Düsseldorf Demo wegen Hitze in Flüchtlingsunterkunft

Düsseldorf · Die Bewohner der Traglufthallen in Garath und Mörsenbroich berichten, dass in den aufgeheizten Unterkünften viele Kinder und auch schwangere Frauen leben. Die Stadt hofft, dass der Hersteller bis Ende des Monats eine Kühlung installiert hat.

 Mit Plakaten protestierten Bewohner der Traglufthalle an der Koblenzer Straße in Garath gegen die Situation.

Mit Plakaten protestierten Bewohner der Traglufthalle an der Koblenzer Straße in Garath gegen die Situation.

Foto: Olaf Staschik

Ihr Protest war still, die Aussagen im Anschluss ebenso deutlich. Die Flüchtlinge, die in der Traglufthalle an der Koblenzer Straße in Garath untergebracht sind, haben sich am Dienstagmittag mit Plakaten auf den Bürgersteig vor die Unterkunft gestellt. Auf vielen stand "Malteser" zu lesen, darunter war ein roter Daumen zu sehen, der nach unten zeigt. Auf einem anderen Plakat fragte ein Bewohner: "Wer ist verantwortlich?"

In den Gesprächen berichten die Betroffenen, wie sich ihre Lage verändert hat, als das Wetter in der vergangenen Woche wärmer wurde. Bis zu 36 Grad seien im Zelt gemessen worden, die Sanitäranlagen hätten für Gestank in der Traglufthalle gesorgt, weil der Luftaustausch dort mangelhaft sei. "Es ist zu heiß und nicht gesund, wir wollen alle hier raus. Wir werden vertröstet und müssten abwarten, wird uns gesagt", sagt der Syrer Mahmud Siddik, der seit fünf Monaten in der Traglufthalle lebt. Ahmad Samer Mardin muss mit seinem Nachwuchs meistens bis spätabends rausgehen: "Die Kinder sind dann sehr müde." Er hat fünf Kinder, seine Frau ist schwanger. Auch Aras und Aren Sadam kommen nicht zur Ruhe. Ihr jüngstes Kind Awas ist vier Monate alt, es wurde hier geboren.

Ähnliches ist auch aus Mörsenbroich zu hören. Dort steht die andere Düsseldorfer Traglufthalle, die nun in die Kritik geraten ist und in der schon 41 Grad gemessen worden sein sollen. "Das ist für keinen hier schön und eine anstrengende Situation, unter der wir alle leiden", sagt Jürgen Claessens vom Malteser Hilfsdienst, Leiter der Flüchtlingsunterkunft. An der Sankt-Franziskus-Straße leben derzeit 273 Flüchtlinge, darunter viele Kinder und Jugendliche. Als die Temperaturen stiegen, haben die Betreuer überprüft, ob Schwangere in der Unterkunft leben. Dies sei aktuell nicht der Fall.

Nicht nur in der NRW-Landeshauptstadt könnte die Hitze in den Traglufthallen in diesem Sommer zu einem Problem werden: Kommunen im ganzen Land setzen zur Bewältigung der Flüchtlingskrise auf die Hallen des Berliner Herstellers Paranet, darunter auch Neuss.

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Foto: Dieter Weber

Maxi Schuchardt von den Maltestern hat die Temperaturen in Garath handschriftlich dokumentiert. Sie habe wegen der schwierigen Lage bereits vor einer Woche die Stadt informiert und die Frage gestellt, wie lange diese Situation zumutbar sei. Der Hersteller der Traglufthalle und das Amt für Gebäudemanagement arbeiteten an Lösungen, erklärte die Stadt. Noch im Laufe dieses Monats soll eine Kühlung eingebaut werden, zuvor soll bereits eine Kühlecke entstehen, in der man sich aufhalten könne. Wie eine solche Ecke aussehen könnte, ist allerdings nicht bekannt.

Die Bürger im Umfeld der Traglufthalle teilen die Sorgen der Bewohner. Volker Götz von "Garath tolerant und weltoffen" sagt: "Ich war am Samstag hier, um jugendliche Flüchtlinge für eine Box-Veranstaltung in Garath abzuholen. Es war unerträglich heiß. Das ist eine Fehlkonstruktion. Ich wünsche jedem, hier mal Probe zu wohnen, dann wird man feststellen, dass das menschenunwürdig ist."

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Foto: dpa, rwe jai

Die Stadt geht davon aus, dass die Temperaturen in den Hallen durch die Kühlsysteme "deutlich" reduziert werden und die Unterkünfte wie geplant bis Ende September/Anfang Oktober in Betrieb bleiben können. Bis dahin will die Stadt weiter Modulbauanlagen und Unterkünfte in Bestandsgebäuden in Betrieb nehmen, in denen bessere Unterbringungskonditionen herrschen.

Die beiden Traglufthallen waren im Oktober (Mörsenbroich) und November (Garath) aufgestellt worden. Sie haben einen Grundriss von 72 mal 36 Metern, sind 9,5 Meter hoch und bieten jeweils bis zu 300 Menschen Platz. Toiletten und Duschen sind in der Mitte des Bauwerks untergebracht. Bei der Eröffnung wurden die Hallen als "winterfeste Quartiere" angepriesen.

Lesen Sie dazu auch den Kommentar "Schnelles Handeln ist gefragt"

(RP)
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