Eishockey in Düsseldorf DEG braucht 1,8 Millionen Euro

Düsseldorf · Der Düsseldorfer Eishockey-Klub startet am Freitag in die neue Spielzeit. Geschäftsführer Elmar Schmellenkamp (67) erklärt, wie die Probleme der Vorsaison verhindert werden sollen: mit neuem Sponsorenkonzept, neuem Fernsehsender und einer besonderen Mannschaft.

 Elmar Schmellenkamp in seinem Büro an der Brehmstraße: Er will die DEG wieder besser in der Region verwurzeln.

Elmar Schmellenkamp in seinem Büro an der Brehmstraße: Er will die DEG wieder besser in der Region verwurzeln.

Foto: Endermann, Andreas

Sie sind im Winter zur DEG zurückgekehrt, als ernsthaft zu befürchten stand, dass der Klub aus finanziellen Gründen in die Oberliga absteigen muss. Wie sehen Sie Ihre Entscheidung heute?
Elmar Schmellenkamp Wir haben den Erfolg erreicht, für den wir angetreten sind. Wir haben im April den Lizenz-Antrag für die erste Liga gestellt, und er wurde genehmigt. Das Team, das im Winter mit hängenden Köpfen dastand, hatte allen Grund, sich zu freuen.

Wie sieht es für die DEG nach der Euphorie des Jahresanfangs nun aus?
Schmellenkamp Viele Einmalhilfen -700 000 Euro eines privaten Geldgebers, 450 000 Sondersponsoring der Stadt, der Verkauf der Toten-Hosen-Trikots, die Retter- und Bekennerpakete - sind nun nicht mehr da. Wir müssen rund 1,8 Millionen Euro ersetzen und das bestehende Sponsoring erhalten. Für den zweiten Teil habe ich ein sehr gutes Gefühl.

Und für den ersten Teil?
Schmellenkamp Wir haben dafür drei Zielgruppen definiert: Fans und Zuschauer, kleinere und mittlere Unternehmen aus der Region sowie Unternehmen, die im nationalen Markt tätig sind. Am Ende haben wir hoffentlich ein bis drei große, vier bis sechs mittlere und vielleicht zehn kleinere Unternehmen, die uns unterstützen.

Wie wollen Sie mehr Fans und Zuschauer gewinnen?
Schmellenkamp Wir wollen zunächst mehr Zuschauer gewinnen, ohne dabei auch schon mehr Geld zu verdienen. Wir könnten uns zum Beispiel vorstellen, den Oberrang für einen Spieltag-Sponsor zu öffnen, der da mit seiner gesamten Belegschaft hinkommt. Wichtig ist erst einmal, dass wir mehr Zuschauer haben, damit die Atmosphäre und die Show besser werden. Dieser Ansatz hat in Berlin gut funktioniert und mittelfristig auch den Ticketverkauf vorangebracht. Eine andere Möglichkeit ist Mobile Ticketing.

Was meint das?
Schmellenkamp
Wir sind schon in der Vergangenheit im Rahmen einer Werbeaktion mit einem Ticketverkaufsstand in die großen Unternehmen unserer Umgebung gegangen. Wenn man da zwei, drei Mal war, ist man dort zu hause. Die Mitarbeiter von Henkel zum Beispiel freuen sich schon, wenn wir wieder dort hinkommen und sorgen für einen guten Ticketverkauf. Diese Vorgehensweise wollen wir in dieser Saison vervielfachen. Wir können so unsere Beziehung zur Basis verbessern und uns regional besser verwurzeln - das gilt auch für die Sponsoren.

Inwiefern?
Schmellenkamp Wir haben, als wir noch einen Namenssponsor (die Metro - Anm. d. Red.) hatten, die kleinen und mittleren Unternehmen aus der Region vernachlässigt. Unser Namenssponsor hat uns große wirtschaftliche Vorteile gebracht, aber wir haben auch erlebt, dass er andere Sponsoren ein Stück an die Seite drückt.

Wie schätzen Sie den Sponsoring-Markt ein?
Schmellenkamp Wir müssen Sponsoren gewinnen in einem Markt, der sich nicht selbstverständlich auf uns zu bewegt. Das geht nicht nur über Beziehungen, da werden wir auch Kalt-Akquise betreiben müssen.

Mit welchen Argumenten?
Schmellenkamp Wir haben uns im Sommer mit der Marke DEG beschäftigt und eine Neuausrichtung vorgenommen.

Wie sieht die neue Marke aus?
Schmellenkamp Wir stehen auf der Basis unserer alten DEG und arbeiten traditionsbewusst und zugleich weltoffen. Wir sind nah an den Menschen und zugleich professionell. Und wir sind hart, aber herzlich. Wir treten mit großer Leidenschaft auf, aber immer als Team.

Würde es zu dieser neuen Marke nicht passen, wieder an der Brehmstraße zu spielen? Schmellenkamp Nein. Gewiss: in unserem alten Eishockeytempel haben wir eine glorreiche Vergangenheit erlebt mit acht Meisterschaften, vor allem aber mit "dem besten Publikum der Welt", das aus den Spielen unvergleichliche Events gemacht hat. Aber diese Alleinstellungen sind schon in den 90er Jahren schleifend verloren gegangen. In anderen Stadien wurde ebenfalls immer besser gefeiert, unser Publikum dünnte aus, ein Lohnsteuerskandal kratzte am Image, die zweite Eisbahn wurde zum Parkplatz, die Nachwuchsarbeit ging in den Keller, schließlich ging die DEG in Konkurs, stieg ab und ließ ihren Verein mit rund 20 Millionen D-Mark Schulden zurück. Damals hat die alte Marke DEG Schiffbruch erlitten.

Dann kam die Metro.
Schmellenkamp Wir verdanken es der Metro, dass der Verein gerettet und die Profi-GmbH von ihren Schulden befreit und wirtschaftlich wieder im Spitzenfeld der Liga etabliert wurde und dass die Nachwuchsarbeit und der Profisport wieder nationale Bedeutung erlangt haben. Aber die Erwartungen, dass damit wieder die "alte" DEG aufersteht, sind angesichts der in 15 bis 20 Jahren deutlich veränderten Verhältnisse nicht zu erfüllen. Es ist aus den Gegebenheiten heraus eine zeitgemäße "neue" DEG entstanden, wirtschaftlich sauber, mit einem exzellenten Ausbildungszentrum an der Brehmstraße auf nun wieder zwei Eisbahnen und in einer neuen Multifunktionsarena für den Spitzensport.

Warum nehmen die Fans diese Multifunktionsarena dann nicht so an wie die Brehmstraße? Schmellenkamp Diese DEG ist von der in den letzten 75 Jahren veralteten Brehmstraße weggegangen, weil die Zuschauer ausblieben, nicht andersherum. Unser heutiges Publikum im ISS Dome ist das zufriedenste der Liga. Das hat eine Umfrage der Sportbild im letzten Jahr ergeben. Die Zukunft unserer DEG liegt im Rahmen unseres derzeitigen "Neubeginns" im ISS Dome.

Aktuell liegen Sie beim Dauerkarten-Verkauf hinter den Werten des Vorjahres - trotz neuer Marke.
Schmellenkamp Wir lagen im Laufe des Sommers leicht vor den Zahlen von 2011, nun liegen wir leicht dahinter. Das könnte sich bis zum Saisonstart noch ausgleichen. Die Argumente für eine Dauerkarte liegen jedenfalls auf der Hand: Wir haben ein junge, wilde Mannschaft, einen Teamspirit, wie ich ihn hier noch nie erlebt habe. Wir erwarten hier keine Meisterschaft, wir erwarten Eishockey mit Herz.

Inwieweit schadet der aktuelle Erfolg der Fortuna in der Fußball-Bundesliga der DEG? Schmellenkamp Ich freu' mich sehr, dass die Fortuna, die wie wir im Keller war, es zurückgeschafft hat. Ich weiß, welche Leistung dahintersteckt, und das hat meine volle Achtung. Nicht Fortuna schadet uns, es ist vielmehr ganz allgemein so, dass der Fußball so viel Aufmerksamkeit genießt, dass es alle anderen schwer haben. Das gilt für Eishockey genauso wie für alle anderen Bereich - bis hin zum Kulturbetrieb.

Eishockey wird künftig von dem Privatsender "Servus TV" übertragen. Klingt, als verschwände Ihre Sportart noch mehr in einer Nische.
Schmellenkamp Ich bin froh, dass wir aus der Sackgasse des Pay-TV herauskommen. "Servus TV" wird von Red Bull finanziert, und da ist ein sehr gutes Team unterwegs, das Eishockey-Bilder in die ganze Welt bringt. Ich bin optimistisch, dass wir unsere Reichweite erhöhen und dadurch für Sponsoren attraktiver werden.

Gibt es neue Pläne für eine Zusammenarbeit mit den Toten Hosen, die Ihnen im vergangenen Jahr mit einem besonderen Trikot viel Aufmerksamkeit und Einnahmen beschert haben?
Schmellenkamp Derzeit nicht. Wir sind den Toten Hosen sehr sehr dankbar, für alles, was sie getan haben. Der jetzige Teamspirit und die neue Markenausrichtung, all das ist aus ihrer Unterstützung heraus entstanden. Aber das kann man nicht wiederholen. Wir können nicht jedes Jahr gerettet werden. Wir müssen es jetzt alleine schaffen.

Christian Herrendorf führte das Gespräch.

(jco)
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