Corona-Pandemie Das sagen Betroffene aus Düsseldorf zum Lockdown
Paul Meister hat nach dem Aus für Roberts Bistro erst am 10. Oktober an der Wupperstraße den Neustart mit der Hafen-Meisterei gewagt und viel positive Resonanz erfahren. Dass er nun schließen muss, „ist unverhältnismäßig und richtig sch…“. Für die Mitarbeiter sei dies der moralische Nackenschlag. Er habe gerade erst für 5000 Euro ein Luftreinigungsgerät und für 1500 Euro Heizstrahler für die Terrasse gekauft. Die Politik sei miserabel auf den Winter vorbereitet, die Wirte müssten dies nun ausbaden. Das Kühlhaus sei voll fürs Gänseessen. „Jetzt hole ich Verpackungsmaterial und starte ein Gänse-Taxi. Es muss ja irgendwie weitergehen.“
Für die ohnehin seit Monaten gebeutelten Gastronomen ist der Beschluss ein Desaster. Kerstin Rapp-Schwan, die fünf Restaurants in Düsseldorf und Neuss betreibt, prangert eine „Ping-Pong-Politik“ an, die die Fakten missachte. „Es gibt keine Strategie, dieses Auf-zu-auf-zu ist unsäglich.“ Schwarze Schafe in der Branche solle man hart bestrafen, aber die meisten Gastronomen hätten viel investiert und hielten die Regeln ein. Das Geschäft sei ohnehin seit zehn Tagen abgewürgt, da die Kanzlerin die Menschen aufgefordert habe, zu Hause zu bleiben. Der erneute Rückgang liege je nach Restaurant zwischen 50 und 70 Prozent. Nun müssten alle 90 Mitarbeiter in Kurzarbeit. Es waren mal 140.
Tonhallen-Intendant Michael Becker ist tief enttäuscht, die Entscheider verlieren für ihn die Weisheit, die sie bislang auszeichnete. In Konzerthäusern oder Theatern habe sich seines Wissens noch niemand mit Corona infiziert. Dagegen stünden exzellente Hygienekonzepte inklusive Belüftung, Abstandskontrolle, gesonderten Einlässe und ein sehr aufmerksames Publikum. „Dass wir nun ex negativo zur meidenswerten Gefahr erklärt werden und nicht zum dringend schützenswerten Teil der deutschen Wirtschaft, macht uns traurig.“ Die Kulturwirtschaft sei über Monate ausgetrocknet worden. „Natürlich werden wir auch weiterhin Musik machen. Wir reißen auch das Haus nicht ab. Aber es fühlt sich so an.“
Der Geschäftsführer der Düsseldorfer Programmkinos, Nico Elze, hadert mit der Entscheidung zum erneuten Lockdown. Die Zuschauerzahlen der vier Kinos der Gruppe sind gerade wieder nach oben gegangen, einen Infektionsfall gab es nicht – auch für die Kinos gilt ein Hygienekonzept. Darüber hinaus fragt Elze sich, was die Düsseldorfer im November machen sollen, wenn es draußen zu nass ist. Wirtschaftlich ist Corona ein schwerer Schlag. „Wir beenden das Jahr auf jeden Fall mit Verlust und müssen auf weitere Staatshilfen hoffen“, sagt Elze. Um den ersten Lockdown im Frühjahr zu überstehen, hatten die Gelder aus den Hilfsfonds nicht ausgereicht. Mitarbeiter waren in Kurzarbeit gegangen oder verzichteten auf Gehalt, außerdem mussten die Kinos das Geld aufbrauchen, das für eine Sanierung des Metropol-Kinos angespart worden war. Elze muss nun wieder schauen, wie er sparen kann. Er hofft, dass der Lockdown nicht noch verlängert wird.
René Heinersdorff vom Theater an der Kö beklagt, „dass diese unnötige Schließung den Steuerzahler ein Vermögen kostet“. Schwer wiegt für ihn, dass das hart gewonnene Vertrauen der Menschen wieder zerstört werde. Er habe in seine drei Theater 50.000 Euro in die Corona-Prävention investiert und frage sich, wofür eigentlich
Giuseppe Saitta, Gastronom und Vorsitzender des Hotel- und Gaststättenverbandes in Düsseldorf: „Das ist eine Katastrophe und nicht gerecht. Wir sind nicht der Übeltäter.“ Nur ein Bruchteil der Infektionen sei auf die Gastronomie zurückzuführen. Zumal der Betrieb wie auch in den Hotels kontrollierbar sei, im Gegensatz zum Privaten. Gerade dort passierten aber die meisten Ansteckungen. Für seine Mitarbeiter gehe es wieder in Kurzarbeit, möglicherweise seien jetzt doch Personalkürzungen nötig. Die angekündigten Finanzhilfen sind laut Saitta „nur ein Strohhalm. Mal sehen, welche Auflagen damit verbunden sind.“
Gregor Berghausen, Hauptgeschäftsführer der IHK Düsseldorf, bewertet den Lockdown als „herben Rückschlag“ für viele Bereiche der Wirtschaft. Positiv sieht er, dass den „besonders betroffenen Unternehmen 75 Prozent ihrer November-Umsätze aus dem Vorjahr unbürokratisch erstattet werden sollen“. Und weiter: „Der November ist ein trüber Monat – und in diesem Jahr wird er für uns alle noch ein bisschen trüber. Jetzt aber heißt es: Augen zu und durch, denn die Wirtschaft braucht das Weihnachtsgeschäft so dringend wie nie“,
Erleichtert ist Peter Achten, Hauptgeschäftsführer des Handelsverbandes NRW. Er habe sich am Morgen bei NRW-Wirtschaftsminister Andreas Pinkwart (FDP) dafür stark gemacht, dass im Einzelhandel nur eine Beschränkung von zehn statt 25 Quadratmeter pro Person gelten soll. „Gut, dass es so gekommen ist. Sonst wäre die Gefahr viel größer gewesen, dass es zu längeren Schlagen vor den Geschäften kommt.“ Für die Gastronomie hätte er sich allerdings keinen vollständigen Lockdown gewünscht.