Freizeit-Tipp Den Fälschern auf der Spur

Düsseldorf · Das Museum Plagiarius in Solingen zeigt die dreistesten Produkt-Fälschungen. Die Markenpiraterie macht vor keiner Branche und keinem Konsumgut halt.

Mitarbeiterin Isolde Müller mit einem Original (li.) und einem Plagiat eines Mokik der Firma Sachs.

Mitarbeiterin Isolde Müller mit einem Original (li.) und einem Plagiat eines Mokik der Firma Sachs.

Foto: Andreas Endermann

Im Museum Plagiarius sieht man doppelt. Zwei Teddybären, zwei Motorräder, zwei Kochtöpfe, zwei Motorsägen und weitere Zwillingspaare stehen in Vitrinen nebeneinander. Doch wer etwas genauer hinsieht, entdeckt zwischen den Produkten kleinste Unterschiede, denn in der Ausstellung geht es um dreiste Fälschungen.

Rund 400 erfolgreiche Originalprodukte werden dort den Nachahmungen gegenübergestellt. Dabei wird zwischen Plagiaten und Fälschungen unterschieden. Während bei Plagiaten "nur" das Design und die Funktion abgekupfert werden, werden bei Fälschungen auch die Firmennamen mit übernommen, so dass der Verbraucher keinen direkten Anhaltspunkt hat, was nun Original oder Duplikat ist. Das kann zu schweren Imageverlusten für den Hersteller führen, denn Fälscher verwenden in der Regel minderwertige Materialien. Der Käufer ist deshalb unzufrieden mit der Marke und kauft von der Firma keine Produkte mehr.

Teilweise werden die Kunden durch die Fälschungen auch hohen Risiken ausgesetzt. Die Kopien von im Museum gezeigten Markenfelgen beispielsweise hielten einer Prüfung durch den Tüv nicht stand und bekamen Risse, Wasserkocher gingen in Feuer auf, und in Kinderspielzeug wurden Schadstoffe gefunden. Manche Produkte sind zwar nicht gefährlich, aber doch ekelerregend. So wurde in falschem Parfum unter anderem Urin nachgewiesen. Voller Risiko ist auch die Verwendung von nachgeahmten Arzneimitteln, die oft gar keine oder die falsche Wirkung haben und von denen ganze Berge in der Dauerausstellung präsentiert werden.

Betrieben wird das 2007 gegründete Museum vom Verein "Aktion Plagiarius", der jährlich die frechsten Plagiate aus aller Welt mit dem Negativpreis "Plagiarius" auszeichnet. Dabei wird die Jury die Qual der Wahl haben, denn es gibt eigentlich kein Produkt, vor dem die Fälscher halt machen. Ob Lebensmittel, Sexspielzeug, Kleidung, Möbel, Kinderspielzeug, Werkzeug und Kosmetika - alle Branchen sind vertreten und werden ebenso wie die Preisträger im kleinen Museum ausgestellt. Dabei zeigt sich, dass besonders erfolgreiche oder originelle Produkte gleich mehrfach nachgemacht werden. Über 160 unterschiedliche Tempotuch-Kopien aus der ganzen Welt in der typischen blau-weißen Verpackung finden sich in der Schau. Durch die Verwendung von 3D-Druckern und dem anonymen Vertrieb über das Internet haben es die unverfrorenen Ideendiebe immer leichter, Waren zu kopieren und zu vertreiben.

Dabei ist die Produktpiraterie kein neues Problem. Bereits Anfang des 20. Jahrhunderts wurden beispielsweise Stradivari-Geigen maschinell nachgebaut und mit einem gefälschten Herkunftsschein versehen. Eine dieser Geigen-Kopien wird nun im Solinger Museum gezeigt - ebenso wie das älteste Kölnisch Wasser "Farina", das im Laufe der Jahrhunderte gegen mehrere hundert Nachahmerwässerchen vorgehen musste.

Das Museum bietet regelmäßig Führungen an, bei denen unter anderem über die Bedeutung von gewerblichen Schutzrechten, über Ausmaß, Schäden und Gefahren von Plagiaten und Fälschungen und den damit verbundenen wirtschaftlichen Schäden informiert wird. Neben der Dauerausstellung werden immer wieder Sonderausstellungen gezeigt. Spektakulär ist immer die öffentliche Vernichtung von Fälschungen, die vom Zoll beschlagnahmt wurden. Dann rollt schon einmal eine schwere Straßenwalze über hunderte Spielzeugautos.

Julia Brabeck

(RP)
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