zensur und die Kämpfe und das Heimweh. Wir haben uns, wenn uns das Heimweh gar zu stark überkam, von seiner spöttischen Trauer trösten lassen".

In Israel lehnt man eine Würdigung Heines wiederum lange ab, da dieser sich im Alter von 27 Jahren hatte taufen lassen. Erst 2001 wird nach heftigen Diskussionen eine Briefmarke herausgebracht, gegen die Opposition der religiösen Parteien dann auch eine Straße in Jerusalem nach Heine benannt. Die Meinung über den Dichter wandelt sich aber immer mehr: In Haifa, der Partnerstadt Düsseldorfs, sieht man Heine inzwischen als Vorbild für religiöse Toleranz. Miranda und Guy Azriel haben deswegen ihr Café nach ihm benannt.

Beim Heinrich-Heine-Institut schätzt man, dass es Denkmäler in sieben Ländern gibt, darunter Frankreich und Korea, zudem weitere Formen der Hommage wie Straßen, Gebäude oder Einrichtungen, die den Namen Heine tragen.

Das sicher imposanteste Denkmal schenkt sich aber Kaiserin Sisi, die sich mit Heine spirituell verbunden fühlt und ihm lange Zeit beim Dichten nacheifert, selbst: Um 1891 lässt sie sich ein Denkmal aus Marmor auf ihrem Anwesen auf Korfu aufstellen. Nach ihrer Ermordung kauft Kaiser Wilhelm II. das Gut: Als erstes lässt er die Statue des "größten Schmutzfinken im deutschen Dichterwald" entfernen.

(semi)
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